Der Kunstreiter
Fehlern, doch zu dem Resultat, daß man wünschte, es möchte ihm kein Unglück geschehen sein. – Im stillen hoffte freilich doch ein jeder, daß er nicht wieder zum Vorschein käme, denn er war in der letzten Zelt dem Dorfe eine Last geworden.
Eine volle Stunde war mit solchen Vorbereitungen vergangen, und noch immer fehlten einige. Der Schulze aber erklärte, daß sie jetzt nicht länger warten könnten, rief die Leute in der Stube zusammen und wollte sie eben einteilen, wie sie nach verschiedenen Richtungen hin ausgehen und ihnen angewiesene Distrikte absuchen sollten, als der Verwalter in die Stube trat.
»Hört einmal, ihr Leute,« redete dieser die Bauern an, »wie mir eben der Gottlieb sagt, vermißt ihr den Müllers-Tobias seit gestern. Ist dem so?«
»Ja, Herr Verwalter,« sagte der Schulze, »wir wollen eben fort und ihn suchen.«
»Dann geht vor allen Dingen einmal am Bache hinauf,« sagte der Verwalter, »ihr wißt, dort, wo das Wasser die scharfe Biegung macht und die beiden Steine stehen, auf denen früher einmal eine hölzerne Bank lag.«
»Ist er dort?« riefen einige durcheinander.
»Das weiß ich nicht,« sagte der Verwalter, »aber als ich gestern abend dort hinaufging, um nach den Kopfweiden zu sehen, fand ich nicht weit vom Ufer einen alten Hut, der recht gut dem Tobias gehörthaben kann. Ich habe allerdings weiter nichts von ihm gesehen und mich gestern abend, an keinen Unfall denkend, auch nicht länger dort aufgehalten, denn das Wetter war mir zu schlecht; aber ich fürchte fast, wenn ihm irgend etwas zugestoßen ist, war's an der Stelle. Ist's euch recht, gehe ich mit, und finden wir dort nichts, so könnt ihr euch ja nachher noch immer einteilen und die Nachbarschaft ordentlich absuchen.«
Gegen den Vorschlag ließ sich nichts einwenden; gab er ihnen doch auch ein bestimmtes Ziel, und die ganze Schar brach lärmend auf, den bezeichneten und nicht sehr entfernten Platz, den sie alle recht gut kannten, sobald als möglich zu erreichen. Als sie vor das Wirtshaus kamen, sahen sie einen fremden Herrn, der allein den Weg zum Gute einschlug.
»Wer ist das, Verwalter?« fragte diesen der Schulze.
»Ich weiß es nicht,« lautete die Antwort. »Jedenfalls ein Fremder, der den Baron zu sprechen wünscht – da kommt er aber zu spät, denn der ist heute morgen verreist.«
»Vielleicht ein Bekannter von der Herrschaft?«
»Möglich.«
»Er ist vor etwa einer Stunde aus dem Lande unten heraufgekommen,« sagte einer der Bauern, »muß auch wohl etwas hier im Orte zu tun haben, denn sein Kutscher sagt, daß er einen Tag hier bleiben wolle.«
»Dann müßte er aber ja unserem Herrn begegnet sein!«
»Vielleicht ein Getreidehändler – die reisen jetzt im ganzen Lande umher, das liebe Gut aufzukaufen, und wenn sie's uns um einen Spottpreis abgeschwatzt haben, machen sie nachher ihre eigenen Preise und treiben's in die Million 'nauf.«
Aber die Leute hatten jetzt andere Dinge im Kopfe, als sich diesen über den Fremden zu zerbrechen. Rechtsab bogen sie von der Straße, dem Wasserkurs aufwärts folgend, und während einige der jüngeren Burschen lange Stangen mit Haken trugen, den Bach damit auszufühlen, liefen andere voraus, um den Hut wiederzufinden und sich damit der genauen Stelle zu versichern, in deren Nachbarschaft sie den armen Teufel vielleicht doch noch auf trockenem Boden antreffen konnten.
Mit dem Hute hatte es indessen einige Schwierigkeit. Der in der letzten Nacht ziemlich dicht gefallene Schnee deckte alles mit seiner weichen, ausgleichenden Masse, und so genau konnte der alte Verwalter die Stelle ebenfalls nicht angeben, denn er erinnerte sich nurungefähr des Platzes. Während aber einige am Ufer auf und ab liefen und jeden Baum untersuchten, klopften andere auf jede kleine Erhöhung im Schnee und stocherten sie auf, bis sie endlich wirklich den alten Hut fanden. Er wurde von dem Müller augenblicklich als Tobias' Eigentum anerkannt, und die Arbeiter begannen jetzt den Bach abwärts von dort mit den Stangen nachzusuchen. Leider bewährte sich hier, was der Müller gleich von Anfang an gefürchtet. Gleich wo sie begannen, und der Stelle genau gegenüber, an welcher der Hut gelegen, trafen die eingeworfenen Stangen auf die Leiche, die von einem Gegenstande unter Wasser festgehalten wurde. Man mußte sie mit einiger Gewalt ans Ufer ziehen, und dabei hob sich ein alter Weidenast mit aus dem Wasser, der sich fest in den Rock des Unglücklichen verwickelt hatte. Die Ursache seines
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