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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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rasiert. Was ihr sofort verriet, welche Art von schmerzlichem Verlust er gerade erlitten haben musste.
    »Deine Katze, Herr der beiden Länder«, entfuhr es ihr. »Sie ist tot und du bist in tiefer Trauer.«
    »Ja, die Katze«, rief er. »Das musst du doch noch wissen! Ich hab dich sofort wiedererkannt. Du warst das kleine Mädchen im königlichen Garten der Sonnenstadt, erinnerst du dich? Du warst so verweint und durcheinander, da hab ich dir den Wurf gezeigt, um dich zu trösten, und dir schließlich sogar eines der Jungen geschenkt.«
    Der Falke ist zum Himmel geflogen …
    Der Satz, der damals ihr ganzes Leben mit einem Schlag verändern sollte!
    »Der Pharao war gerade gestorben«, murmelte Miu,
während die Erinnerung an jenen merkwürdigen Abend langsam zurückkehrte. »Alle Erwachsenen um mich herum waren in heller Aufregung und ich konnte Papa nirgendwo finden. Ich hatte mich verlaufen und habe überall vergeblich nach ihm gerufen, bis mich schließlich dieser freundliche Junge …«
    »Das war ich!«, unterbrach er sie. »Damals noch eines der Kinder im Harim* und schon wenig später der neue König Kemets.«
    Seine Augen ruhten auf ihr, warm und so dunkel, dass man sich sehr leicht in ihnen verlieren konnte.
    »Sag, lebt das Kätzchen von damals noch? Meine geliebte Ta-Mau ist leider tot. Wie sehr sie mir fehlt! Überall im Palast sehe ich sie sitzen, an all ihren Lieblingsplätzen. Und nachts, im Halbschlaf, glaube ich ihre leisen Pfoten zu hören. Doch später wird sie wieder bei mir sein. In meinem Haus der Ewigkeit soll einmal ihr kleiner Sarg neben meinem stehen!«
    Eine eisige Hand griff nach Mius Herz.
    Den ersten Schlag hat er schon einstecken müssen …
    »Wie ist sie denn gestorben?«, fragte sie beklommen.
    »Man hat sie vor Kurzem aus einem der Teiche gezogen. Aber an einen Unfall glaube ich nicht, so geschickt und klug, wie sie stets war. Sollte jemand tatsächlich seine verbrecherischen Hände dabei im Spiel gehabt haben, so werde ich sie ihm abschneiden lassen, und danach wird er bei lebendigem Leibe viergeteilt, das schwöre ich bei den Krallen des Seth!« Seine Stimme war plötzlich schneidend.
    Einen Schlag hat er schon einstecken müssen - das also hatten die beiden Männer im Graureiher gemeint!
    Wenn Miu bislang noch den Schatten eines Zweifels an
ihrem Verdacht gehabt hatte, dann war er in diesem Moment verflogen. In ihrem Bauch zog sich etwas zusammen. Unwillkürlich verlagerte sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere.
    Plötzlich lag Spannung in der Luft.
    Einer der schwarzen Hunde knurrte, der andere hatte sich jäh erhoben.
    »Aus, Tjesem!«, rief Anchesenamun* ungnädig. »Platz, Tjesmet, aber schnell!« Sie drehte sich zum König und setzte ein Lächeln auf. »Wollen wir nicht endlich zum Wesentlichen kommen, Goldhorus*?«, sagte sie schleppend.
    Miu mochte sie nicht, das spürte sie sofort. Obwohl die Große Königliche Gemahlin perfekt gekleidet war, mit Gold und Edelsteinen überreich geschmückt. Und geradezu unerträglich schön. Doch trotz der sorgfältig aufgetragenen Schminke war nicht zu übersehen, dass sie einige Jahre älter sein musste als ihr Gatte, kein Mädchen mehr, sondern eine junge Frau mit zartem Knochenbau, Rundungen an den richtigen Stellen und einem grazilen, langen Hals. Allerdings lag um die vollen Lippen ein herablassender Zug, und die halb geschlossenen Lider ließen sie aussehen, als sei sie müde oder gelangweilt.
    »Wir sind beim Wesentlichen.« Tutanchamuns Tonfall war ruhig, doch es war eine gewisse Schärfe herauszuhören, die Miu sofort als Warnung verstand. Er mochte es nicht, wenn jemand ihm die Dinge aus der Hand nehmen wollte.
    Nicht einmal wenn es seine Große Königliche Gemahlin war.
    »Das will ich meinen«, sagte Eje, der bislang geschwiegen hatte, und bei ihm erhob Tutanchamun keinerlei Einwand. »Dieses Mädchen hat zwei Schurken belauscht, die
offenbar einen Anschlag auf dich planen, Einzig-Einer. Wobei einer von ihnen zur hiesigen Dienerschaft gehören könnte, denn sie sah ihn im Palast verschwinden. Sie hat ihn als ›Warzenkerl‹ beschrieben, ein junger Mann um die zwanzig. Dürfte also nicht weiter schwierig sein, ihn zu identifizieren und unschädlich zu machen.«
    Er runzelte die Stirn.
    »Wir werden gleich anschließend ein ausführliches Protokoll aufsetzen lassen, um alles zu dokumentieren und um weitere Schritte einzuleiten. Ich glaube der Kleinen jedes Wort.« Ein knappes Nicken in Mius Richtung.
    Sie fasste es

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