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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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nicht. Hast du etwas gegen ihn einzuwenden?«
    »Nein!«
    »Also darf er hoffen, daß du ihm deine Hand reichst, dich wenigstens mit ihm verlobst, sobald er zurückkehrt, denn die Vorbereitungen zu deiner Vermählung sind nicht so im Nu beendet, wie die jungen Leute gar nicht selten glauben. Also: Ja oder Nein?«
    »Ja!« hauchte Melanie.
    »Ich danke dir, mein liebes Kind,« sagte die Mutter mit einiger Rührung, denn sie freute sich, daß ein Lieblingsplan von ihr zur Wahrheit geworden war, und fühlte doch auch dabei, daß Melanie noch irgend etwas auf dem Herzen hatte, das nicht so ganz mit diesem Ja übereinstimmte, ihr also dadurch vielleicht ein Opfer brachte. Sie hütete sich aber wohl, danach zu fragen, denn sie fürchtete und haßte jede Aufregung. Die Hauptsache war überdies erledigt, und alles andere konnte nicht weiter in Betracht kommen.
    »Meinst du da nicht vielleicht,« setzte sie nach einer kleinen Pause hinzu, »daß wir dem armen Grafen ein paar Zeilen schreiben sollen, um ihn aus seiner Ungewißheit zu reißen?«
    »Nein, ja nicht!« bat Melanie rasch.
    »Ich meine nicht eine bestimmte Zusage; nur ein paar freundliche Worte, die ihm Hoffnung machen und seine Rückkehr zu uns vielleicht beschleunigen – wenn er sich überdies nicht schon genug beeilt, um seine Geschäfte zu beenden.«
    »Nein, Mama – bitte, nein! Ich kann ihm nicht schreiben, ehe er selber bei mir um meine Hand geworben hat, und – ich möchte auch weiter keine Vermittlung in einer so wichtigen Sache haben. Er hat sich selber diese Frist gestellt, wir dürfen sie auf keinen Fall kürzen.«
    »Du hast recht,« sagte die Exzellenz, »das sähe am Ende gar aus, als ob wir es nicht erwarten könnten. Übrigens scheint er fast einen Brief zu erhoffen, denn er hat mir seine Adresse in Petersburg dagelassen.«
    »Kehrt er zurück,« sagte Melanie, »so ist es früh genug, und ich selber brauche die Zeit, mich zu sammeln und – darauf vorzubereiten. Es ist ein wichtiger Schritt, den ich zu tun gedenke – ein Schritt, von dem es keinen Rückweg gibt. Laß mir, liebe Mutter, die mir dazu gegönnte Zeit ungeschmälert, damit ich mich nicht vorher schon als gebunden zu betrachten brauche – versprich mir das.«
    »Von Herzen gern, liebes Kind; guter Gott, die kurze Zelt wird überdies so rasch verlaufen, daß man am Ende gar nicht weiß, wo sie geblieben ist, und ich habe noch so erstaunlich viel zu tun! Jetzt mach' mir aber auch kein so trauriges Gesicht mehr; das ist kein Gesicht, wie es sich für ein glückliches Bräutchen schickt. Apropos, ich habe der Rosalie zu ihrem Geburtstage heute Gesellschaft gebeten – ihre gewöhnlichen Spielkameraden und Freundinnen aus der Tanzstunde. Komm später ein wenig zu uns hinüber, das wird dich zerstreuen.«
    »Weiß Papa darum?« fragte Melanie, ihre Augen zu der Mutter hebend.
    »Um die Kindergesellschaft? – Ja so, du meinst Selikoffs Antrag? – Nein, er war nicht zu Hause. Es wird ihm nicht so ganz recht sein; ich weiß, er hat sich zu deinem Gatten einen andern ausgedacht, aber er schätzt den jungen Russen doch auch sehr; er weiß, wie gern ihn der Fürst hat, und ist außerdem ein viel zu guter Vater, als daß er deinem Willen Zwang antun sollte. Also beruhige dich darüber nur vollkommen; ein Einspruch von seiner Seite ist nicht zu befürchten. – Aber ich sitze hier und schwatze und schwatze, und drüben warten eine Menge Geschäfte auf mich. Also adieu, meine liebe Melanie, adieu. Sei wieder freundlich – nicht so ernst, mein liebes – glückliches Bräutchen!« Und die Tochter umarmend und küssend, nickte sie ihr noch einmal zu und verließ dann rasch das Zimmer.

22.
    Herr von Zühbig hatte an diesem Morgen außerordentlich lange geschlafen, um sich von den gehabten Strapazen gehörig auszuruhen, war dann in sein Bureau gegangen, um die nötigen und laufenden Geschäfte zu ordnen, und schlenderte danach langsam einem Frühstückskeller zu, eine Erfrischung einzunehmen.
    Es war das ein Platz, der ausschließlich von der Hautevolee besucht wurde – Herr von Zühbig wäre auch sonst nicht hingegangen. Besonders fanden sich die Kavallerieoffiziere gern hier des Morgens zusammen, und der Intendant hatte viele Freunde unter dem Militär, dem einst selber angehört zu haben sein Stolz war.
    Das höchst elegant eingerichtete Lokal wurde selbst den Tag über von Gasflammen erhellt, da Tageslicht nie hineindringen konnte; welche Plüschsofas zogen sich an den Seiten hin, und kleine,

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