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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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so kurz nach der Hochzeit?«
    »Man weiß immer erst, was man bekommen hat, wenn man den Sack aufgeschnürt hat«, sagte Iset.
    »Du vergleichst Kenamun mit einem Sack? Was ist los, Iset? So kenne ich dich ja gar nicht!« Miu zog die Freundin ein Stück zur Seite, aus Angst, Papa könnte sie in der
Menge vielleicht doch ausfindig machen und sozusagen auf frischer Tat ertappen.
    »Ich kenne mich ja selber kaum noch! Ständig schlecht gelaunt und misstrauisch - war ich das früher etwa auch schon?«
    Miu schüttelte den Kopf.
    Keine Spur von Papa. Sie begann, sich wieder zu entspannen.
    »Ich bin sicher, du musst dich erst richtig einleben«, sagte sie. »Im Wüstendorf ist doch alles neu für dich - und Ehefrau bist du auch erst seit Kurzem. Gönn euch beiden doch etwas Zeit! Ich bin sicher, dann renkt sich alles wieder ein.«
    »Ich weiß nicht so recht«, sagte Iset unschlüssig. »Manchmal erscheint es mir, als …«
    »Kommt ihr wieder zurück zu mir?«, rief Raia. »Ich möchte allmählich nach Hause.«
    »Weißt du was?«, schlug Miu vor. »Ich komme dich demnächst besuchen - in deinem schönen neuen Zuhause. Aber werden sie mich auch reinlassen? Ani hat neulich erzählt, dass die Kontrollen sehr streng sind.«
    »Hinein gelangt man jedenfalls leichter als hinaus. Die Wachen haben uns heute von Kopf bis Fuß kontrolliert, bevor wir auf die Fähre durften.«
    »Weshalb?«, sagte Miu.
    »Um sicherzugehen, dass wir nichts Kostbares hinausschmuggeln.« Iset klang plötzlich noch bedrückter. »Als ob alle Arbeiter im Wüstendorf und ihre Familien nichts als ein Haufen Diebe und Betrüger wären!«
    »Was redest du da von Betrügern?« Raia hatte den letzten Teil mitbekommen.

    »Nichts Wichtiges«, sagte Miu schnell. »Nur ein bedauerliches Missverständnis. Gib mir deinen Stuhl, Großmama. Und dann häng dich fest bei mir ein. So kommen wir wohlbehalten nach Hause!«

    Die kleine Katze hatte sich auf Mius altem Tuch eingekringelt. Sie schien zu träumen, womöglich von flinken Mäusen, denn ihre Pfoten zuckten und die Schnurrhaare vibrierten.
    Es tat Miu leid, sie ausgerechnet jetzt stören zu müssen, doch sie konnte nicht länger warten, wollte sie Raias Mittagsschlaf nutzen, den sie seit ihrer Krankheit jetzt täglich hielt.
    Anukets Zwiebelkorb hatte sie schon vor einer ganzen Weile stibitzt und sich taub gestellt, als die alte Dienerin diesen Verlust lautstark beklagte.
    Es gab kein passenderes Transportgefäß!
    Die Binsen waren dicht genug geflochten, damit die Kleine unterwegs nicht abhauen konnte, aber auch weit genug, um für genügend Luft zu sorgen. Ein paar ihrer stabilsten Haarbänder, fest aneinandergeknotet und durch die Binsen gezogen, fungierten als Henkel. Jetzt galt es nur noch, die Kleine zu überlisten, bevor sie erneut das Weite suchen konnte.
    Miu langte unter den seidenweichen Bauch und hob sie leicht an. Die Katze schlug die Augen auf, die nicht mehr blau waren wie in der ersten Zeit, sondern inzwischen grün, und wollte fliehen, da steckte sie bereits im Korb und der Deckel über ihr war geschlossen.

    Von außen hörte man Fauchen, dann klägliches Wimmern. Höchste Zeit, dass Miu sich auf den Weg machte!
    Dass sie tatsächlich bei Anis Wache vorbeischauen würde, wusste sie erst, als sie schon fast dort angelangt war. Es war, als hätten ihre Füße sie von selber dorthin getragen.
    Im Korb war alles still; das Kätzchen schien sich inzwischen in die missliche Lage dreingefunden und seinen Protest eingestellt zu haben. Miu straffte sich, bevor sie eintrat, innerlich bereits gegen Pfiffe und dumme Bemerkungen gewappnet.
    Doch sie hatte Glück.
    Anis jüngere Kollegen schienen alle auf Streife, und der Mann, der ihr aufmerksam entgegenschaute, war bereits in mittleren Jahren.
    Ob das vielleicht Userkaf war?
    Beinahe hätte sie ihn angesprochen, dann jedoch entschied Miu sich dagegen. In die Belange der Medjais hatte niemand anderer einzugreifen, das hatte Ani ihr mehrmals eingeschärft. Falls er ihr helfen würde, dann nur weil er ihr auch vertrauen konnte. Das durfte sie keinesfalls aufs Spiel setzen!
    »Ich möchte zu Ani«, sagte sie. »Meinem Cousin.«
    Was die Wahrheit nicht ganz traf, denn er war ja nur der Sohn der Cousine ihrer Mutter.
    Ein Schulterzucken.
    »Du findest ihn nebenan.« Der Blick des Mannes glitt zu dem Korb. »Du schleppst uns doch hoffentlich nicht heimlich Bier an? Ich dulde nicht, dass während des Dienstes gesoffen wird!«
    »Im Korb ist ein kleines

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