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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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legt den Kopf kurz in den Nacken. Jetzt erst merkt sie, dass es in Strömen regnet.
    ***
    „Scheiße!“, flucht Tom. Er lässt den Kellner los, der furchtsam sein Gesicht verzieht. Er erhebt sich und gibt ein zerstreutes „Entschuldigung“ von sich. Die Leute um sie herum, starren ihn an. Tom ignoriert sie, obwohl er sich am liebsten irgendwo verstecken würde. Er starrt den Stuhl an, auf dem Evelyn kurz vorher noch gesessen hat. Sie hat ihre Samtjacke vergessen. Er mustert sie einen Moment, dann packt er sie, bahnt sich mit den Ellenbogen einen Weg durch die übrigen Geburtstagsgäste und ist in der nächsten Sekunde verschwunden.
    Draußen vor dem Hotel hält er nach Evelyn Ausschau. Aber außer ein paar Leuten von der Presse, kann er niemanden sehen. Es schüttet in Strömen. Er muss Evelyn suchen. Ob er nun will oder nicht. Er schließt aus, dass sie ein Taxi genommen hat. Also ignoriert er den Regen und beginnt, loszujoggen. Zehn Minuten später hat er sie gefunden. Sie geht etwa zehn Meter vor ihm auf dem Bürgersteig entlang. Barfuß. Die Schuhe hat sie in der einen Hand. In der anderen befindet sich ihr Abendtäschchen.
    Der Regen hat ihr Kleid völlig durchnässt, sodass es wie eine zweite Haut an ihrem Körper klebt. Ihre Haare sind auch patschnass und hängen ihr in langen Strähnen über die Schultern und ins Gesicht.
    „Evelyn!“, brüllt er gegen den Regen an.
    Sie hört ihn nicht. Oder zumindest tut sie so. Sie marschiert zielstrebig den Gehweg entlang, ohne sich auch nur ein einziges mal umzudrehen.
    Tom beschleunigt seinen Schritt. Das Wasser rinnt in seinen Hemdkragen. Sie ist schnell.
    „Evelyn!“, ruft er noch einmal. Sie reagiert nicht. Stattdessen beschleunigt sie ihren Schritt noch mehr, tritt an die Fahrbahn heran, sieht sich schnell um und überquert die Straße. Auf der anderen Seite wandert sie flotten Schrittes stur geradeaus den Bürgersteig entlang.
    Tom folgt ihr. Ihm ist warm geworden, obwohl ihn eigentlich fröstelt. Er hat Wasser in den Schuhen. Schließlich ist er auf ihrer Höhe. „Jetzt warte doch mal!“, meint er und fasst sie am Arm.
    „Ach, lass mich doch in Ruhe!“, faucht sie ihn an und reißt sich los.
    Tom bleibt stehen. „Evelyn“, sagt er so entschuldigend, wie es nur irgendwie geht. „Das war doch keine Absicht.“
    Mit einem Ruck bleibt auch Evelyn stehen, dreht sich um und sieht in mit vor unterdrückter Wut funkelnden Augen an. Das Wasser rinnt ihr vom Kopf über die nackten Schultern, Arme und den restlichen Körper bis zu den Füßen hinab.
    „
Natürlich
war das keine Absicht“, sagt sie. „Es ist
nie
Absicht.“ Dann dreht sie sich wieder um und setzt ihren Weg fort.
    Tom lässt seinen Kopf hängen. Dann rafft er sich wieder auf, um ihr erneut nachzurennen, damit der Abstand zwischen ihnen nicht zu groß wird. Obwohl sie keine Schuhe anhat und sich kleine Steinchen in ihre Fußsohlen pieksen, hat sie nämlich immer noch ein ziemlich flottes Tempo drauf.
    „Mehr als mich bei dir entschuldigen kann ich nicht“, ruft er ihr hinterher.
    Evelyn bleibt so abrupt stehen, dass er fast mit ihr zusammengestoßen wäre. Langsam dreht sie sich zu Tom um, der mittlerweile schon genauso nass ist wie sie. Seine Haare kleben am Kopf, ebenso wie seine Kleidung am restlichen Körper.
    Sie sieht ihn an und in ihren Augen liegt ein Ausdruck, den Tom nicht ganz zu deuten weiß. Mit enttäuscht klingender Stimme sagt sie dann leise: „Du hast dich bei mir aber noch nicht entschuldigt.“
    Tom sieht auf, blickt in ihr hübsches, trauriges Gesicht, betrachtet das nasse Haar, den schlanken Hals, die schmale Hüfte und die nackten Füße mit den Schlammspritzern.
    Sie zittert vor Kälte.
    Er macht ein paar Schritte auf sie zu, bis er dicht vor ihr steht. Sie weicht nicht zurück.
    „Dann werde ich es eben
jetzt
tun“, sagt er mit rauer Stimme. Dann räuspert er sich, holt tief Luft und sagt: „Evelyn,
es tut mir leid
.“
    „Was tut dir leid?“, bohrt sie argwöhnisch nach.
    „Alles.“
    „Was
‚alles’
?“
    Tom seufzt. „Ich weiß nicht. Einfach alles. Das mit deinem tollen Kleid, dass ich so ein Trottel bin und dass ich den Kellner fast umgebracht hätte.“
    „Ist das alles?“
    „Soll ich vielleicht noch auf Knien vor dir rumrutschen und dich um Vergebung für all meine Sünden anflehen?“ Er stopft ihr die nasse Samtjacke in die Hand.
    „Nein, schon gut“, lenkt sie ein. „Vergiss es.“
    „Wir brauchen ein Taxi“, sagt Tom und sieht sich um.

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