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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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richtigen Zahlen, die ihm ein rasantes Weiterkommen auf die richtigen Felder ermöglichten, während Miu eine Schlappe nach der anderen einstecken musste. Sie begann, unkonzentrierter zu spielen, beging sogar ein paar taktische Fehler, büßte dabei Stein um Stein ein und fing vor lauter Ärger über sich selber an, auf ihren Lippen herumzubeißen.
    Plötzlich spürte sie seinen warmen Finger auf ihrem Mund.
    »Das haben sie nicht verdient«, sagte er, sein Blick weicher und schmelzender denn je. »So zart und süß, wie sie sind. Ist doch nur ein Spiel, Miu!«
    Der Pharao hatte gut reden! Sein Stein befand sich bereits unmittelbar vor dem Haus des Horus . Nur noch eine einzige Eins - und er war im Ziel.
    Für eine Weile schien ihn das Glück allerdings wieder zu verlassen, während Mius weißer Stein seine anderen Steine zügig jagte.
    Schließlich noch ein Wurf - und jetzt hatte Tutanchamun seine ersehnte Eins!
    Anstatt jedoch den erlösenden Stein zu setzen, beugte Tutanchamun sich über Miu und nahm ihren Kopf in seine Hände. Sie bekam plötzlich Angst, innerlich zu verbrennen, so heiß glühte sie innerlich.
    »Warum zitterst du?«, hörte sie ihn flüstern. »Ich werde dir bestimmt nicht wehtun, Miu!«
    »Du bist Pharao«, gab sie zurück. »Und damit Gott.«
    »Vor allem bin ich ein Mann«, sagte er leise und seine vollen Lippen senkten sich zärtlich auf ihren Mund.
    Vor nichts hatte sie sich so gefürchtet - und gleichzeitig
sich nichts so sehr gewünscht. Die Welt schien stillzustehen. Das Wasser gluckste leiser, sogar die Vögel hörte sie plötzlich nicht mehr zwitschern.
    Er schmeckte nach Wein, nach etwas Bitterem, das ihr unvertraut war. Nach Abenteuer. Und Glück. Als er behutsam ihre Lippen öffnete, kam ihr kurz Anis ernstes Gesicht in den Sinn, aber Miu schob den Gedanken daran schnell wieder beiseite. Ani war ein liebenswerter Verwandter, nicht mehr und nicht weniger, der Pharao jedoch …
    Sie fuhren auseinander, als ein lautes Platschen ertönte, dann ein Schrei, vom Ufer her. Für einen Augenblick war niemand zu sehen, dann jedoch schoss ein silberner Kopf nach oben, begleitet von verzweifeltem Armrudern.
    »Hilfe!«, schrie Raia und schien mit jedem Atemzug ein Stückchen tiefer zu sacken. »Ich ertrinke!«
    »Sie kann doch schwimmen …«, wollte Miu noch sagen, da war einer der Leibwächter bereits kopfüber in den See gesprungen und nahm Kurs auf Raia.
    Doch sein Rettungsversuch kam zu spät.
    Vor ihm war vom Ufer her ein anderer Mann ins Wasser gehechtet, ein guter Schwimmer, wie es schien, der bereits bei der wild um sich Schlagenden angelangt war. Er drehte sie auf den Rücken, schützte ihren Kopf mit der Hand vor übermütigen Wellen und schwamm mit ihr zurück zum Ufer.
    Dort lag sie, schwer atmend, die Augen geschlossen, ein Bild der Erschöpfung, das für kurze Zeit sogar Miu beinahe überzeugt hätte. Nachdem die Barke angelegt hatte, war Miu zu Raia gerannt, so schnell sie nur konnte. Verraten allerdings würde sie nichts, das beschloss sie in diesem Moment.

    Stattdessen griff sie nach Raias Hand und drückte sie zart.
    »Ich denke, ihr ist nichts weiter Schlimmes zugestoßen«, sagte eine tiefe Stimme. Sie gehörte Raias Retter, einem hochgewachsenen, kräftigen Mann, der triefnass neben ihr stand.
    »Wir haben dir für deine Geistesgegenwärtigkeit zu danken, General Haremhab«, sagte der Pharao, der inzwischen aufgeschlossen hatte. »Und das nicht zum ersten Mal.«
    Der Mann machte eine geschmeidige, nicht allzu tiefe Verneigung in Richtung des Pharaos. »Stets zu Diensten, Goldhorus! Wann immer es in meiner Macht steht - für dich und für Kemet.«
    Lautes Gebell, dann waren die königlichen Hunde neben Miu und beschnupperten sie kaum minder aufdringlich als beim letzten Zusammentreffen. Angesichts ihrer stattlichen Zähne war Miu zum ersten Mal an diesem Tag froh, dass die kleine Katze sich beizeiten unsichtbar gemacht hatte.
    Irgendwann ließen sie von ihr ab.
    »Wie schön, dich endlich wieder in Waset begrüßen zu dürfen, General!« Die Große Königliche Gemahlin war ihren Schoßtieren nachgeschlendert, gekleidet in ein weißes, durchsichtiges Gewand, das ihren perfekten Körper mehr enthüllte als verbarg. An Raia, die sich mühsam wieder aufrichtete, schien sie nicht sonderlich interessiert. Dafür war der kurze Blick, den sie Miu zuwarf, scharf wie eine Schwertklinge. »Welch aufregende Neuigkeiten bringst du uns aus unserem geliebten Mennefer?«
    »Leider nicht

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