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Der Kuss der Sirene

Der Kuss der Sirene

Titel: Der Kuss der Sirene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Hubbard
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Mundwinkel wieder auf. Es wirkt beinahe fehl am Platz in dem sonst so ernsthaften Gesicht. »Dein Batteriegehäuse war total verrostet. Ich habe es einfach mit einer Drahtbürste und etwas Backpulver bearbeitet. Das hat Wunder gewirkt.«
    Ich halte ihm mit der offenen Hand die Schlüssel hin. Seine Finger streifen über meine Haut, als er danach greift.
    Dann dreht er sich um und sieht sich seinen Geländewagen an. »Hast du den Wagen gewaschen?«
    Mist, ich dachte er wäre längst getrocknet. Ȁh, nein, im Nachbargarten war heute Morgen der Rasensprenger an.«
    Er schnaubt. »Was für eine Verschwendung.«
    Â»Ja, geht automatisch an oder so.«
    Er zuckt die Schultern und wirft mir meinen Autoschlüssel zu. Er wirkt heute, als hätte ihm jemand ein Gewicht von den Schultern genommen. Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat. »Gehen wir zusammen rein?«
    Nein.
    Â»Eigentlich muss ich noch was aus meinem Wagen holen«, sage ich. »Danke für deine Hilfe. Wir sehen uns in der sechsten Stunde.«
    Aber er übergeht meine Abweisung. »Kein Problem. Ich warte.«
    Na super! Ich öffne die Fahrertür und beginne herumzukramen, suche nach irgendetwas, was mich rettet, damit ich nicht auffliege. Schließlich finde ich einen Füller und stecke ihn in meinen Rucksack. Ich schließe mein Auto ab und folge ihm zum Fußweg.
    Wir laufen eine ganze Weile schweigend nebeneinander her.
    Â»Bist du … okay?«, fragt er. Er sieht mich an, aber ich starre einfach geradeaus. Der Schuleingang ist weniger als hundert Meter entfernt. Nur noch dieses kurze Stück, dann bin ich ihn los und kann mir einen Plan zurechtlegen, wie ich wieder auf Distanz gehen kann.
    Ich presse die Lippen aufeinander und nicke.
    Â»Bist du sicher? Gestern Abend …«
    Â»Mir geht es gut«, schnappe ich. Ich wusste, dass er nicht lockerlassen würde. Ich muss ihn daran hindern, in der Vergangenheit zu kramen, muss die unsichtbare Wand zwischen uns neu aufbauen.
    Cole hält die Tür für mich auf. Ich schlüpfe schnell an ihm vorbei, als wäre die Geste nichts Besonderes für mich. In Wahrheit ist es aber ganz anders, denn die meisten Schüler schlagen mir die Tür vor der Nase zu.
    Ein neues Gefühl erwacht in mir: eine Mischung aus Hoffnung, Schuld und Verzweiflung. Zum ersten Mal seit langer Zeit scheue ich mich davor, jemanden zurückzuweisen. »Danke für deine Hilfe«, sage ich und stürze einfach im Gedränge davon, bevor Cole etwas erwidern kann. Ein Blick über die Schulter verrät mir, dass er mir nachschaut.
    Gerade als ich mich wieder nach vorn drehe, stoße ich gegen etwas Hartes und mein Rucksack landet auf dem Boden.
    Â»Oh Gott, das tut mir leid, ich habe nicht hingesehen …«, stammele ich.
    Vor mir steht Erik, der neue Typ aus meinem Englischkurs. Er bückt sich und gibt mir den Rucksack zurück. Dabei blickt er mir geradewegs in die Augen.
    Mir stockt der Atem. Seine Augen haben genau jene Farbe, die mir jeden Morgen im Spiegel begegnet – und nur dort. Sie strahlen im leuchtenden Blau der Karibik.
    Â»Ich …«, stottere ich. »Du … äh, danke.« Was ist nur los mit mir? Seit ein paar Tagen bin ich nur noch ein Wrack.
    Erik lächelt und sieht dabei atemberaubend aus. »Gern geschehen. Sehen wir uns in Englisch?«
    Ich beiße mir auf die Lippe und nicke. Seine Stimme klingt tief und verführerisch. Ich blinzele ein paarmal, um festzustellen, ob ich mich verguckt habe.
    Wie kann es sein, dass sich unsere Augen so sehr ähneln?
    Heute bin ich mit meiner Gruppe an der Reihe, unsere Projektarbeit vorzustellen. Sienna hat alle Notizen von gestern Abend fein säuberlich abgetippt und führt uns nach vorn, wo ein Tisch und drei Stühle bereitstehen.
    Ich bin einfach nur froh, dass das Ganze heute ein Ende hat. Wir können der Klasse unsere Debatte vorführen und dann einfach weitermachen wie bisher. Ich kann endlich zu meinem früheren Leben zurückkehren. Vielleicht bekomme ich von Mrs Jensen sogar die Erlaubnis, mit irgendjemandem den Platz zu tauschen. Denn ich kann nicht das ganze Schuljahr lang neben Sienna und Cole sitzen. Schon wenige Wochen hatten dazu geführt, dass Cole mir näherkam. Ich kann nicht zulassen, dass das so weitergeht.
    Sienna setzt sich in die Mitte. Cole und ich nehmen an den gegenüberliegenden Enden des Tisches Platz. Er

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