Der Kuss der Sirene
auch.«
Ich nicke. »Können wir morgen darüber reden?«
»Ja, natürlich. Bis morgen«, sagt er und verschwindet in der Dunkelheit. Vielleicht kommt er zurück. Ich bleibe noch einige Minuten am Seeufer stehen, aber es ist nichts zu hören. Ich tauche ins Wasser â wenigstens dieses Ritual verändert sich nie.
Kapitel 20
Am nächsten Tag sitzt Erik in der Cafeteria bei Cole und Sienna. Es ist das erste Mal, dass ich die drei zusammen sehe. Nur wegen mir ist er da. Ich will schon umdrehen, da steht Sienna auf und winkt mich an den Tisch.
Schüler strömen an mir vorbei, die Cafeteria ist von lautem Stimmengewirr erfüllt. Meinetwegen könnten sie alle mit einem Schlag verschwinden. Die Menschen, die mir am meisten bedeuten, sitzen hier zusammen. Ich bahne mir einen Weg durch die Tischreihen. Patrick, Nicki und Kristi kommen gerade von der anderen Seite.
»Hallo«, sage ich. Die Blicke der Jungen beruhigen mich. Es scheint fast so, als gehörte ich zu beiden.
Ich versuche meine Aufregung zu unterdrücken.
Erik lächelt.
Ich nicke, als wäre Erik einfach nur der scharfe neue Typ aus dem Englischkurs und nicht der einzige Mensch auf Erden, der mich angeblich von meinem Fluch befreien kann.
»Willst du dich nicht hinsetzen?«, fragt Sienna.
Ich lasse mich auf die Bank gegenüber von Cole und Erik plumpsen, greife nach dem Apfel auf meinem Tablett und beiÃe herzhaft hinein.
»Erik hat uns gerade erzählt, dass es in San Diego im Moment dreiÃig Grad heià ist. Klingt das nicht traumhaft? Meine Sommerbräune verflüchtigt sich schon.« Sienna zieht die Stirn in Falten als wäre allein der Gedanke beunruhigend, bald wieder blass auszusehen.
»Ich gehe nach der Schule in das neue Solarium auf der Griffin Street. Komm doch mit«, sagt Nicki. »Du auch, wenn du möchtest«, fügt sie hinzu und sieht mich dabei an.
»Oh, äh, nein danke.«, erwidere ich. »Ich bin gern blass wie ein Gespenst.«
»Wie du meinst.«
»Also, wenn du nicht mitgehen willst â¦Â«, beginnt Cole und legt das Pizzastück zurück auf den Pappteller. »Ich dachte, wir könnten zum Strand runtergehen und uns den Sonnenuntergang anschauen, vielleicht sogar dort Picknick machen.«
Ich kann nicht glauben, dass Cole mich das einfach vor allen anderen fragt. Wahrscheinlich denkt er, dass wir jetzt zusammen sind. Das macht die Sache mit Erik allerdings noch komplizierter â¦
»Das würde ich sehr gern, aber ich bin total mit Hausaufgaben zugeschüttet. Und morgen habe ich einen wichtigen Test in Chemie.« Schnell beiÃe ich wieder in meinen Apfel. Erst jetzt merke ich, dass das eine saublöde Ausrede war. Nicki hat denselben Chemiekurs wie ich.
Ich schiele zu ihr hinüber, aber sie hat meine Notlüge offenbar nicht mitbekommen. Sie ist viel zu sehr damit beschäftigt, an ihrem Ausschnitt herumzuzupfen.
»Oh«, sagt Cole enttäuscht.
Ich kaue schneller, ein viel zu groÃes Stück Apfel kratzt in meiner Speiseröhre. »Lass uns am Wochenende etwas zusammen machen. Vielleicht ⦠bei Sonnenaufgang. Ist doch viel schöner als ein Sonnenuntergang.«
Cole hebt eine Augenbraue. »Aber die Sonne geht nicht über dem Meer auf. Und darauf kommt es an.«
»Hast du denn schon mal bei Sonnenaufgang am Strand gesessen?«, frage ich zurück.
Cole rutscht auf seinem Stuhl hin und her. »Wieso, macht das einen Unterschied?«
»Glaub mir, es ist wunderschön. Ãber dem Meer liegt dann ein feiner Dunst und du fühlst dich, als wärst du der einzige Mensch auf der Welt.« Das klingt vielleicht dämlich! Aber ich schaue ihn einfach mit einem naiven, erwartungsvollen Lächeln an und hoffe, dass er nicht auf seinem Vorschlag beharrt.
»Wow, Lexi, du solltest GruÃkarten texten«, sagt Sienna und verdreht die Augen.
»Halt bloà den Mund, Sienna!«, sage ich grinsend.
»Einverstanden, Sonnenaufgang«, lenkt Cole ein. »Dann also am Samstag.«
Sienna räuspert sich. »Falls du am Freitagabend keine Lust auf das Liebesgesülze mit Cole hast, könntet ihr auch bei mir vorbeikommen. Meine Eltern sind mal wieder verreist. Ich habe ein paar Leute eingeladen, nichts GroÃes. Und du bist natürlich auch herzlich willkommen.« Sienna nickt Erik zu.
Erik hat es im Nu in Siennas Clique geschafft. Ob das etwas mit den interessierten
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