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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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erlebt hatte. Vor mehr als zwei Jahren war ihr Mann Pached nach längerer Krankheit verstorben. Woran genau er gelitten hatte, wusste Miu bis heute nicht. Die gesamte Familie schien entschlossen, ein großes Geheimnis daraus zu machen.
    »Ich doch nicht!« Beim Lachen kerbten jene zwei tiefen Grübchen Sheribins Wangen, die sie auch ihrer Tochter vererbt hatte. »Meine Große - Iset. Deine alte Freundin.«
    Für Miu fühlte es sich an, als würde ein schwerer Gegenstand in tiefes Wasser fallen. Kein Schmerz, nicht ganz, aber doch mehr als eine Ahnung davon. Wie drohender unwiderruflicher Verlust fühlte es sich an. Aber hatte sie die Freundin eigentlich nicht schon längst verloren?
    »Wen denn?«, brachte sie gerade noch heraus. »Kenne ich ihn?«
    »Kenamun. Beim Neujahrsfest wird es so weit sein«, sagte Iset und sah so glücklich dabei aus, dass Miu den Blick erneut senken musste. »Nein, du kennst ihn noch nicht. Sag, was ist eigentlich mit dir und Ani?«
    »Nichts - was sollte schon sein? Er ist ein entfernter Verwandter, der jetzt Dienst bei der Polizei schiebt, was ihm zu gefallen scheint, und damit hat es sich auch schon. Aber du eine Ehefrau? Bist du dafür nicht noch viel zu jung?« Jetzt klang sie schon wie Anuket!

    »Iset ist fast siebzehn«, mischte sich nun die Mutter ein. »Und du müsstest doch auch bald sechzehn werden, habe ich recht? Andere in eurem Alter sind da längst verheiratet. Geh mir doch mal das Honigfässchen aus dem Keller holen, Iset! Dann kann ich den Kuchen nachher gleich bestreichen.«
    Iset gehorchte und Sheribin beschäftigte sich wieder mit ihrem Teig.
    »Mach ihr die Heirat bloß nicht madig, Miu!«, sagte sie plötzlich. »Ich hab schließlich noch zwei kleine Buben zu versorgen und bin mehr als froh über diese Verbindung. Du musst bei unserer Feier unbedingt dabei sein. Und dein Vater und deine Großmutter natürlich auch! Ich hab die beiden schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Es geht ihnen doch hoffentlich gut?«
    Ach, Sheribin hatte ja keine Ahnung! Wenn sie wüsste, wie wenig Papa von ihr und der ganzen Familie hielt, würde sie bestimmt sehr viel weniger gastfreundlich sein.
    »Ja, alles in Ordnung. Papa ist allerdings viel unterwegs«, sagte Miu schnell. »Zurzeit auf Geschäftsreise in Abju. Es kann dauern, bis er wieder zurück ist.«
    »Seltsam«, sagte Sheribin. »Meine Nachbarin hat mir gerade erzählt, dass sie ihn erst heute in der Stadt gesehen hat. Da muss sie sich wohl getäuscht haben!« Eine weite Geste, die den ganzen Hof umschloss. »Weißt du übrigens, von wem das meiste hier stammt? Ohne unseren freigiebigen Gönner müssten wir uns sehr viel mehr einschränken.«
    Miu zog die Brauen hoch.
    »Na, von Nefer, deinem Onkel. Er hat sich rührend um Pached gekümmert. Bis zu dessen Ende. Hat mich bei dem
Begräbnis unterstützt und dafür gesorgt, dass mein Mann eine würdige Wohnstatt für die Ewigkeit erhalten hat. Und selbst jetzt, zwei Jahre danach, lässt er uns nicht im Stich. Ein feiner Zug von ihm, das muss ich schon sagen! Natürlich wird er unser Ehrengast sein. Zusammen mit deiner reizenden Tante. Und vielleicht kommt der Sohn ja auch mit.«
    Miu war zu überrascht, um etwas zu antworten.
    Nefer, der jeden Deben* mindestens dreimal umdrehte und bereits die Brauen runzelte, wenn Taheb ihr für ihre Dienste etwas zustecken wollte? Wie in aller Welt passte das zusammen?
    »Ich wusste gar nicht, dass die beiden sich kannten«, sagte sie vorsichtig.
    »Doch, aber das reicht lange zurück.« Sheribins Gesicht war plötzlich traurig geworden. »Auch wir haben einmal bessere Zeiten gekannt, damals in der Sonnenstadt, wo wir alle so glücklich gewesen sind. Iset und du, ihr seid dort ja zur Welt gekommen und die ersten Jahre aufgewachsen, aber natürlich könnt ihr euch nicht mehr daran erinnern. Ihr wart noch zu klein, als wir …«
    Sie brach ab, als Iset mit dem Fässchen zurückkam.
    »Alte Geschichten«, sagte sie mit bemühter Fröhlichkeit. »Die heute keinem mehr was nützen. Was vorbei ist, ist vorbei. Wir leben und sind gesund. Allein das zählt!«
    »Soll ich dir von Kenamun erzählen?«, sagte Iset leise. »Du wirst ihn mögen, das weiß ich genau. Er ist nämlich der netteste Mann, den du dir nur vorstellen kannst!«
    Was sollte sie darauf noch sagen? Iset klang so begeistert, dass Miu sich zum Zuhören entschloss. Was hätte sie der Freundin auch von sich erzählen sollen?

    Die Audienz bei Hof kam ihr inzwischen doch selber wieder

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