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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Maschinen der Luftwaffe starten und sie angreifen. Bei der Bombardierung der Kaserne von San Andres muß darauf geachtet werden, daß die Waffenmeisterei nicht getroffen wird und daß die Munitionsmagazine nicht in die Luft gehen. Die Mitglieder der Stadtteil-Komitees von Santa Coloma, San Andres, San Adrian des Besos, Clot und Pueblo Nuevo werden dann die Kaserne angreifen und notfalls die Tore mit Dynamit sprengen. Diaz Sandino ist mit diesem Plan einverstanden. Im Arsenal von San Andres liegen mehrere Millionen Schuß Gewehrmunition.
Unterdessen teilt Gregorio Jover an die Genossen Brot und Wurst aus und schenkt ihnen Wein ein. Alle Maßnahmen sind getroffen. Die Aktionsgruppen, die Stadtteil-Komitees sind alarmiert. Jeder einzelne weiß, was er zu tun hat, wenn der Augenblick des Handelns kommt. In den Fabriken und an Bord der Schiffe, die im Hafen liegen, halten die Heizer Wache; ihre Sirenen werden das Signal zum Angriff geben. Die Mitglieder des Komitees haben nichts weiter zu tun als zu warten, bis die Militärs die Kasernen verlassen.
Nach den letzten Informationen werden die Putschisten im Morgengrauen losschlagen. Nervös und überanstrengt von tagelanger fieberhafter Arbeit sitzt Garcia Oliver in seinem Stuhl. Er müßte die paar Stunden, die bleiben, nutzen, um sich auszuruhen, bevor neue und noch größere Anstrengungen auf ihn zukommen. Aber es gelingt ihm nicht, einzuschlafen.
Wochen- und monatelang haben die Versammelten auf diese Nacht hingearbeitet. Schon vor den Februar-Wahlen waren sie davon überzeugt, daß es innerhalb kurzer Zeit zum Bürgerkrieg kommen würde. Damals neigten viele Anhänger der CNT dazu, ihre traditionelle Haltung gegenüber den Wahlen, den Boykott, zu überprüfen und ausnahmsweise für die Parteien der bürgerlichen Linken oder für die Sozialisten zu stimmen. Die Führung riet weder zu noch ab, sie überließ jedem einzelnen die Entscheidung. Letzten Endes würde es keinen Unterschied machen, ob die Rechte oder die Linke die Wahlen gewänne. Wenn der Faschismus durch die Stimmenthaltung der anarchistischen Arbeiter auf legale Weise zur Macht gekommen wäre, so hätte dies als Zeichen zum bewaffneten Aufstand gegolten. Ein Wahlsieg der Linken dagegen, das sah die CNT voraus, hätte dazu führen müssen, daß die Faschisten die Machtergreifung auf dem gewohnten Weg des Staatsstreichs versuchen würden.
In jedem Fall mußte man ihnen mit der Waffe in der Hand begegnen. Die Ereignisse gaben diesen Überlegungen recht; die Analyse der Anarchisten traf die Wirklichkeit besser als die der Berufspolitiker aus den Parteien.
Da die CNT föderalistisch aufgebaut war und aus regionalen Verbänden bestand, die fast unabhängig voneinander arbeiteten, konnte sie ihren Gegenschlag nicht auf nationaler Ebene planen: Sie mußte sich auf Katalonien, und das heißt in erster Linie auf Barcelona beschränken. Zwar ist Madrid die politische Hauptstadt Spaniens. Barcelona aber ist die industrielle und proletarische Kapitale des Landes.
Der starke Anteil der Arbeiter an der Bevölkerung und ihre revolutionäre Tradition verliehen der Stadt ein ganz besonderes Ansehen, ein politisches Primat; wenn die Arbeitermassen hier triumphieren würden, so mußte die Bewegung auf die anderen Städte des Landes übergreifen. Die Anarchisten begannen deshalb, in jedem Stadtteil ein Verteidigungskomitee aufzubauen. Sie koordinierten diese Ausschüsse derart, daß eine ständige Verbindung mit den Delegierten erreicht wurde. Jeder dieser Delegierten kannte die Losungen für die Stunde X. Auch der Jugendverband der Anarchisten, die Juventudes Libertarias, und die Frauenorganisation Mujeres Libres waren in den Operationsplan einbezogen. Mit dem Gewerkschaftsbund und mit dem Regionalkomitee war vereinbart, daß diesmal kein Generalstreik ausgerufen werden sollte, um den Gegner nicht zu warnen. Der Stadtplan auf dem Tisch zeigt die Lage der Kasernen und die Stationierung der Truppen und ihre Stärke an. Vertrauliche Informationen aus den Quartieren ergänzen in letzter Stunde das Feindbild. Das Komitee hat auch das Kanalisationsnetz studiert und kennt die unterirdischen Zugänge und Knotenpunkte. Noch wichtiger ist das Stromnetz; es sind Maßnahmen getroffen, um einen beliebigen Sektor jederzeit von der Stromversorgung abzuschneiden. Die bewaffneten Gruppen haben Anweisung, die Truppen unbehelligt aus den Kasernen auf die Straßen vordringen zu lassen. Dieser scheinbare Anfangserfolg wird ihnen die Gewißheit

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