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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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hielten sich die beiden fest und schweigend umschlungen. Endlich richtete sich Georg empor und sagte leise: »Aber wie entgehe ich den übernommenen Verpflichtungen? Wie trenne ich mich von der Gesellschaft, selbst angenommen, daß sich Georgine willig jeder meiner Anordnungen fügen würde?«
    »Auf wie lange Zeit hast du deine Leute noch engagiert?« fragte Wolf.
    »Der Kontrakt der meisten läuft allerdings mit dieser Messe ab. Nur einigen bin ich länger verbunden, aber auch mit denen ließe sich wohl ein Abkommen treffen. – Und meine Pferde?«
    »Verkaufst du hier. Du findest kaum einen besseren Markt dafür. Möglich sogar, daß deine Leute dir einen Teil derselben abkaufen, um ihre Laufbahn fortzusetzen.«
    »Dazu fehlt es ihnen an Geld,« sagte Georg. »Es ist ein wildes, abenteuerliches Leben, das wir führen, und bares Geld hält sich nicht dabei. Pferde und Garderobe sind auch das einzige, was ich besitze, doch steckt darin ein nicht unbedeutendes Kapital, das schon imstande wäre, mich eine Weile über Wasser zu halten. Sauer genug ist es außerdem verdient.«
    »Das Kapital wird dir dann wesentlich den Anfang erleichtern,« sagte Wolf. »Richte dich aber auch ein, daß du jedenfalls imstande bist, gleich nach der Messe, also in acht Tagen etwa, deine Maßregeln zu treffen, dich von deiner bisherigen Gesellschaft loszusagen und den Umzug anzutreten. Und noch eins – deine Frau darf nicht wissen, nicht erfahren, welcher Rang und welcher Titel dir zusteht!«
    »Du fürchtest, daß sie nicht schweigen kann?«
    »Das sage ich nicht; ich glaube, sie kann ganz gut schweigen, wo es ihren Zwecken entspricht, aber – ich fürchte ihren Stolz. Sie würde dich vielleicht quälen, deinen rechten Namen vor der Zeit wieder anzunehmen, und dir wenigstens, wenn nichts weiter, doch unnötigen Kummer, nutzlose Sorge bereiten.«
    »Aber welchen andern Grund kann ich ihr nennen, dem sie auch nur im entferntesten Glauben schenken würde? – Ja, sollte sie sich weigern, mir zu folgen, so gäbe sie mir das Kind auf keinen Fall, und von Josefinen mich zu trennen wäre ich nicht imstande.«
    »Das brauchtest du auch nicht, selbst das Schlimmste angenommen!«rief sein Bruder. »Die Gesetze schützen dich darin, denn das Kind gehört vom sechsten ober siebenten Jahre dem Vater, wenn sich beide Gatten trennen sollten.«
    »Und wenn sie mir dann gezwungen folgt, so wird sie sich unglücklich und elend fühlen.«
    »Die erste Zeit vielleicht, doch dürfte sie sich bald in das neue Leben schicken. Sie wird und muß einsehen lernen, daß des Weibes Beruf nicht der Öffentlichkeit, wenigstens nicht in solcher Welse, angehört. Sie wird dabei ihre Tochter zu einer ehrenvollen, gesicherten Zukunft heranwachsen sehen und in dem Bewußtsein volle Entschädigung für die aufgegebenen, so unweiblichen Triumphe finden. Sie muß sich dann auch glücklich fühlen, oder sie wäre nimmer deiner Liebe – deiner Achtung wert,«
    »Ich will es versuchen, Wolf,« sagte Georg, dem Bruder noch einmal die Hand reichend und fest und herzlich schüttelnd, »hier hast du Handschlag und Wort, und was in eines Menschen Kräften steht, dem einmal über ihn hereingebrochenen Schicksal Trotz zu bieten, soll geschehen. Bist du damit zufrieden?«
    »Ich bin's, Georg, und stärke dich Gott auf deiner neuen Bahn, der dich so sicher schützen wird, wie ich dir treu zur Seite stehen werde. Beginne denn mit gutem, frischem Mut und wirf dieses Leben, das deiner unwert ist, von dir, wie ein altes, abgetragenes Kleid.«
    »Aber diese Woche kann ich mich ihm noch nicht entziehen. Ich muß ihm wie bisher folgen, wenn ich nicht gerade dort, wo ich es am wenigsten möchte, Verdacht erwecken will. Ich hoffe jetzt nur, daß mir der Fürst meine Bitte abschlägt, den Seiltanz zwischen den Türmen zu wagen.«
    »Hoffe das nicht,« sagte der Graf, »ich war gestern zugegen, wie er dir günstigen Bescheid erteilte, und konnte es nicht hindern. Aber eine Ausrede findest du leicht: ein verstauchter Fuß, ein plötzliches Unwohlsein selber kann dich leicht verhindern, von der erhaltenen Erlaubnis Gebrauch zu machen. Laß selbst die Vorbereitungen dazu treffen, wenn du willst, nur wage dein Leben nicht weiter in solch nutzloser, frevelhafter – ja, du darfst mir den Ausdruck nicht übelnehmen – entehrender Kunst.«
    »Ich will versuchen ob es möglich ist,« sagte Georg. »Aber ich sehe auch ein, daß du recht hast: Georgine darf vorderhand noch nichts weiter erfahren; ich

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