Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
Altenheime, Tatorte und Unfallorte, die in den Nachrichten erwähnt wurden.«
» Hattest du keine Angst vor ihnen?«, fragte Sorcha.
Er lächelte. » Nein, ich fand sie aufregend. Sie boten mir Einblick in die Welt jenseits alles Sterblichen. Ich habe mir von diesen Orten Souvenirs mitgenommen, ein Stück von der Mauer oder ein anderes Teil aus der sie umgebenden Materie, und daraus Skulpturen gemacht.«
» Wie das Mosaik unten an der Tür zum Turm?«
» Ja.« Er griff nach dem Anch-Zeichen um seinen Hals und war jetzt ganz in seinem Element. » Jedes Teil enthält nur ein Fragment des gesamten Todesechos, aber wenn man sie kombiniert, dann bilden sie einen recht unterhaltsamen Chor. Doch ich wollte immer mehr. Deshalb habe ich den Turm gebaut. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, worauf es ankommt, um das klangvollste Echo zu erschaffen – den deutlichsten Eindruck.«
Er hielt vier Finger in die Luft und zählte an ihnen ab: » Nummer eins: Es hängt davon ab, wie viel Zeit seit dem Eintritt des Todes vergangen ist. Nummer zwei: wie gewalttätig und traumatisch der Vorgang war. Nummer drei: wie groß die Entfernung des sterbenden Subjekts zur Materie ist. Und Nummer vier: von der Zusammensetzung der Materie. Die Zusammensetzung ist entscheidend. Manche Arten von Holz oder Knochen nehmen das Echo nur schlecht auf, und viele künstlich hergestellte Arten von Plastik und Gummi überhaupt nicht. Naturstein, Kristalle und Minerale eignen sich am besten, doch auch hier funktionieren manche deutlich besser als andere. Einige können die aufgenommenen Eindrücke sogar leiten, wie Kupfer Elektrizität leitet – und ermöglichen es dem Echo, eine weite Strecke vom ursprünglichen Ort des Sterbens zurückzulegen. All dieses Wissen habe ich in den Bau meines Turms einfließen lassen«, erklärte er stolz. » Die äußere Schale besteht aus Steinen hier aus der Gegend. In der Mitte befindet sich dann eine isolierende Schicht aus Gummi, die die Echos im Inneren des Turmes hält. Aber die Innenwand ist das Wichtigste: Sie besteht aus Stein, der mit einem Netz aus Amethyst durchzogen ist.«
Fox betrachtete den violetten Edelstein auf dem Fußboden und an der Wand. » Warum ausgerechnet Amethyst?«
» Aus vielen Gründen. Er ist sehr robust: eine Sieben auf der Mohschen Härteskala. Diamanten, die Härtesten, entsprechen einer Zehn. Außerdem ist Amethyst relativ günstig. In Brasilien gibt es riesige Vorkommen. Doch wichtiger noch: Der violette Edelstein entspricht der Farbe des Todes, er ist ein Symbol für das siebte Chakra und liefert das beste und klarste Echo.« Delaney zeigte auf das Anch-Zeichen um seinen Hals. » Der Amethyst hier drin stammt aus dem Kopfende vom Totenbett meines Vaters. Es war nur mit einer kleinen Handvoll Edelsteinen verziert, doch das Todesecho meines Vaters darin war stärker und klangvoller als in den Wänden des Zimmers. Außerdem ist der Amethyst dank seiner exzellenten Leitfähigkeit hervorragend dazu geeignet, die Echos zu kanalisieren.«
Er tätschelte das schwarze Buch, das Fox in der Hand hielt. » Jede einzelne Seele, die in diesem Buch aufgelistet ist, befindet sich in meiner Sammlung.« Er wandte sich an seinen Sohn. » Wir haben unten angefangen, mit den roten und den anderen animalischen Chakren, nicht wahr, Kaidan? Von dort aus haben wir uns nach oben gearbeitet.« Kaidan antwortete nicht, doch Delaney fuhr ungerührt fort. Es machte ihm offensichtlich Spaß, sein Werk zu erläutern. » Neben den Farben haben wir auch mit Alter und Geschlecht experimentiert, um herauszufinden, welche Subjekte den am deutlichsten sichtbaren Weg ins Unendliche weisen. Unsere Hypothese lautet: Je höher das Chakra, desto besser das Subjekt.«
Er sah zu, wie Fox durch das Buch blätterte, seinen Blick über die Namen gleiten ließ und sich bemühte, das Ausmaß seiner Vision zu begreifen. » Sie wollen also damit sagen, dass jeder in diesem Buch neben einer der Tafeln an der Wand ermordet wurde?«, fragte Fox. » Bloß um ihr individuelles Todesecho einzufangen und Ihrer Sammlung hinzuzufügen?«
» Sie wurden nicht ermordet. Sie haben gerne ihren Beitrag zum Großen Werk geleistet. Viele von ihnen haben mich regelrecht angefleht, ihre unwürdige körperliche Schale für einen kurzen Blick auf das Unendliche zu opfern. Und wenn ich eine der Tafeln berühre, kann ich den Eindruck des Todes jedes Einzelnen noch einmal erleben. Doch bei meinem Großen Werk geht es nicht nur darum, Todesechos zu
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