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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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schlimm aus, sondern auch der ganze Rest. Sie schiebt ihre Hose und den Pullover ein Stückchen nach oben. Die Abschürfungen am Knie und an den Ellenbogen prangen wie Leuchtreklamen aus Las Vegas an ihrem Körper.
    Die schwarze Trainingshose, die sie ursprünglich nach einer Modenschau mitgehen hat lassen (ebenso wie ihre tollen, jetzt verkratzten Schuhe), sieht aus, als hätte sie diese von einem Müllcontainer. Der rote Nagellackfleck in Kniehöhe kommt auf dem schwarzen Stoff wunderbar zur Geltung und auch die Stelle, mit der sie irgendwo hängen geblieben ist, hat sich in ein gewaltiges Loch verwandelt.
    Plötzlich hat sie es sehr eilig. Sie reißt sich ihre Kleidung vom Körper, wirft sie in das Waschbecken, knallt ein Stück Seife hinterher und dreht den Wasserhahn auf. Dann lässt sie heißes Wasser in die Wanne und gießt großzügig Duschgel hinterher, das neben den anderen zahlreichen kleinen Probefläschchen in einem Korb auf der Ablage steht. Dann schlüpft sie auch aus ihrer Unterwäsche und steigt vorsichtig in die gut gefüllte Badewanne. Das Wasser schwappt über den Wannenrand und ergießt sich in gigantischen Sturzbächen auf den gefliesten Badboden. Evelyn ignoriert die Pfützen und taucht im brühheißen Wasser unter. Die kann sie hinterher auch noch aufwischen.
    ***
    Als sie das Badezimmer wieder verlässt, hängen über dem Badewannenrand nicht nur Toms tropfnasses Jackett und seine abgewetzte Jeans, sondern auch Evelyns Klamotten.
    Sie lässt sich mit dem Telefon wieder auf ihr Bett fallen. Sie probiert es noch einmal bei Victoria. Sie ist ihre Rettung. Normalerweise. Nur dann nicht, wenn die Kinder noch auf sind.
    „Das ist jetzt wirklich ganz schlecht“, meint Victoria, als sie nach dem zehnten Klingeln abhebt. „Sammy soll sein Abendbrot essen und der Kleine kriegt gerade sein Fläschchen. Und Ben arbeitet noch.“
    „Wir wurden heute überfallen“, wirft Evelyn müde ein.
    „WAS?
ÜBERFAHREN
??“
    „Nein,
überfallen
. Ü-B-E-R-F-A-L-L-E-N“, buchstabiert sie.
    „Ja, ich weiß schon. Ich bin doch nicht blöd“, sagt Victoria gereizt. Dann fordert ihr Sohn ihre ganze Aufmerksamkeit. „Iss jetzt. Oder soll ich Daddy sagen, dass du … LEG SOFORT DEN LÖFFEL WEG!“
    Evelyn kann ein deutliches Aufklatschen vernehmen, gefolgt von einem scharfen Luftholen auf Vickys Seite und einem unterdrückten Quieken von Seiten des Babys auf ihrem Schoß.
    „Du wirst es mir nicht glauben, Evelyn, aber Sammy hat gerade einen Löffel voll Joghurt auf meinen schönen Teppich geklatscht“, sagt Victoria seltsam gefasst. „Ich kann ja froh sein, dass es nicht die frisch gestrichene Wand war.“ Sie lacht leicht hysterisch auf. Dann brüllt sie: „Sag mal Sammy, SPINNST DU?“
    Evelyn fragt sich schon seit längerem, warum eine Mutter mit zwei kleinen Kindern (die schlimmer sind als ein ganzer Stall voller Schweine) einen Designerteppich für achthundert Pfund in der Küche haben muss.
    Dann nimmt Vicky allem Anschein nach ihr Baby von ihrem Schoß, denn es beginnt zu weinen.
    Es knackt im Telefonhörer. Dann sagt eine Kinderstimme fröhlich: „Hallo!“
    Evelyn hebt ihren Kopf wieder. „Hallo?“
    Sammy brabbelt erfreut: „Evy!“
    „Oh, hallo Sammy.“ Evelyn stutzt. „Wo ist denn deine Mum?“
    „Mummy kriecht am Boden rum“, sagt Sammy stolz.
    „So?“
    „Ja!“, bestätigt er. „Sie macht den doofen Joghurt weg.“ Er gluckst vor Freude. „Das sieht lustig aus-“
    „Leg sofort das Telefon weg!“, ruft Victoria im Hintergrund. „Mit deinen klebrigen Fingern verpappst du mir sonst wieder die Tasten!“
    „Ich will telefonieren!“, schreit Sammy zurück. „Ich will keinen Joghurt! Ich will Schoko-lade!“
    Victoria krallt sich das Telefon und ignoriert ihn. „Oh, Gott, der Fleck“, stöhnt sie. „Was glaubst du, wie sich Blaubeerjoghurt neben all den anderen Flecken auf dem cremefarbenen Teppich machen wird?“
    „Ich weiß nicht. Dieses Problem hatte ich noch nie“, meint Evelyn müde. Jeder Horrorfilm ist entspannender, als mit Vicky zu telefonieren.
    „Weißt du, Evy, manchmal denke ich, ich drehe gleich durch. Habe ich dir das schon mal erzählt? Ich … kann sein. Egal. Was ich weiß ist, dass ich dich verdammt noch mal beneide.“
    „Acht tatsächlich?“ Evelyn ist sich da nicht so sicher.
    „Doch, wirklich“, bestätigt Victoria. „Du kannst in der ganzen Welt herumfliegen, während ich zwischen angeschissenen Windeln und Kindergarten hin und her renne und mir

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