Der Kunstreiter
neuen Stern am Theaterhimmel entdeckt? Der wird nach ihm benannt werden müssen. Doch hoffentlich einen Planeten, den wir in dem Falle auch einmal auf seiner Wanderung bewundern dürfen.«
»Nein, einen alten Stern,« sagte Fräulein von Zahbern, »einen Stern, der nur eine Zeitlang vom Horizont verschwunden war – einen Stern erster Größe noch dazu. Die Frau des Georg Bertrand.«
»In der Tat?« sagte Melanie ruhig, »aber ich glaube, die Entdeckung wird im öffentlichen Zirkus und mit Hilfe des Programms nicht so außerordentlich schwer gewesen sein.«
»Sie reitet ja nicht mehr, schon seit sie von hier fort ist,« rief Fräulein von Zahbern rasch, »hat sich auch in ihren Verhältnissen, ja selbst in ihrem Namen sehr gebessert und heißt jetzt Frau von Geyfeln.«
»Von Geyfeln?«
»Und selbst das ist noch nicht das Merkwürdigste,« setzte das gnädige Fräulein still vor sich hin lachend hinzu. »Du rätst gewiß nicht, Melanie, auf wessen Gut sie sich befindet.«
»Wie soll ich das raten?« sagte Melanie, die sich alle Gewalt antunmußte, ihre Fassung zu bewahren; sie schöpfte dabei tief Atem, denn es war, als ob eine eiserne Hand ihr die Brust zusammenschnüre, »Land und Leute dort sind mir vollkommen fremd.«
»Wer hätte das dem stillen Grafen zugetraut!« fuhr Fräulein von Zahbern fort, und ihr Blick hing lauernd an den Zügen der Gepeinigten, »Amelie hat aber ganz recht: stille Wasser sind tief, und die Ruhigen haben es oft faustdick hinter den Ohren.«
»Von welchem Grafen sprichst du?« fragte Melanie. Sie wußte, welcher Name folgen würde und mußte, aber sie hatte einen von der Freundin unbewachten Blick aufgefangen; sie fühlte, daß sie beobachtet wurde, welchen Eindruck die Nachricht auf sie mache, sie wußte, daß Franziska im Innern triumphieren würde, wenn sie sich schwach zeigte, und ihre ganze Kraft zusammenraffend, dem zu begegnen, sah sie ruhig in der Redenden Auge.
»Von welchem Grafen?« lächelte Fräulein von Zahbern, ihres Sieges jetzt gewiß, »von welchem könnt' ich reden als von unserem unvergleichlichen Ritter Bayard ohne Furcht und ohne Tadel, dem Grafen Geyerstein!«
»In der Tat?« erwiderte Melanie, aber so ruhig, als ob Fräulein von Zahbern ihr eben erzählt hätte, daß irgendeine Modehandlung *** einen neuen Kleiderschnitt erhalten hätte. »Hat sich Madame Bertrand von ihrem Gatten scheiden lassen? dann dürfen wir bald einer Verlobungsanzeige in den Zeitungen entgegensehen.«
»Aber du bist gar nicht erstaunt darüber?« rief Fräulein von Zahbern, die eine stärkere Wirkung erwartet hatte.
»Und warum erstaunt? Graf Geyerstein ist sein eigener Herr und hat niemand von uns Rechenschaft über seine Handlungen abzulegen. Wenn er mit seiner Familie wegen einer solchen Mesalliance übereinkommt, wen sonst dürfte und würde es kümmern?«
»Von einer Heirat ist vorderhand wohl noch keine Rede,« rief die junge Dame, die ihr, wie sie beabsichtigt, das Gift tropfenweise zumaß, »denn der Graf hat den Herrn Bertrand ebenfalls mit dort hingenommen, und er wie seine Schöne sind angeblich die Pächtersleute auf dem Gute. Eigentlich ist es ein wunderliches Verhältnis, in dem sich die beiden Herren da einander gegenüberstehen; aber dort in der Wildnis kann man sich über manches hinwegsetzen, und Monsieur Bertrand wird wohl schon seinen Nutzen dabei finden.«
»Herr von Zühbig hat sich wohl sehr auf seiner Reise amüsiert?« »Außerordentlich, und eine Menge Fährlichkeiten dabei erlebt. Einmalbrach ihm ein Rad, gerade in der Nähe des Baron Geyfeln, wie Monsieur Bertrand ja jetzt, ich weiß nicht, von wem geadelt, heißt, und er übernachtete dort. Übrigens hat er mich gebeten, keinen Gebrauch davon zu machen; Baron Geyfeln hat ihn selber darum ersucht, hier in *** nichts davon zu erwähnen, daß er ihn gefunden hätte. – Doch Rosalie bleibt lange. Ist sie noch immer bei der Mama drüben?«
»Wahrscheinlich – sie wird später herüberkommen, um sich ankleiden zu lassen.«
»Dann werde ich doch lieber einmal zur Mama hinüberspringen und auch gleich der lieben Exzellenz meinen Glückwunsch zu dem heutigen Tage bringen. Sie ist doch wohl?«
»Ganz wohl.«
»Und was stickst du da Schönes? – das ist ja ganz prachtvoll, ein reizendes Muster. Was wird denn das?«
»Eine Zigarrentasche.«
»Also nicht für den Papa, denn der raucht nicht.«
»Nein.«
»Aha – ein Geheimnis – nun auf Wiedersehen, mein süßes Herz – auf Wiedersehen, ich habe
Weitere Kostenlose Bücher