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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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so langsam, dass ich es bis zu eben diesem Augenblick nicht bemerkt habe, ist Benson an ihre Stelle gerückt. Die Person, der ich alles anvertrauen kann. Nicht nur lebensverändernde Geheimnisse wie meine Kräfte und die Leute, die versuchen, mich umzubringen, sondern auch alberne Sachen. Wie ich damals in der vierten Klasse einmal so lachen musste, dass ich mir in die Hose gemacht habe, oder wie ich versucht habe, das Vögelchen zu retten, das aus dem Nest gefallen war … und wie ich geweint habe, als es unvermeidlicherweise starb. Dinge, die man nur mit echten Vertrauten teilt.
    Mit der Familie .
    Ich richte mich überrascht auf, als das Wort durch meine Gedanken rast und sich dann festsetzt.
    Aber warum sollte Benson nicht meine Familie geworden sein?
    Ich denke wieder an Elizabeth’ Warnungen vor ihm und der Zorn heizt meine Wangen auf. Niemand, niemand hat sich als so loyal wie Benson erwiesen. Ich würde ihn jederzeit allen anderen vorziehen.
    Ich stehe unter der heißen Brause, bis mein ganzer Körper rosa ist, dann lasse ich mir Zeit beim Anziehen und trockne zuerst meine kurzen Haare mit dem lauten Hotelföhn, ziehe danach ein einfaches, schmales T-Shirt und eine Gymnastik-Caprihose an und schmiere mir am Schluss noch etwas von der Hotel-Bodylotion auf die zerkratzten Arme und Hände. Es fühlt sich alles so luxuriös an.
    Ich bin zu überdreht, um zu schlafen. Ich versuche es mit Fernsehen, aber alle Sender sprechen nur von einem neuen Ausbruch des mysteriösen Virus – diesmal in einer kleinen Stadt knapp nördlich der kanadischen Grenze.
    Eine hundertprozentige Sterberate. Das dreht mir den Magen um.
    Jays Worte hallen in meinem Kopf wider: Meine Arbeit, wir haben Verbindungen zwischen den Reduciata und dem Virus gefunden, und wenn du gehst, weiß ich nicht, ob ich …
    Was wollte er sagen? Zum ersten Mal wünsche ich mir beinahe, ich wäre geblieben. Ich wünschte, ich hätte zugehört. Könnte etwas so Verheerendes, so Willkürliches das Werk einer Organisation sein, die nichts Besseres zu tun hat, als ein achtzehnjähriges Mädchen zu jagen? Es erscheint mir mög lich.
    Jetzt ist ein Arzt in den Nachrichten, der die Symptome des Virus zusammenfasst, die möglichen Arten der Ansteckung und die Übertragungswege. Ich schließe die Augen; ich will es nicht hören.
    Ich habe schlechte Nachrichten so satt.
    Ich schalte den Fernseher aus und drehe mich zu den beiden alten Tagebüchern um. Ich hatte seit dem Morgen noch nicht einmal die Möglichkeit, Rebeccas Tagebuch zu überfliegen, also blättere ich bis zum Ende, um mir diese mysteriöse Sprache anzuschauen.
    Die Handschrift ist dieselbe, aber Benson hat recht: Sie ist unlesbar.
    Daher wende ich mich Quinns viel kürzerem Tagebuch zu.
    Es geht nicht in die Tiefe, aber die kurzen Beschreibungen genügen. Falls man Quinn Glauben schenken kann, haben diese zwei Gruppen – Bruderschaften nennt er sie – die Finger in allem, von der Französischen Revolution über die Tempelritter bis zum Konzil von Nizäa. Geschichte ändern.
    Geschichte machen .
    Und ich hätte merken müssen, wie allgegenwärtig das Dreieck im Lauf der Geschichte immer war und ist. Die Templer, die Freimaurer, die Ägypter; es ist sogar auf den modernen Dollarscheinen! Die Erdgebundenen – und durch sie diese Bruderschaften – haben sich durch die Geschichte der Zivilisation gegraben.
    Wenn ich vorher Angst hatte, bin ich jetzt in Panik .
    Kein Wunder, dass sie uns immer einen Schritt voraus zu sein scheinen. Sie haben Tausende von Jahren Übung.
    Als ich das Türschloss höre, macht mein Herz einen Satz und beginnt zu rasen. Benson streckt vorsichtig den Kopf herein – wahrscheinlich, um nachzusehen, ob ich schon schlafe.
    Ich schaue auf die Uhr und bin erschrocken, dass es zwei Stunden her ist, seit er gegangen ist. Ich habe kaum gemerkt, wie die Zeit vergangen ist.
    Er kommt herein und schließt ohne ein Wort die Tür hinter sich. Dann bleibt er lange mit dem Rücken zu mir stehen, und als er sich schließlich umdreht, hebe ich luftschnappend beide Hände an den Mund. Sein Auge färbt sich lila und wird morgen sicher ein riesiges Veilchen sein und ein Kratzer oben an seiner Wange ist blutverschmiert. Seine Haare sind zerzaust und die Knöchel seiner rechten Hand bluten durch eine Serviette.
    »Ach, du meine Scheiße, Benson, was ist mit dir passiert?« Ich eile zu ihm, aber er streckt warnend die Hand aus, und ich bleibe stehen.
    »Bitte nicht«, sagt er, und seine Stimme klingt

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