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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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würde.«
    »O, bitte, nennen Sie es!« rief von Zühbig rasch. »Sie glauben gar nicht, wie Sie mich dadurch verpflichten würden.«
    »Es ist sehr einfach,« lächelte Georg, aber er fühlte selber, wie er sich Zwang antun mußte, unbefangen zu scheinen. »Wir sind uns, wie Sie ganz richtig bemerkten, nicht zum erstenmal in diesem Leben begegnet.«
    »Nicht wahr?« rief von Zühbig rasch und entzückt über diese Bestätigung.
    »Es wäre töricht, das verleugnen zu wollen,« fuhr Georg ruhig fort. »Was mich dabei bewogen haben mag, eine Zeitlang die frühere Laufbahn zu verfolgen, kann dem Fremden, der kein weiteres Interesse als das einer flüchtigen Bekanntschaft an mir nimmt, vollkommen gleichgültig sein. Jetzt aber bin ich in das gesellschaftliche Leben, mit dem früheren abschließend, zurückgetreten, und wie ich hier still und abgeschieden von der Welt, fast mit niemandem verkehrend, lebe, möchte ich die frühere Existenz auch als abgeschlossen betrachten. Sie werden mich also außerordentlich verbinden, Herr Baron, wenn Sie, der Zeit gedenkend, die Sie mit uns verlebt, sich nur erinnern wollten, daß ich von Geyfeln heiße. Ich brauche Ihnen kaum zu sagen, daß weder ich noch meine Gattin stolz auf unsere früheren Triumphe find. Einen Monsieur Bertrand, den ich früher kannte, habe ich vollständig vergessen – wollen Sie das nämliche versuchen?«
    »Mit dem größten, innigsten Vergnügen, bester Freund!« rief Herr von Zühbig rasch und herzlich. »Ich selber muß nur noch tausendmal um Pardon bitten, daß Ich vielleicht durch irgendeine indiskrete Frage ...«»Die Sache ist abgemacht,« lächelte Georg, die dargebotene Hand ergreifend, »unter Männern ist nichts weiter nötig, und ich kann Ihnen jetzt mit gutem Gewissen sagen, daß ich mich von Herzen freue, imstande gewesen zu sein, Ihnen den kleinen unbedeutenden Dienst zu leisten. – Aber hier sind wir bei Ihrem Wagen; etwas plump ist das Rad gemacht, doch müssen Sie mit unseren Dorfarbeitern schon fürliebnehmen. Jedenfalls hält es, und Sie können Ihre Reise ungehindert fortsetzen.«
    »Also nochmals meinen wärmsten Dank, und wenn ich Ihnen in *** vielleicht irgend etwas ....«
    »Ich danke freundlichst,« wehrte Georg ab. »Sie kennen unsern Vertrag und nun glückliche Reise!«
    »Bitte empfehlen Sie mich noch Ihrer Frau Gemahlin auf das untertänigste, und wenn Sie je wieder nach *** kommen sollten ....«
    »Es wird nicht geschehen; wäre es aber, so würde ich mir erlauben, Sie aufzusuchen.«
    »Sie würden mich außerordentlich glücklich machen – alles in Ordnung, Jean?«
    »Alles, gnädiger Herr!«
    »Schön – zufahren – also adieu, lieber Baron, adieu!«
    Georg neigte sich leicht, als der Wagen, von einem Teil der Dorfjugend umstanden, vorüberrasselte, und Herr von Zühbig unterließ nicht, noch mehrmals freundlichst aus dem Wagen nach dem Zurückbleibenden hinauszuwinken. Georg blieb auf der Straße stehen und sah ihm nach, bis das leichte Fuhrwerk um die nächste Ecke verschwunden war. Dann schritt er langsam, seinen eigenen Gedanken nachhängend, auf das Gut zurück.

17.
    Der letzte Abend war nicht allein oben im Gute, sondern auch in Schildheim ein sehr ereignisreicher gewesen, denn die Verheiratung von des Sternenwirts einziger Tochter, der hübschen Kathrine, bildete schon an und für sich eine Ära in dem sonstigen Stilleben des kleinen, abgeschiedenen Ortes. Der Sternenwirt hatte sich aber auch noch außerdem an dem Abend sehr splendid gezeigt, und der Tanz, neben anderen teils vorbereiteten, teils zufälligen Genüssen, bis nahe zum Morgengrauen gedauert; mit ihm natürlich das Zechen und Jubilieren.
    Der alte Mühler wäre mit Karl gern ebenfalls an dem gestrigenAbende ins Dorf hinuntergegangen, nur der Vorfall des Morgens hielt ihn ab, denn er wußte recht gut, daß Georg nicht damit einverstanden war, und wollte ihn nicht noch böser machen. Auch Karl durfte nicht fort, und wenn etwas, so erbitterte das den jungen, bis dahin keines Zwanges gewohnten Burschen nur noch mehr. So saß er um elf Uhr mittags etwa – Georg war schon lange wieder auf das Gut zurückgekehrt und arbeitete auf seiner Stube – dem alten Onkel gegenüber, an dem auf den Hof hinausführenden Fenster, kaute an den Nägeln und baute und verwarf Plan nach Plan, um sich diesem, ihm unerträglich werdenden Leben zu entziehen. Da ertönte plötzlich unten auf dem Hofe lustige Musik – die Kirche war aus, und die Musikbande, die gestern abend im

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