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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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so arm!«
    »Er braucht dann sehr viel, mein liebes Herz, denn hier in der Stadt wissen wir genau, daß er sich, in der letzten Zeit besonders, außerordentlich eingeschränkt und nur das Allernötigste ausgegeben hat. Lieber Gott, so etwas kann ja in den Verhältnissen, in denen wir nun einmal leben, kein Geheimnis bleiben und spricht sich aus. – Aber was ist das. Sie wollen schon fort?«
    »Mama erwartet mich,« sagte Fräulein von Zahbern, die aufgestanden war und ihren Schal festigte, »es ist auch schon spät und nach so langer Abwesenheit werden Sie mit Ihrem Herrn Gemahl noch manches zu besprechen haben.«
    »Aber Sie können doch nicht allein gehen?«
    »Wenn mir das gnädige Fräulein erlauben, werde ich Sie begleiten,« sagte Baron Silberglanz, ebenfalls aufstehend. »Fräulein von Zahbern hat recht, es ist Zeit, daß wir gehen.«
    »Aber ich bitte Sie, Baron.«
    »Auf ein andermal, mein lieber Zühbig. Wenn jemand von einer größeren Reise zurückkommt, tut ihm Ruhe wohl. Gnädige Frau, ich habe die Ehre.«
    »Wenn Sie also nicht anders wollen, bon soir , Baron,« sagte Herr von Zühbig, »hoffentlich haben wir bald wieder das Vergnügen, Sie bei uns zu sehen. Mein gnädiges Fräulein, kommen Sie gut nach Hause, Sie haben ja nicht so weit. – Aber noch einmal bitte ich in der bewußten Angelegenheit um Ihre Diskretion. Herr von Geyfeln hat mich selber gebeten, hier in *** nichts von dem Zusammentreffen zu erwähnen, und ich werde auch darüber schweigen wie das Grab. – En famille ist es natürlich eine andere Sache.«
    »Nicht eine Silbe!« rief Baron Silberglanz beteuernd.
    »Gute Nacht, meine liebe Franziska,« sagte Frau von Zühbig, die aufgestanden war und Fräulein von Zahbern zärtlich umarmte und küßte, »gute Nacht, mein liebes Herz. Verwahren Sie sich nur ja recht gut, daß Sie sich nicht erkälten; es ist entsetzlich rauh draußen und Ihre Gesundheit überdies so zart.«
    »Gute Nacht, meine liebe Amelie,« erwiderte die junge Dame, »haben Sie keine Angst um mich; ich bin vortrefflich eingepackt und die paar Schritte lauf' ich schnell hinüber. – Gute Nacht, Herr Intendant. Morgen müssen Sie uns noch mehr von Ihren Reisen erzählen.«
    Frau von Zühbig begleitete die Freundin bis zur Tür, und hier umarmten sich die beiden Damen nochmals auf das Herzlichste; der Baron empfahl sich ebenfalls, und die beiden Gatten blieben allein.
    »Die arme Zahbern dauert mich,« sagte Frau von Zühbig, indem sie zu ihrem Platze auf dem Sofa zurückkehrte, »sie hatte sich so feste Rechnung auf den jungen Russen gemacht.«
    »Auf den Selikoff?«
    »Gewiß. Einmal glaubte sie ihn auch schon ganz sicher im Netzzu haben; er war ihr aber zu klug. Hast du nicht gesehen, wie sie ordentlich gelb vor heimlichem Ärger wurde, als ich ihr erzählte, daß die Verbindung fest beschlossen sei?«
    »Das glaub' ich, daß ihr die Partie recht gewesen wäre,« lachte ihr Gatte, »ein solcher Goldfisch!«
    »Irgendeine, bester Freund,« versicherte Frau von Zühbig nachlässig. »Lieber Gott, Franziska ist nun einmal in den Jahren, in denen sie einen Mann bekommen muß – wenn sie sich nicht ihr übriges Leben ohne einen solchen behelfen soll, und ich glaube kaum, daß sie sehr wählerisch darin sein würde. Natürlich ist ihr der beste der liebste. – Aber was war denn das, worüber du dich noch mit Silberglanz besprechen wolltest?«
    »Ich? – mit Silberglanz?«
    »Wegen der Donna.«
    »Ach so,« lachte der Intendant, »weiter nichts als ein Scherz, liebes Kind. Der arme Silberglanz war bis über die Ohren in jene Kunstreiterin verliebt, und rein toll vor Eitelkeit, wie er einmal ist, glaubt er alles, was dem Nahrung gibt. Ich werde mir einen Scherz mit ihm machen und ihm erzählen, daß sich Georgine angelegentlich nach ihm erkundigt und mir unter der Hand zu verstehen gegeben habe, daß ich ihm wissen lassen möchte, wo sie schmachte.«
    »Du irrst dich darin doch vielleicht in dem Baron.«
    »Gott bewahrt, liebes Herz – ich irre mich nie. Aber ich bin müde, mein Schatz, und werde heute früh zu Bett gehen. Bitte, laß mir noch die indessen eingegangenen Briefe und Zeitungen bringen.« Frau von Zühbig läutete, und ihr Gatte saß bald, behaglich im Sofa zurückgelehnt, hinter einem Haufen aufgerissener Papiere.

21.
    Frau von Zühbig kannte ihre Freundin Franziska so genau wie Herr von Zühbig den Baron, und beide verließen an dem Abend das Zühbigsche Haus trotz aller Freundschaftsbezeugungen mit einem

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