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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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seines Körpers beschäftigt, dass ihm dazu gar keine Zeit bleibt. Das hat er offenbar von seinem toten Vater geerbt: die Unfähigkeit, sich etwas Schlechtes überhaupt vorstellen zu können.« Der General verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln. »Sein Leben will er damit retten. Wenn er wüsste, dass ausgerechnet dieser Versuch sein Verhängnis sein wird!«

    »Du möchtest, dass es aufhört, General?«
    »Es muss endlich aufhören. So bald wie möglich. Sonst geht Kemet noch zugrunde oder verkommt zum zahnlosen Vasallen fremder Mächte. Und das darf nicht geschehen.« Seine Stimme wurde hart. »Falls sie dich jemals zu fassen bekommen, habe ich dich niemals gesehen. Du weißt, was das zu bedeuten hat?«
    »Ich weiß, General. Zu Befehl!«
    Die tief stehende Sonne schickte ein paar Strahlen durch das Fenster. Heu und Staub wirbelten auf.
    Der Mann verließ auf leisen Sohlen den königlichen Stall. Von der Seite gesehen, wirkte sein Profil wie der scharfe Schnabel eines Geiers.

    Den vertrauten Weg zu Tahebs Graureiher einzuschlagen, war auf einmal gar nicht leicht für Miu. Aber Isets Anspielungen hatten sie neugierig gemacht und einen Wirrwarr von Gefühlen in ihr ausgelöst. Konnte es wirklich wahr sein, dass Ani so viel für sie empfand?
    Du wirst ihn bestimmt nicht antreffen, sagte sie sich, um nicht allzu enttäuscht zu sein. Ani muss schlafen oder hat längst schon seinen Dienst angetreten. Außerdem will er gar nichts von dir. Hör also lieber nicht auf Iset und ihre merkwürdigen Einflüsterungen!
    Aber sie wusste, es war bereits zu spät. Hoffnung hatte sich in ihr eingenistet, ein bescheidenes Flämmchen, das allerdings aufglomm, sobald die Schenke in Sicht kam. Nefer stand mit mürrischer Miene draußen und drehte den Spieß, an dem Tahebs Gänse gar wurden. Er schien überrascht,
Miu zu sehen, öffnete kurz den Mund, als wollte er etwas sagen, begnügte sich dann aber, ihr einen unfreundlichen Blick zuzuwerfen.
    Das ist also Sheribins uneigennütziger Wohltäter, dachte Miu, als sie die Schenke betrat. Möchte bloß wissen, was wirklich dahintersteckt! Nur ein paar Tische waren besetzt, und an einem davon saß tatsächlich Ani, der seine leer gegessene Schale gerade mit Brot auswischte.
    »Miu!«, sagte er, als er sie erblickte. »Ist etwas passiert?«
    »Muss denn gleich was passiert sein, nur weil ich euch besuchen komme?« Sie setzte sich zu ihm.
    Nun erschien auch Taheb und begrüßte sie freundlich.
    »Mit dir als Aushilfe kann ich wohl nicht mehr rechnen?«, sagte sie dann. »Jetzt, wo du im Palast ein- und ausgehst.«
    Ani hatte plötzlich einen seltsamen Blick bekommen, und Miu fühlte, wie sie rot anlief.
    »Aber natürlich werde ich weiterhin aushelfen!«, rief sie. »Was hat das eine denn mit dem anderen zu tun?«
    »Und dein Vater?«, fragte Taheb besorgt. »Komm schon, mir brauchst du doch nichts vorzumachen. Ich weiß genau, dass Ramose dagegen ist.«
    »Immerhin sind wir so etwas wie eine Familie«, sagte Miu und ärgerte sich, weil Ani auf einmal nur noch auf den Tisch starrte. »Da hilft man sich gegenseitig.«
    »Was mich betrifft, so würde ich Raia und dich gern viel öfter sehen«, sagte Taheb. »Meine Tante und die Kleine meiner Lieblingscousine - weißt du eigentlich, wie nah deine Mutter und ich uns standen? Beinahe wie Schwestern. Ihr Tod war schrecklich für mich!«
    Von Ani kam ein seltsamer Laut.

    Mius Blick flog zu ihm. Was sie gerade redeten, war ihm unangenehm, das spürte sie mit jeder Faser.
    Aber warum bloß?
    Weil er sich eben doch nichts aus Familie machte, wie sie schon früher vermutet hatte?
    »Gerade in letzter Zeit muss ich oft an Sadeh denken«, fuhr Taheb fort. »Wie ihr das Leben in Waset wohl gefallen hätte? Bestimmt wäre es für sie kein leichter Neuanfang gewesen, auch wenn Ramose es mit seiner Werkstatt so gut getroffen hat. Sadeh hat sehr an der Sonnenstadt gehangen, das weiß ich genau!«
    »Ich muss zur Arbeit.« Ani sprang auf, nahm seinen Gürtel mit der Waffe und legte ihn um.
    »Ist es dafür nicht noch viel zu früh?«, fragte Taheb.
    »Du hast ja nicht die geringste Ahnung, Mutter!«, rief er und lief zur Tür.
    »Warte!« Miu war aufgesprungen. »Ich begleite dich noch zur Fähre.«
    »Aber ich muss mich beeilen.«
    »Ich kann mindestens so schnell laufen wie du.« Miu biss sich auf die Lippen. Verdammt - jetzt würde er wieder denken, sie spielte auf sein Bein an! »Ich meine ja nur …«
    »Kommst du jetzt endlich?«, fragte er und auf

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