Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
Frauen und den Wächtern auf sie stürzen. Doch dann erschien Fox neben ihr, und von unten rief jemand: » Nathan? Nathan?«
» Hier oben, Karl«, rief Fox zurück.
» Alles okay? Ist Sorcha bei dir?« Detective Jordaches Stimme war leise, aber deutlich zu verstehen.
» Uns geht’s gut, aber wir könnten ein bisschen Unterstützung gebrauchen.«
Sorcha ließ ihren Vater nicht aus den Augen. » Die Polizei ist schon in deinem geliebten Turm und wird jeden Moment hier oben sein. Ich hab’s dir gesagt: Du und dein Großes Werk, ihr seid erledigt.«
Delaney starrte sie hasserfüllt an. Plötzlich fiel Maria, von den anderen beiden Frauen gestützt, auf die Knie. Die Stufen unter ihr waren nass. » Ihre Fruchtblase ist geplatzt«, sagte Deva.
Delaney warf einen Blick auf Maria, dann auf das Messer in seiner Hand. Er schien einen Entschluss zu fassen. » Kommt. Noch ist Zeit.« Er wandte sich an den letzten noch verbliebenen Wächter: » Wir gehen rauf in die oberste Kammer. Lass niemanden vorbei.«
» Gib’s auf!«, rief Sorcha ihm nach. » Du kannst das Große Werk nicht mehr vollenden.«
» Dazu brauche ich dich nicht«, zischte Delaney. » Das Große Werk ist größer als du. Gar nichts ist vorbei. Es hat noch nicht mal angefangen.« Dann eilte er die Stufen hinauf.
Sorcha ließ ihn gehen und kniete sich neben Kaidan. Er wirkte ganz ruhig, trotz des Bluts, das aus seiner Seite floss und die Stufen hinuntertropfte. Als Sorcha die Wunde berührte, stöhnte er auf. » Ich glaube nicht, dass du die hier so wie früher verbinden kannst«, sagte er.
Fox hockte sich hin und versuchte die Blutung zu stoppen, aber Sorcha konnte sehen, dass die Wunde zu tief war. Als Fox sie ansah, wusste sie, dass Delaney ihrem Halbbruder einen tödlichen Stich versetzt hatte. » Sie haben mir das Leben gerettet, Kaidan«, sagte Fox. » Vor wenigen Augenblicken haben Sie noch versucht, mich zu erwürgen, und dann tun Sie so was. Warum?«
» Ich habe es nicht für Sie getan.« Kaidan lächelte Sorcha an. » Sondern für meine Schwester.«
» Wieso?«, fragte Sorcha. » Wieso hast du deine Meinung geändert?«
Kaidan sah sie an und suchte nach einer Antwort auf ihre Frage. Nachdem er sich von Fox’ Schlag erholt hatte, hatte er zu seiner Überraschung keine Wut gegen den Arzt empfunden, sondern vielmehr ein seltsames Gefühl der Dankbarkeit. Obwohl er sorgfältig und pflichtbewusst alles getan hatte, was sein Vater von ihm verlangte, hatte Fox ihn aufgehalten. Und damit hatte der Arzt ihn vor sich selbst gerettet. Als Kaidan das ferne Schrapp-schrapp-schrapp der Helikopter durch die dicken Turmwände gehört hatte, war es nicht Angst gewesen, die ihn durchströmte, sondern vielmehr eine Welle der Erleichterung – ja fast Euphorie. Die Polizei war da. Er konnte nichts weiter tun, als sich zu ergeben. Die Sache lag nicht mehr in seiner Hand. Es war vorbei.
Er war aufgestanden und hatte sich den Staub von den Kleidern geklopft, und da sah er es zum ersten Mal klar und deutlich. Fox hatte recht gehabt mit den Morden in Portland. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er die Gelegenheit gehabt, sich von der Person zu befreien, zu der sein Vater ihn machen wollte, und er selbst zu sein. Als er dann den Tumult auf der Treppe hörte, wusste er genau, was er zu tun hatte. Und selbst jetzt, nachdem sein Vater ihn verwundet hatte und das Leben aus ihm herausrann, bereute er nur, nicht schon früher gehandelt zu haben.
Er griff nach Sorchas Hand und versuchte, ihre Frage zu beantworten: » Als ich wusste, dass es vorbei war, wollte ich meine Vergangenheit hinter mir lassen und jemand anderer sein. Ein Mal – nur ein einziges Mal – wollte ich der Engel sein und nicht der Dämon.« Er schaute zu Fox. » Sie hatten recht. Wir sind mehr als nur unsere Vergangenheit. Durch die Entscheidungen, die wir treffen, können wir zu dem werden, der wir sein möchten – egal wie flüchtig dieser Moment ist.« Plötzlich wurde sein Körper von einem heftigen Krampf erschüttert, und er hustete Blut. Er schnappte nach Luft und erkannte, dass er nicht mehr atmen konnte. Dann fiel sein Kopf nach hinten, seine Hand glitt aus Sorchas und er starb.
Wütend und traurig schloss Sorcha sanft Kaidans Augen. Dann stand sie auf und stieg weiter die Stufen hinauf. » Bringen wir’s zu Ende.« Fox folgte ihr schweigend, bis sie die violette Tür zur siebten Ebene erreichten und der letzte Wächter ihnen mit gezücktem Messer und vor Angst weit aufgerissenen Augen
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