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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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ist jetzt Schluss!« Kenamuns Züge waren auf einmal verzerrt. »Ich lass mich nicht mehr zwingen, zu gar nichts mehr! Wir werden bald ein Kind haben und das …«
    »… soll doch sicherlich nicht ohne seinen Vater aufwachsen?« Userkaf hatte ihn gepackt, ihm die Arme um den Hals geschlungen und hielt ihn nun darin gefangen
wie in einer Zange aus Metall. »Denn das wird es unweigerlich, wenn du noch ein einziges Detail verrätst. Begrab deine Träume vom Aussteigen, Freundchen! Du wirst uns so lange behilflich sein, wie wir dich brauchen, hast du mich verstanden?«
    Kenamuns Gesicht war rot angelaufen. Er gab einen gurgelnden Laut von sich.
    »Dann ist es ja gut!« Userkaf ließ ihn los und Kenamun schnappte nach Luft.
    »Was macht ihr da?« Iset stand auf einmal im Zimmer und schaute argwöhnisch vom einen zum anderen.
    »Ich bin auf der Suche nach einem flüchtigen Verbrecher«, sagte Userkaf.
    »Und da kommst du ausgerechnet zu uns?«, fragte Iset. »Ich bin schwanger und mein Mann ist verletzt. Wie sollten wir da jemanden verstecken?«
    »Davon will ich mich jetzt mit eigenen Augen überzeugen, wenn du erlaubst!«
    Userkaf drängte sie so grob zur Seite, dass der Kater beinahe zum Angriff übergegangen wäre, hätte Kenamun ihn nicht sanft weggeschoben, und begann mit der Inspektion der Räume. Das Lehmziegelhaus war so klein und derart übersichtlich geschnitten, dass er alles schnell durchhatte - mit Ausnahme einer Tür, die verschlossen war.
    »Aufmachen!« Er rüttelte am Türknopf. »Und zwar auf der Stelle!«
    »Das kann ich nicht«, ertönte von innen eine weibliche Stimme.
    »Meine Mutter«, sagte Iset, die auf einmal schwer atmend neben ihm stand. »Und du störst sie gerade - auf der Toilette!«

    »Das will ich mit eigenen Augen sehen!«, verlangte Userkaf. »Öffne, und zwar sofort!«
    »Mutter!«, rief Iset bittend. »Mach auf. Hier ist Polizei …«
    »Polizei?« Die Tür schwang auf. Sheribin saß breitbeinig auf dem Abtritt. »Ich erleichtere mich gerade. Ist das neuerdings auch schon verboten?«
    Ärger und Scham färbten Userkafs Gesicht dunkel.
    »Lass dich nicht weiter stören«, brummte er und zog sich zurück.
    Auch als der Polizist schon aus dem Haus war, blieb alles zunächst still. Dann sprang Sheribin mit einem Seufzer der Erleichterung auf.
    »Du kannst jetzt rauskommen!«, rief sie. »Die Gefahr ist vorüber.«
    Stöhnend und ächzend kletterte Ani aus der Sickergrube. Dann schaute er an sich herunter, zuckte die Achseln und brach danach in lautes, befreites Lachen aus.
    »Sieht ganz so aus, als wären meine Schweinejahre noch nicht vorbei!«, sagte er. »Was hab ich nur verbrochen, dass ich auf einmal so stinken muss?«
    »Aber du lebst!«, rief Iset. »Und ich wette, hier wird dieses ekelige Scheusal garantiert nicht mehr nach dir suchen. Ist das nicht großartig?«

ELFTES KAPITEL
    W ie bang sie auf Nachrichten warteten!
    In dem gepflegten Anwesen des Balsamierers schien die Zeit stillzustehen. Die Frauen atmeten erst wieder auf, als Miu heil vom Palast zurückkehrte. Raia und Sadeh nahmen sie abwechselnd in die Arme und versuchten trotz ihres eigenen Kummers, sie zu trösten. Sogar Anuket schlich voller Anteilnahme um sie herum und wollte sie mit einem dicken, süßen Mandelbrei von ihrer Zerknirschung ablenken.
    »Dich trifft keine Schuld, mein Mädchen!« Wie oft hatten Mama und Großmama Miu das inzwischen versichert! »Es war sehr tapfer von dir, dich für deinen Vater beim Pharao einzusetzen.«
    Doch Miu wollte es trotzdem nicht glauben.
    »Ich hab alles falsch gemacht!«, schluchzte sie. »Wenn Papa nun sterben muss, ist es ganz allein meine Schuld. Aber Tutanchamun war so kalt, so herablassend zu mir, als wären wir uns niemals nah gewesen!«
    »Er ist der Goldene auf dem Thron, Miu, der König über ganz Kemet, das darfst du niemals vergessen«, sagte Raia.
    »Dann sollte er auch gütig und gerecht handeln!«, rief
Miu. »Doch das tut er nicht. Er hat mich ja kaum angehört!«
    Irgendwann schliefen sie alle vor Erschöpfung ein, doch die Nacht brachte ihnen keinen Trost. Ihre Sorgen und Ängste hatten sich eher noch verstärkt, als sie am anderen Morgen erwachten. Erschöpft fanden die drei sich im Küchenhof zusammen, wo Anuket mit haltlosem Plappern vergeblich versuchte, bessere Stimmung zu verbreiten, bis schließlich sogar sie aufgab und verstummte.
    »Es tut mir leid, was ich über deinen Vater gesagt habe, Miu«, brach Sadeh nach einer Weile das Schweigen. »Er ist

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