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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sich. »Allein?«
    »Zwei Leibgardisten des Königs …«
    »… die mich soeben unversehrt hier abgeliefert haben«, rief Miu, die gerade im Laufschritt hereingerannt kam, wenngleich ihr Lächeln ein wenig schief geraten war. »Ist eigentlich gar nicht so übel, in einer Sänfte durch die Straßen getragen zu werden! Der Pharao wollte sich bei mir bedanken. Weil ich ihn vor der Schlange gewarnt habe. Und stellt euch vor: Man hat tatsächlich einen Anschlag auf ihn gewagt - mit einer rötlichen Kobra! Aber er hat es überlebt, weil er darauf gefasst war, und jetzt will er …«
    »Moment, Moment!«, rief Ramose. »Das geht mir viel zu schnell. Ich möchte alles ganz genau wissen. Denn ich bin sicher, das ist noch lange nicht alles!«
    »Ist es auch nicht.« Mius Zungenspitze schnellte zwischen ihren Schneidezähnen hervor, wie sie es schon als kleines Kind gemacht hatte, wenn ihr etwas nicht ganz geheuer gewesen war. »Er hat mich zum Barkenfest eingeladen. In drei Tagen. Weil ich doch Mutemwija heiße.«
    »Das kommt nicht infrage!«, rief Raia. »Nicht, solange noch ein Atemzug in mir ist.«
    »Dem Pharao hat jeder in Kemet zu gehorchen«, sagte Ramose. »Das weiß schon das allerkleinste Kind! Aber ich verstehe noch immer nicht, weshalb ausgerechnet du …«
    »Dann werde ich sie eben begleiten!« Raias tiefe Grübelfalten hatten sich mit einem Mal wieder geglättet. »Ja, ich komme mit dir, Miu. Das kann einer Großmutter niemand verwehren - nicht einmal ein Pharao!«

    Nefers Hände zitterten, nachdem die Schenke sich vollständig geleert hatte, sodass er nun endlich die langen Leinenstreifen abwickeln konnte, die stets bei der Balsamierung verwendet wurden, hier jedoch einen ganz besonderen Schatz verbargen. Er musste es langsam tun; schneller hätte sein wild schlagendes Herz es nicht zugelassen.
    Was für ein Tag! Erst die Hochzeit, dann der Streit mit Taheb und Anis giftige Blicke - und schließlich das hier!
    Als er bei der letzten Schicht angelangt war, hielt er inne. Ob er diesem Hundsfott von Ipi trauen konnte?
    Nefer seufzte. Er hatte sich auf den unrühmlichen Handel eingelassen und die kostbaren Lagepläne Ipi und seinen Männern ausgeliefert. Jetzt gab es kein Zurück mehr, nur noch den Weg nach vorn.
    Das dünne Leinen glitt vom Tisch. Er stieß einen erschrockenen Laut aus.
    Der Herzskarabäus bestand aus Karneol, die feinste Qualität, die überhaupt angeboten wurde: ein warmes Blutrot, als sei die untergehende Sonne in dem Stein eingefangen. Und er war meisterlich gearbeitet. Allein ihn zu berühren, war ein Genuss, so glatt und vollkommen hatte man ihn geschliffen. Alles stimmte bis in die winzigste Kleinigkeit: der kräftige Körper, der Kopf mit den Fühlern, die eher Scheren glichen, und auch die winzigen Beinchen.
    Das war die Vorderseite - doch auf die kam es nicht an, trotz all ihrer betörenden Schönheit.
    Nefer drehte ihn langsam um, hielt ihn näher an seine Ölfunzel und begann, die winzigen Zeichen zu lesen.
    Das Herz meiner Mutter, steh nicht gegen mich auf als Zeuge, tritt mir nicht entgegen im Gerichtshof…
    Erleichterung breitete sich in ihm aus.

    Das waren sie, die Sprüche aus dem Totenbuch*, ein wichtiger erster Beweis!
    Er hatte keine Fälschung vor sich, wie befürchtet, sondern tatsächlich ein Amulett, das über der Brust eines Toten eingewickelt gewesen war.
    Aber stammte es auch aus dem richtigen Grab?
    Es kam auf die rechte Seite an, einzig und allein auf sie. Nefer zwang sich zum Weiterlesen.
    Ach-en-Aten - der, der dem Aton * nützlich gewesen ist …
    Er ließ den Skarabäus langsam sinken. Der Moment, auf den er so lange gewartet hatte!
    Endlich war es so weit, nach all dem Bangen, all der Verzweiflung, doch er fühlte zu seiner eigenen Verblüffung keine Freude, nur eine schwache bittere Empfindung, die mit Hass noch am meisten Ähnlichkeit besaß.
    »Jetzt kriege ich dich, Ramose«, flüsterte er. »Schau noch ein letztes Mal auf dein perfekt eingerichtetes Leben, das du auf den Scherben meiner Existenz aufgebaut hast. Denn jetzt bist du fällig. Und wirst nun bitter für alles büßen, was du damals mir und den Meinen mit deinem schäbigen Verrat angetan hast!«

    Die niedlichsten Jungen, die Pau jemals geworfen hatte!
    Vor allem die kleine Feuerkatze, die ihr glich wie ein Ei dem anderen, hatte Mius Herz im Sturm gewonnen. Jeden Tag verlor sie jetzt mehr von der putzigen Tollpatschigkeit, die jungen Kätzchen eigen ist, und schaute sich eifrigst von ihrer

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