Der Kuss der wilden Rose: Mittsommerhochzeit (German Edition)
“Nicht ganz”, antwortete er. “Ich wohne ja hier und Viggo Tjaderborg und Lorenz ebenfalls – und in den kommenden Wochen auch Sie. Und wenn Ihre Arbeiten abgeschlossen sind und die Kronprinzessin mit ihrer Familie ihren Sommerurlaub hier verbringt, wird schon bald wieder fröhliches Kinderlachen durch dieses alte Gemäuer hallen.”
Sie konnte es nicht fassen. Mit seinen herrlichen Stuckarbeiten, den goldenen Ornamenten und kostbaren Antiquitäten war Kärlekholmen Slott wie ein wahr gewordener Kleinmädchentraum.
“Bitte folgen Sie mir”, bat Petter lächelnd. “Ihr Gästezimmer liegt im oberen Stockwerk von Kärlekholmen Slott mit Ausblick auf den Garten.”
Als er ihr kurz darauf die Tür zu ihrem künftigen Domizil öffnete, raubte ihr das zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit den Atem.
Das Zimmer war so großzügig geschnitten, dass es fast größer war als ihr kleines Apartment in Deutschland. Durch die bodentiefen Bogenfenster fiel goldenes Tageslicht, und die zartgelben Seidentapeten verliehen ihm eine warme Atmosphäre.
Die dem Fenster gegenüberliegende Wand nahm fast komplett ein wuchtiger, mit kunstvollen Schnitzarbeiten verzierter Kleiderschrank ein. Außerdem standen ihr ein Schreibtisch und eine mit gelbem Chintz bezogene Sitzgarnitur zur Verfügung. Das Herzstück des Raums aber bildete das große vierpfostige Bett mit einem Himmel aus luftigem weißem Chiffon.
“Und hier soll ich wohnen?”, wandte sich Lotte ungläubig an Petter. Als er nickte, glitt ein Strahlen über ihr Gesicht. “Ich werde mich fühlen wie eine Prinzessin!”
“Freut mich, dass es Ihnen gefällt.” Er stellte ihren Koffer neben dem Bett ab. “Dann lasse ich Sie jetzt allein, damit Sie sich ganz in Ruhe einrichten können. Viggo Tjaderborg, der Gutsverwalter, musste kurzfristig zu einem Geschäftstermin nach Stockholm. Er wird nach seiner Rückkehr mit Ihnen sprechen wollen, aber ich erwarte ihn nicht vor dem frühen Nachmittag. Ihnen bleibt also noch ein wenig Zeit, um sich einzugewöhnen.” Er lächelte. “Noch einmal herzlich willkommen bei uns auf Kärlekholmen. Ich hoffe, Sie werden sich bei uns wohl fühlen.”
Lotte bedankte sich noch einmal überschwänglich und sank anschließend mit einem glücklichen Seufzen aufs Bett. Sie war so überwältigt, dass sie fast gar nicht mehr an Lorenz dachte. Aber nur fast, denn so richtig war er ihr die ganze Zeit über nicht aus dem Kopf gegangen. Einmal mehr überlegte Lotte, ob Kärlekholmen sich am Ende als die Insel ihrer Träume erwies – oder ob sich ihr Aufenthalt dank Lorenz zu einem Albtraum entwickeln würde.
Wütend und frustriert rammte Lorenz die Schaufel in den weichen Boden und schleuderte die Erde auf einen stetig anwachsenden Haufen neben der Grube, aus der einmal das Bett für einen kleinen Bachlauf entstehen sollte.
Eigentlich beschränkten sich seine Aufgaben als Landschaftsarchitekt darauf, Gärten zu entwerfen und die Umsetzung seiner Entwürfe zu überwachen. Doch im Moment half ihm jede Form von anstrengender körperlicher Arbeit dabei, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Auf etwas anderes konnte er sich angesichts der Tatsache, dass er künftig mit Lotte Rosenblad zusammenarbeiten sollte, auch gar nicht konzentrieren.
Lotte! Wieder trieb er den Spaten in den Boden. Warum mussten sich ihre Wege nach all den Jahren ausgerechnet hier auf Kärlekholmen wieder kreuzen? Warum mussten sie sich überhaupt kreuzen? Er hatte versucht, sie zu vergessen – vergeblich. Schließlich nutzte er die Erinnerungen an sie dazu, sich stets vor Augen zu halten, dass es so etwas wie die wahre Liebe in Wahrheit gar nicht gab.
Er schüttelte den Kopf, wie um die lästigen Gedanken abzuschütteln. Doch so leicht ließen sich die Erinnerungen nicht vertreiben. Ebenso wenig wie dieses seltsame Gefühl, das ihn erfüllte, seit er Lotte vorhin am Anlegesteg gegenübergestanden hatte, und das ihn seitdem einfach nicht mehr los ließ.
War es Sehnsucht? Aber wie konnte das möglich sein, nach allem, was zwischen ihnen vorgefallen war?
Kein Wunder, dass er es nicht aushielt, einfach still in seinem Büro zu sitzen und über irgendwelchen Plänen zu brüten! Ihm schwirrte der Kopf – und daran war ganz allein Lotte schuld. Wer gab ihr das Recht, plötzlich wieder aufzutauchen und alles durcheinander zu wirbeln?
Seufzend wischte Lorenz sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Was er im Moment am allerwenigsten gebrauchen konnte, war eine Frau,
Weitere Kostenlose Bücher