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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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stärken konnten, wie es nötig gewesen wäre. In Aragon zum Beispiel hatten wir kaum mehr als eine schwache Beobachtungslinie, die angesichts ihrer Länge viel zu schlecht gerüstet war. Wir müssen es ganz offen sagen: Während die Aragon-Front nur über 30 000 Gewehre verfügte, hielten die Organisationen und Parteien des Hinterlandes ungefähr 60 000 Gewehre und mehr Munition versteckt, als die Fronttruppen je zur Verfügung hatten.
Dutzende von Malen haben wir von unseren eigenen Organisationen gefordert, das Kriegsmaterial in ihren Händen für den Fronteinsatz freizugeben und genügend Mannschaften für den Krieg abzustellen. Für die Sicherung der Etappe konnten Frauen, ja sogar Kinder sorgen. Man hat uns erwidert, daß es unmöglich sei, unsere eigenen Leute zu entwaffnen, während andere politische Gruppen und Parteien nur auf eine Gelegenheit lauerten, uns in den Rücken zu fallen. Wir sind auch auf dieses Argument eingegangen. Wir haben gesagt: Wenn unsere eigenen Leute sich bereitfinden, ihre Waffen abzugeben, und selbst an die Front gehen, werden wir dafür sorgen, daß auch alle anderen Organisationen entwaffnet werden, und mit dieser Aufgabe werden wir euch beauftragen, die ihr den anderen Gruppen am meisten mißtraut.
Auch alle Reste der Bereitschaftspolizei, der Schutzpolizei, der Gendarmerie werden wir dann entwaffnen und an die Front schicken. Wir können aber ein solches Vorgehen so lange nicht rechtfertigen, wie wir selbst nicht dazu bereit sind.
Die Klagen der Kämpfer an der Front waren also durchaus berechtigt. Jedesmal, wenn Durruti nach Barcelona kam, schäumte er, wenn er sah, wie viele Waffen hier auf der Straße spazierengetragen wurden. Eines Tages erfuhr er, daß in Saba dell acht bis zehn MGs versteckt lagen. Er forderte ihre Herausgabe, zunächst im Guten; als ihm das abgeschlagen wurde, schickte er eine Hundertschaft nach Sabadell, um die MGs mit Gewalt herauszuholen. Glücklicherweise sagte er uns rechtzeitig Bescheid. Wir konnten eingreifen und eine blutige Auseinandersetzung verhindern. Ein Teil der Waffen wurde herausgegeben. Sie waren in den Händen der Kommunisten, aber das besagt wenig, wenn man weiß, daß unsere eigenen Genossen allein in Barcelona etwa 40 Maschinengewehre verborgen hielten, mehr als an der ganzen AragonFront im Einsatz waren.
Wie viele die andern Gruppen und Parteien hatten, das zählten wir schon gar nicht mehr.
    Diego Abad de Santillan 3

    Und wenn sie ihm endlich Maschinengewehre schickten, dann war keine Munition da. Als dann die Munition ankam, waren die Maschinengewehre kaputt. Da hat Durruti angerufen und wieder angerufen, und schließlich ist er selber nach Barcelona gefahren und holte sich, was er brauchte, aber nicht bloß bei der Regierung, nein, auch bei der CNT. Er hat uns die Pistolen aus der Tasche gezogen, den eigenen Genossen, wir mußten uns schließlich auch wehren, aber nein! »Was brauchst du eine Pistole«, schrie er, »du in der Etappe, gib her, oder komm mit an die Front, wenn du sie nicht hergeben willst.« So ist er mit den Anarchisten umgegangen, mit seinen eigenen Leuten.
    Manuel Hernandez

    Durrutis Offensive stockte, weil es ihm an Kriegsgerät fehlte. Er schrie sich am Telefon heiser mit seinen Forderungen nach mehr Munition, mehr Gewehren, mehr Artillerie. Seine Interventionen im Hinterland blieben ohne Ergebnis. Wenn wir im Juli und August statt 25 - 30 000 Mann alle 60 - 80 000 mobilisierbaren Leute mit allen versteckten Waffen an die Aragon-Front hätten werfen können, so wäre uns der Sieg sicher gewesen. Ich erinnere mich, wie eines Tages Francisco Barnes, der frühere Erziehungsminister, von einem Besuch bei Durruti in Bujaraloz zurückkehrte. Er hatte dort zufällig einen feindlichen Durchbruchsversuch miterlebt und gesehen, wie Durruti vor Wut weinte, als die Munition ausging und die Milizsoldaten den Angriff nur noch mit Handgranaten ausgerüstet abwehren mußten. Wenn der Gegner die Lage der Kolonne gekannt und gewußt hätte, daß ihr die Munition ausgegangen war, hätte er sie aufreiben oder gefangennehmen können. Solche Situationen waren an der Aragon-Front alltäglich.
    Diego Abad de Santillan 1

    Alles, was wir während des Bürgerkriegs an Waffen gekauft haben, hat die CNT selbst bezahlt. Mit der Regierung in Madrid rechneten wir überhaupt nicht. Selbst wenn Largo Caballero hätte großzügiger sein wollen, hätte das nichts genützt; denn es war Negnn, der die Finanzen des Staates in der Hand hatte. Über

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