Der Kunstreiter
und Sie selber sollten froh sein, Ihren Gatten von einer Gefahr abstehenzu sehen, der er doch einmal über kurz oder lang erliegen könnte.«
»Gefahr!« rief das schöne Weib verächtlich, »wär' ich noch Georgine Bertrand, wenn ich vor einer Gefahr zurückschrecken wollte? und glauben Sie, daß Georg etwas fürchtet auf der Welt? Nein, das ist es nicht; eine andere Ursache liegt seinem jetzigen Benehmen zugrunde, und nur bei Ihnen, Herr Graf, kann ich die Lösung finden.«
»Und wenn Sie sich dennoch darin irren sollten?«
»Sie haben mir von einer Ähnlichkeit gesagt, die Sie zuerst zu uns geführt!« flüsterte da Georgine, und ihre Blicke bohrten sich in die Augen des Grafen, welcher fühlte, wie ihm das verräterische Blut in die Schläfe stieg, aber seine Züge blieben kalt und fest, und er erwiderte ruhig: »Allerdings, Madame, die Ähnlichkeit mit einem Jugendfreunde, nicht allein im Antlitz, nein, auch selber im Namen; es war aber ein Irrtum. Schon als ich Herrn Bertrand ganz in der Nähe sah, fand ich das.«
»Sie täuschen mich nicht, Herr Graf!« rief Georgine, seinen Arm ergreifend. »Georg ist ein anderer, als er sich mir gegeben, und die Wahrheit soll jetzt selbst seinem Weibe Geheimnis bleiben.«
»Wenn Herr Bertrand ein Geheimnis vor Ihnen hat, Madame,« sagte der Rittmeister artig, aber ernst, »so ist es nicht meine Sache, das zu lüften, selbst wenn ich darum wüßte.«
»So geben Sie mir Ihr Wort als Kavalier –«
»Halt, Madame,« unterbrach der Graf sie kalt, »Sie gehen zu weit. Ich habe Herrn Bertrand allerdings an jenem Morgen gesehen, aber seit der Zeit nicht wieder, weiß deshalb auch nicht, was seine Pläne sind. Was wir damals miteinander gesprochen, deutete wohl darauf hin, daß er dieses wilden, wüsten Lebens überdrüssig sei; wenn dem aber wirklich so wäre, würde ich nur mit Freuden die Hand dazu bieten, ihm einen solchen Plan ausführen zu helfen.«
»Sie?« rief Georgine erstaunt, »und welches Interesse könnten Sie, Graf von Geyerstein, an dem Kunstreiter nehmen, wenn nicht ein besonderer Beweggrund Sie dabei leitete? Sie verschweigen mir, was ich als Georgs Weib erfahren müßte, was ich erfahren will, und gönnen Sie mir nicht gutwillig oder gezwungen Ihr Vertrauen, so seien Sie fest versichert, daß ich Ihre Pläne kreuze.«
»Madame Bertrand –«
»Das ist mein offenes Wort,« rief die Frau, »und Krieg oder Friede liegt jetzt in Ihrer Hand.«Der Graf schüttelte ernst mit dem Kopfe. »Sie irren sich, schöne Frau,« sagte er, »und würden selbst in dem Falle, da sie recht hätten, einen schweren, nie wieder gut zu machenden Fehler begehen.«
»Wieso, ich?«
»Daß Sie einen Fremden zum Mittelsmanne Ihres häuslichen Friedens machen wollen.«
»Häuslichen Friedens?« rief aber die kecke Reiterin mit spöttischem Lachen, »denken Sie sich unser Leben nicht so idyllisch, Herr Rittmeister. Nicht für die Häuslichkeit sind wir bestimmt oder darauf angewiesen, und die Gesetze, die bei anderen Frauen vielleicht gelten mögen, halten deshalb auch bei mir nicht Stich. Mein Mann und ich haben uns überdies schon lange darüber verständigt, jedes von uns seine eigene, für sich abgeschlossene Bahn zu gehen. Vereinigen sich diese von selber, desto besser; tun sie es nicht, so ist jedes selbständig genug, die eigene zu verfolgen.«
»Und Ihr Kind?«
»Josefine? die allerdings folgt der meinen, wenn ihr Vater derselben abtrünnig werden sollte,« rief Georgine, und der forschende Blick, mit dem sie bei diesen Worten den Grafen betrachtete, sagte diesem, daß sie den Eindruck beobachten wolle, den sie machten. Graf von Geyerstein verriet aber durch keinen Zug, welchen Anteil er an den, eben Gehörten nahm. Wohl schien es, als ob er etwas darauf erwidern wollte; er überlegte sich aber bald, daß ein Drängen von seiner Seite die Frau nur noch mißtrauischer, ja auch neugieriger machen müßte, und kurz abbrechend sagte er nur: »Es ist das ein unerquickliches Gespräch für uns beide, Madame, und kann zu keinem Resultate führen. Ich selber stehe Ihren Familienangelegenheiten auch zu fern, um eine Einmischung in solche zu beanspruchen, selbst wenn sie von dem einen ober dem andern Teil angenommen werden sollte. Machen Sie das, falls er nicht Ihrer Meinung sein sollte, mit Ihrem Gatten ab. Kann ich Ihnen in irgend sonst etwas dienen, so verfügen Sie frei über mich.«
»Sie sind sehr gnädig, Herr Graf,« lachte die junge Frau, »aber so bald und so leichten
Weitere Kostenlose Bücher