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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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wie das Meer, wenn es sich zurückzieht. Die grünen Blätter, die krümelige braune Erde, die struppigen Grashalme anzustarren, lenkt mich genug ab, damit ich in meinem Kopf vorsichtig Platz für all das machen kann, was ich eben erfahren habe.
    Alles, was ich bin.
    »Ich bin genau das, was sie gesagt haben«, flüstere ich und entlasse damit mein Geständnis in die Realität.
    »Sie?«, fragt Benson; seine zittrigen Worte sind kaum ein Hauch im Wind.
    »Elizabeth. Jay. Sie haben nicht gelogen. Ich bin eine Erdgebundene – ich bin eine Göttin.« Das Wort kommt zum ersten Mal über meine Lippen, und es ist nicht ganz so beängstigend, wie ich befürchtet hatte. Aber fast.
    »Wie … Gott mit einem großen G?«
    »Nein. Etwas anderes.« Begriffe sausen mir durch den Kopf und machen es mir schwer, in Worten zu denken. »Ich bin eine gestaltende Göttin. Aber … verflucht. Ich habe etwas … Ich habe etwas falsch gemacht. Vor langer Zeit.«
    Benson bleibt still, aber ich muss reden. Ich entdecke mein Wissen, während es mir über die Lippen kommt, und irgendwie nimmt es etwas den Druck in meinem Kopf.
    »Ich schaffe Dinge aus dem Nichts. Ich bin eine Schöpferin, wie Quinn. Wir sind gemeinsam Schöpfer. Seit Generationen und Generationen zusammen. Ich kann alles machen. Alles«, sage ich mit Verwunderung.
    »Eine Göttin«, sagt Benson, und seine Stimme ist so leise, dass ich nicht sicher bin, ob ich ihn gehört hätte, wenn mein Ohr nicht an seinem Bauch ruhen würde.
    Ich spüre, wie ein leichtes Kichern in mir aufsteigt. »Zum Beispiel einen Baum«, sage ich hysterisch lachend. »Oder einen Berg. Oder ein Gebäude. Einfach Puff! Egal, was.«
    »Oder eine Pyramide«, sagt Benson, der meinen verrückten Gedankengängen folgt.
    Ich nicke. »Ich war eine Erdschöpferin. Es gab viele von uns. Wir haben die Landschaften der ganzen Welt geschaffen. Sie war … sie gehörte uns. Geschenkt von … ich weiß es nicht. Jemand Größerem. Jemand Stärkerem. Aber wir wurden gierig.« Konkrete Erinnerungen herauszuquetschen, ist wie der Versuch, einen Stahlklotz mit bloßen Händen auszuwringen, und mein Körper beginnt, von der Anstrengung zu zittern. »Wir haben Menschen geschaffen. Als – als unsere Diener. Wir haben übertrieben. Wir wurden verflucht.«
    »Von wem?«
    Ich schüttle den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
    »Daran erinnerst du dich nicht?«
    »Nein. Aber ich erinnere mich, dass Rebecca sich daran erinnert.« Quinn hat es ihr gesagt . »Wir haben unsere Verantwortung missbraucht«, doch die Worte sind Teil einer Proklamation – eines Satzes –, der in meine Erinnerungen eingebrannt ist. »Uns wurde die Unsterblichkeit genommen. Irgendwie. Wir wurden sterblich, aber unsere Seelen blieben an die Erde gebunden. Wir leben wieder und wieder unter den Wesen, die wir geschaffen haben. Suchend, immer suchend.«
    »Wonach sucht ihr?«
    »Nach unserem diligo «, sage ich und prüfe das ungewohnte Wort auf der Zunge.
    »Was heißt das?«
    »Den wir schätzen und lieben«, sage ich, ohne ihn anzusehen. »An die Erde gebunden, aneinander gebunden«, flüstere ich. » Reus ut terra, reus una .«
    Quinn .
    Aber …
    Nein.
    »Die Reduciata versuchen, die Erdgebundenen zu töten, bevor sie sich mit ihren Geliebten wiedervereinigen können.«
    »Deshalb haben sie versucht, dich umzubringen?«, murmelt Benson.
    »Nein. Bei mir ist es mehr als das. Ich … ich weiß etwas. Ein Geheimnis. Ein Geheimnis, das alles zerstören könnte.«
    »Was für ein Geheimnis?«, fragt Benson. Sein Atem geht jetzt in kurzen, keuchenden Stößen.
    Aber ich schüttle nur den Kopf. »Ich erinnere mich nicht. Etwas, etwas, das ich nicht einmal Quinn erzählt habe, weil es zu gefährlich war. Das wollten die Männer, die zu unserem Haus kamen, loswerden. Dieses Wissen. Etwas … etwas über die Reduciata und die Curatoria. Ach!«, knurre ich. »Es tut schon weh, nur darüber nachzudenken.« Ich zwinge mich, tief einzuatmen, und berge das Gesicht in Bensons Hemd.
    »Diese Namen haben lateinische Wurzeln«, sagt Benson, und ich schaue verwirrt zu ihm auf. »Was denn?«, fragt er schuldbewusst. »Ich habe sie auf meinem Handy nachgeschaut, nachdem ich sie in Quinns Tagebuch gelesen hatte. Curare heißt › erhalten und bewahren ‹ . Reducere bedeutet …«
    »Reduzieren«, unterbreche ich ihn bitter. »Töten.«
    »Nein«, sagt Benson leise. »Es bedeutet › anführen ‹ .«
    Ich bin still und versuche, dieser neuen Erkenntnis eine Bedeutung zu geben,

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