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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Forderung erhoben - und sie verlangten nicht, was sie eigentlich gebraucht hätten, 20 000, sondern nur 1000 Gewehre -, so erhielten sie zur Antwort, die Regierung verfüge über keinerlei Waffenvorräte. Die Politiker fürchteten den Faschismus, aber noch mehr fürchteten sie das bewaffnete Volk.
Die CNT-FAI hatte bereits seit dem 12. Juli vorsorglich kleine, unauffällig agierende Posten zur Überwachung der Kasernen von Barcelona eingeteilt. Statt die Gewerkschaften für den Tag des Putsches auszurüsten, versuchte die Regierung im Gegenteil, diese kleinen Gruppen zu entwaffnen. Im Innenministerium gingen immer wieder Anrufe aus den Polizeiwachen der Stadt ein, die Verhaftungen von aktiven Anarchisten meldeten, denen die Polizei die Pistolen abnehmen wollte; die Routine der Repression war so fest eingefahren, daß man die Verhafteten sogar wegen unbefugten Waffenbesitzes vor Gericht stellen wollte!
    Diego Abad de Santillan 2 / Abel Paz 1

    Drei Tage vor dem 19. Juli, am 14. oder 15. haben wir im Hafen von Barcelona ein Schiff überfallen, das Waffen geladen hatte. Die Regierung von Katalonien, die Generalität, wollte die Waffen für sich; aber Durruti und die andern haben sie in die Transportarbeiter-Gewerkschaft geschafft. Am Tag darauf war die Bereitschaftspolizei da, die Guardia de Asaltos. Haussuchung. Aber Durruti war schon auf der Straße. »Einen Lastwagen her, schnell!«
Dann haben sie einen Milchwagen aufgetrieben, die Waffen verfrachtet. Die Regierung fand vier oder sechs alte Flinten. Den Rest hatten wir in der Hand, die CNT.
    Eugenio Valdenebro

    Der Generalkommissar für die öffentliche Sicherheit in Katalonien, Federico Escofet, ist seit einigen Tagen fieberhaft beschäftigt. Schon seit längerer Zeit liegen ihm eindeutige Beweise dafür vor, daß sich in ganz Spanien eine Erhebung des Militärs vorbereitet und daß in diese Pläne auch die Garnison von Barcelona verwickelt ist. In den Schubladen seines Schreibtisches stapeln sich vertrauliche Berichte seiner Kontaktleute, republikanisch gesinnter Offiziere, Listen mit den Namen der Putschisten, Manifeste, Losungen, Operationspläne und Einsatzbefehle für den Tag X. Der Putschversuch war für den 16. Juli erwartet worden; heute, am 18., ist Escofet sicher, daß er unmittelbar bevorsteht.
Seit Tagen steht er in ständiger Verbindung mit dem Innenminister, Jose Maria Espana. Mit ihm und mit seinem nächsten Mitarbeiter im Kommissariat, dem Major Vicente Guarner, bereitet er Maßnahmen vor, um dem Staatsstreich rechtzeitig zu begegnen. Aber das ist nicht das einzige Problem, mit dem der Kommissar es zu tun hat. Das Komissariat für die öffentliche Sicherheit muß auch mit den Anarchisten der FAI und mit der syndikalistischen Gewerkschaft CNT rechnen, die seit langen Jahren mit der autonomen Regierung von Katalonien — wie übrigens auch mit der Zentralregierung in Madrid, der Sozialistischen Partei, ja mit Gott und der Welt - in einem heftigen Streit liegen. Immerhin haben sich die Anarchisten seit ein paar Tagen bereitgefunden, in einem Verbindungsausschuß, den der Präsident von Katalonien, Companys, angesichts der ernsten Situation einberufen hat, mitzuarbeiten, zusammen mit allen anderen antifaschistischen Parteien und Organisationen. Allerdings haben sie dort sogleich die Forderung nach Waffen erhoben. Nun weiß aber Escofet so gut wie der Präsident und der Innenminister, wie gefährlich es wäre, den Männern von der CNT, die verwegene Straßenkämpfer sind, Waffen auszuliefern. Wenn es zum Militärputsch kommt und wenn sich dann Armee und Polizei in bewaffnetem Kampf gegenüberstehen, die einen als Feinde, die andern als Verteidiger der Republik, so wird das zur Schwächung beider führen, und die Stadt wird den Anarcho-Syndikalisten auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert sein. Für die politische und soziale Stabilität Kataloniens wäre das ebenso gefährlich wie der Militärputsch selbst. Das Telefon läutet.
»Ja, hier Escofet. Jose Maria? Guten Morgen. — Wie bitte? — Ach so, die CNT. Natürlich protestieren sie. Das war mir von Anfang an klar. Sie werden sich auch beim Präsidenten beschweren. Aber ich konnte nicht anders entscheiden.
Die Pistolen habe ich ihnen gelassen. Wenn es nach mir ginge, hätte ich ihnen natürlich auch die Handfeuerwaffen abgenommen. Die Gewehre sind jedenfalls in unserer Hand. Guarner hat sie beschlagnahmt.«
Es handelt sich um einen gefährlichen Zwischenfall, der sich in der vergangenen Nacht ereignet

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