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Der Kuss der Russalka

Der Kuss der Russalka

Titel: Der Kuss der Russalka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Jemand hatte seinen Hals an ein Bein der Werkbank gebunden, so weit unten, dass er mit dem Gesicht an den Boden gedrückt dalag – und durch die Ritzen unter der Tür floss das Newawasser und schwoll Atemzug für Atemzug mehr an. Einen bizarren Moment lang ließ er sich treiben und bewunderte die Aussicht. Es sah aus, als würde er auf einem glänzenden Spiegel dahintreiben. Wenn Derejew und seine Leute nicht bald wieder auftauchten, würde er ertrinken. Allerdings war Ertrinken ihm beinahe lieber. Die Panik fühlte er noch nicht, dafür war die Enttäuschung immer noch frisch und stechend wie der Geruch von Pfeffer. Die Perle. Jelena. Der Plan wäre logisch – sie stahl ihm die Perle und ging zum Ufer. Sie wusste, dass Derejew hier auf ihn wartete und Johannes ihn lange genug ablenken würde. Aber war Jelena bereit ihn für die Russalkas zu opfern? Er wusste wenig von dem Mädchen, das sein bester Freund war, sehr wenig. Verbissen suchte er nach anderen Möglichkeiten. Kolja in der Herberge kam ihm in den Sinn. Waren sie bestohlen worden? Oder hatte Mitja die Perle an sich genommen? Ungläubig erinnerte er sich an den Narren und verwarf den Gedanken wieder. Wenn er der Russalka die Perle brachte, würde sie für immer gehen und ihn zurücklassen.
    Ein Geräusch riss ihn aus seiner Starre, der Wasserspiegel zersprang in viele kleine Wellen, dann sah er plötzlich zwei Beine vor sich. In der Erwartung, weitere Prügel einzustecken, stöhnte er auf. Aber das Schicksal war gnädig.
    Die Beine verschwanden, zwei Hände tauchten neben seinem Gesicht auf und schließlich erblickte Johannes einen hellen Bart. »Iwan!«
    Der Alte betrachtete ihn so sachlich, als wäre Johannes ein Pferd, dessen Chancen er abschätzte, jemals wieder auf die Beine zu kommen. Dann sprang er erstaunlich behände auf und hastete zu der Truhe mit dem Werkzeug. Gleich darauf kam er mit einer Säge zurück. Geschickt begann er das Bein der Werkbank abzusägen. Johannes hörte Ketten klirren und begriff, womit Derejew ihn an das Tischbein gefesselt hatte. Die Beine der Werkbank waren auf den Dielen befestigt. Ein genialer Einfall, einen Gefangenen hier anzuketten. Nach einer Ewigkeit, als das Wasser schon bei Johannes’ Mundwinkel angekommen war, setzte Iwan ein zweites Mal an, diesmal weiter unten. Noch nie hatte Johannes den alten Mann so nah vor sich gesehen. Schweiß rann ihm über das konzentrierte Gesicht und fing sich in den tiefen Furchen neben Nase und Mund. Verbissen und grimmig sägte Iwan und ließ auch nicht ab, als er mehrfach abrutschte und sich die Finger abschürfte. Wirr hing ihm das weiße Haar ins Gesicht, und hätte Johannes es nicht besser gewusst, er hätte geglaubt, dass der Leibeigene wahnsinnig geworden war. Endlich fuhr die Säge mit einem letzten, reißenden Geräusch durch das Holz. Iwan sprang auf und trat mit aller Kraft gegen das Holzstück. Es fiel heraus und kam mit einem Platschen auf dem Boden auf.
    »Los, hoch!«, befahl Iwan.
    Johannes schob und ruckelte, obwohl die Kette ihn fast erwürgte. Das Eisen hing am Holz wie eine Klette am Stoff, aber endlich klirrte es. Die Kettenglieder fanden ihren Weg durch den Spalt und Johannes fiel auf die Seite. Schon war Iwan bei ihm und schnitt seine Fesseln an Armen und Beinen durch. Endlich konnte er sich die Kette über den Kopf streifen. »Danke!«, brachte er heraus. »Wo … hast du dich diesmal versteckt, als sie kamen?«
    Der Alte ruckte mit dem Kinn in Richtung Werkzeugkiste.
    »Du hast alles gehört?«
    Iwan nickte und deutete auf die Rückwand der Werkstatt. »Kommst du durch den Spalt dort?«
    Benommen sah sich Johannes um und entdeckte ein fehlendes Brett. Erstaunt stellte er fest, dass es dasselbe Brett war, das nach dem Verschwinden des toten Mädchens wieder in die Rückwand genagelt worden war. »Du hast es wieder gelockert«, stellte er fest. »Nach Zar Peters Besuch?«
    »Ja«, brummte Iwan. »Und es ist der einzige Weg nach draußen. Die Ausgänge und die Fenster haben die Bastarde mit Brettern vernagelt.« Er beugte sich vor und zog Johannes auf die Füße ohne auf sein Stöhnen zu achten. »Sie haben Marfa. Und deinen Freund auch. Du musst dich beeilen.«
    Derejew hat Jelena!, wurde Johannes klar. Und damit die Perle! Bevor Johannes protestieren konnte, hatte der Alte ihn zu dem losen Brett gezerrt. »Los«, knurrte er. »Du hast nicht viel Zeit.«
    »Danke, Iwan«, sagte Johannes aus tiefster Seele. »Es tut mir Leid, dass ich dachte …«
    Der

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