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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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viele ihrer Geheimnisse enthüllt. Dieses sollte er nicht auch noch bekommen. Sie würde ihre Offenbarungen und Erkenntnisse für sich behalten.
    Ihr fiel auf, dass er ihr eine Frage gestellt hatte, und sie antwortete geistesabwesend. Meine Haare und Fingernägel sind nicht mehr gewachsen, seit ich aufgehört habe, feste Nahrung zu mir zu nehmen. Wenn ich sie abschneiden würde, wäre es endgültig.
    Das wäre tragisch. Deine Haare sind eines der größten Wunder dieser Welt. Gegen ihren Willen brachte dieses Kompliment sie zum Lächeln. Er bückte sich, um die Taschen aufzuheben. Bist du bereit?
    Sie setzte einen gefassten Gesichtsausdruck auf, zupfte am Rock ihres Kaftans, um sicherzugehen, dass er richtig fiel, und sage: Ja.
    Dann spürte sie eine Bewegung seiner magischen Energie, eine Art Loslassen, und die schimmernde Abschirmung fiel von ihnen ab. Sie steuerten auf den Empfangstresen des Hotels zu.
    Nach und nach erstarben die Geräusche in der Lobby. Für alle anderen musste es so aussehen, als wären sie einfach aus dem Nichts aufgetaucht. Carling wusste, wie sie wirken mussten – halbnackt und zerzaust wie die Überlebenden eines Schiffsunglücks. Rune trug noch immer kein T-Shirt, und sie lief auf bloßen Füßen. Früher oder später würde jemand einen von ihnen erkennen. Letztendlich würde irgendwer die Paparazzi rufen, und jede Diskretion wäre zum Teufel. Nach diesem Auftritt, und vor allem nach ihrem kurzen Besuch zu Hause, sollte sie Julian anrufen, und zwar lieber früher als später.
    Nichts von alledem war ihr auch nur ansatzweise wichtig. Ihr jedenfalls war es egal, wie sie aussah, und offenbar ging es Rune genauso. Mit einem Seitenblick betrachtete sie seine langen Beine, die sich ihrem Tempo anpassten. Was ihr allerdings zusetzte, war die Art, wie sie und Rune sich nebeneinander bewegten, Hüfte an Hüfte, mit geschmeidigen, langen Schritten. Es musste aussehen, als wären sie ein Paar. Sie ignorierte den plötzlichen Stich, der sie bei diesem Gedanken durchfuhr. Gefühle waren für den Rest des Lebens oft so lästig.
    Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Empfangstresen. Ein Mann in kohlegrauem Anzug eilte zu einem uniformierten Mitarbeiter hinüber, der vor einem Computer strammstand. Als sie näher kamen, starrte der Mann sie staunend an.
    »Guten Morgen, ich bin Harry Rowling, einer der Direktionsassistenten«, sagte er in gedämpftem Flüsterton. »Rätin Severan, was für eine unerwartete Ehre.«
    Sie nickte zum Gruß und beobachtete, wie er seine Aufmerksamkeit Rune zuwandte. Der Mann erbleichte und fing an zu brabbeln. »Sir, äh, Wächter Ainissesthai … welche Freude, ich meine, es ist uns eine Ehre, auch Sie hier begrüßen zu dürfen …«
    Aber klar doch, natürlich hatte der Rockstar der Wyr nicht nur weibliche Fans. Sie unterdrückte ein Seufzen, konnte aber einem demonstrativen Seitenblick auf Rune nicht widerstehen.
    Sie verharrte regungslos und starrte ihn an, genau wie der Hotelmanager.
    Überall an Rune schillerte eine mühsam unterdrückte Spannung. Sein Gesicht glich einer geladenen Waffe, seine Knochen traten deutlich sichtbar hervor, und in seinen Augen flackerte ein gefährliches, unberechenbares Licht. Eine Hand hatte er so fest um die Gurte der Taschen geschlossen, dass die Knöchel weiß hervortraten, die andere hatte er zur Faust geballt und presste sie gegen seinen Oberschenkel. Er atmete mit einer derart kontrollierten Gleichmäßigkeit, dass Carling einen Schritt vor ihm zurückwich.
    Vielleicht hatte er seine Beherrschung doch nicht so leicht wiedergewonnen, wie sie geglaubt hatte. Sie musste lächeln.
    Mit weicher Stimme sagte Rune zu dem Mann: »Ich hätte gern den Schlüssel zu meiner Suite, bitte.«
    »S…sicher, äh, möchten Sie, dass ich nachsehe, ob Nachrichten für Sie vorliegen?«
    »Später.« Rune warf einen Blick zu Carling, die ihn fasziniert anstarrte. Dann wandte er sich wieder dem Mann zu und wartete einen Augenblick. Der Mann stand völlig erstarrt da wie ein Kaninchen vor einem Wolf. Rune zog die Augenbrauen hoch. »Der Schlüssel?«
    Rowling schreckte hoch. »Oh natürlich! Entschuldigen Sie! Ja, der Schlüssel!« Er fuhr zu dem uniformierten Mitarbeiter herum und zischte durch die Zähne: »Holen Sie den Schlüssel.«
    Es gab ein Gedränge und Gewühle, und einige Augenblicke darauf hielt man ihm den Schlüssel hin. Die Hand, die Carlings – Carlings – intimste Stellen liebkost hatte, hielt er mit eingerollten Fingern fest an den

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