Der Kuss der wilden Rose: Mittsommerhochzeit (German Edition)
die sein Leben noch komplizierter machte, als es ohnehin schon war.
Zumindest wusste er genau, wem er das zu verdanken hatte: Viggo Tjaderborg.
Kaltschnäuzig hatte der Mann ihm vorhin zwischen Tür und Angel mitgeteilt, dass eine Gartendesignerin auf dem Weg nach Kärlekholmen sei, um ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen. Nach einer lautstarken Auseinandersetzung war Lorenz zur Anlegestelle gelaufen, um dem Neuankömmling den Empfang zu bereiten, der ihm gebührte.
Da hatte er natürlich nicht ahnen können, dass er ausgerechnet Lotte begegnen würde.
Tjaderborg war als Verwalter der königlichen Güter faktisch gesehen sein Vorgesetzter. Jedoch nicht er, sondern ein der Königsfamilie nahestehendes Mitglied des Hofstabs hatte persönlich über seine Einstellung entschieden. Anderenfalls wäre ich wohl nicht hier, dachte Lorenz kopfschüttelnd.
Das Problem bestand darin, dass Viggo Tjaderborg und er sich von früher kannten – und schon dieses erste Zusammentreffen war nicht gerade von gegenseitiger Sympathie geprägt gewesen. Ganz im Gegenteil sogar: Lorenz, der damals als Nachtwächter an der Uni arbeitete, um sich sein Studium zu finanzieren, hatte einen Mitstudenten auf frischer Tat ertappt, als dieser in das Büro eines Professors eindringen wollte. Er war auf die Bestechungsversuche des Kommilitonen nicht eingegangen, und dieser war kurze Zeit später von der Uni geflogen.
Bei dem Kommilitonen handelte es sich um niemand anderen als Viggo Tjaderborg.
Vermutlich lag es daran, dass Tjaderborg seit Lorenz’ Ankunft vor einer Woche jede noch so kleine Gelegenheit nutzte, um ihm das Leben und die Arbeit auf Kärlekholmen möglichst schwer zu machen: Er wollte sich an ihm rächen.
Doch so sehr Tjaderborg ihn auch reizte, bisher war es Lorenz gelungen, ruhig zu bleiben. Er wusste, dass sein Vorgesetzter nur darauf wartete, dass er aus der Haut fuhr und ihm damit einen Grund lieferte, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden und nach Hause zu schicken. Mit Lotte war ihm ein ganz besonderer Glücksgriff gelungen, wobei Tjaderborg unmöglich wissen konnte, dass sie sich von früher kannten.
Aber nicht mit mir!
Es war sein Job, den Schlossgarten von Kärlekholmen Slott in altem Glanz erstrahlen zu lassen, und er beabsichtigte gewiss nicht, die Lorbeeren dafür mit irgendjemandem zu teilen. Schon gar nicht mit einer Frau, die ohnehin nur mit irgendwelchen pseudomodernen Konzepten aufwarten und ihm ansonsten unnütz im Weg herumstehen würde.
Nein, das kam überhaupt nicht infrage! Es ging hier einfach um zu viel. Er konnte es sich nicht leisten, irgendwelche Experimente zu wagen. Wenn er Fjälldal Gard, das Erbe seiner Familie, vor dem endgültigen Aus bewahren wollte, musste er seine Aufgabe auf Kärlekholmen zu einem erfolgreichen Ende bringen. Anderenfalls würde er sich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass der Gutshof, der nun schon seit Generationen im Besitz seiner Familie war, von den Gläubigern seines verstorbenen Vaters zwangsversteigert wurde. Dazu durfte es auf keinen Fall kommen, ganz egal, was zwischen ihm und Kristof Bengtsson vorgefallen war.
Schon wieder spürte er, wie es in ihm zu brodeln begann. Es machte ihn furchtbar wütend, dass Tjaderborg sich nicht an die Abmachungen hielt, die man mit ihm vereinbart hatte. Doch für den Augenblick schien er nichts daran ändern zu können. Doch eines stand fest: Er würde Lotte das Leben auf Kärlekholmen Slott zur Hölle machen – und sobald sich ihm eine Chance bot, sie loszuwerden, würde er keine Sekunde zögern, sie zu ergreifen.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als Lotte in den verwilderten Garten von Kärlekholmen Slott hinaustrat. Inzwischen war es später Nachmittag. Die Sonne stand hoch am strahlendblauen Himmel, den kein Wölkchen trübte. Es war herrlich mild, aber nicht zu heiß. Ein perfekter Tag – wenn man davon absah, dass er ihr eine Konfrontation mit dem Mann beschert hatte, den sie schon so lange zu vergessen versuchte.
Als er vorhin vor ihr gestanden hatte, waren all die Erinnerungen und widerstrebenden Gefühle wie eine riesige Welle über sie hereingebrochen. Schon als Elfjährige war Lotte über beide Ohren in den besten Freund ihrer großen Schwester verliebt gewesen. Doch für ihn war sie nur ein kleines Mädchen. Daran änderte sich auch nichts, als sie älter wurde. Erst, als sie sich viele Jahre später auf einem Treffen von Millas Abschlussklasse wiedertrafen, funkte es zwischen ihnen, und ihr großer Traum
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