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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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obwohl er verschwunden war.
    Du musst leben, oder ich werde sterben, hatte er gesagt. Und das durfte nicht passieren. Nicht demjenigen, dem ihr Herz gehörte.
    Ich werde die Erinnerung an diese Begegnung ebenfalls in Ehren halten, dachte sie.
    Und für immer auf dich warten.
    Carling schlug die Augen auf und blickte durch die geöffneten Balkontüren auf das satte, schwere Gold der nach Westen ziehenden Sonne. Der Morgen mochte strahlend und schön sein, aber er besaß nicht dieselbe Eindringlichkeit wie der Abend, der alle Erinnerungen des Tages gesammelt hatte und sie mit sich in die Nacht nahm.
    Mit angezogenen Beinen saß sie auf dem Bett, den Rücken an der Kopfstütze. Rune stand neben den geöffneten Türen und blickte hinaus. Er hatte sich mit seiner breiten Schulter an den Türrahmen gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. In seinem ruhigen, starken Profil lag eine ungewisse Verwundbarkeit, die sie nie zuvor an ihm gesehen hatte. Er wirkte stolz und gefasst und bereit für schlechte Nachrichten. Ein Gott in Schwarz, der behauptete, kein Gott zu sein, groß und mit goldenen Haaren und so kräftig gebaut, dass seine Lebensenergie die Luft um ihn herum zum Kochen brachte.
    Er wirkte tatsächlich am besten im hellen Tageslicht, wenn er in allen Farben des Schöpfungsfeuers erstrahlte. Kupfer, Gelb, Gold, Bronze und das warme, leidenschaftliche Bernstein seiner verspielten, alterslosen Löwenaugen.
    Ja, genau so hatte sie es in Erinnerung, damals, vor so langer Zeit und erst kürzlich auf der Insel. Ihre Seele löste sich aus ihrem Körper und flog unwiderruflich auf ihn zu.
    Ihr Instinkt verriet ihr, dass er sehr wohl wusste, dass sie aus der Trance zurückgekehrt war. Warum drehte er sich nicht um und sah sie an?
    Wieder starrte sie aus dem Fenster. Die Stille von Ewigkeiten lag schwer zwischen ihnen.
    Sehr bald nach dem Adriyel River werde ich mich an dich erinnern. Und wenn das geschieht, wirst du mir alles bedeuten. Ich, der ich in diesem Augenblick bin – der Mann, der vor dir steht –, ich würde für immer auf dich warten.
    Auch wenn sie die Details nicht kannte, wusste sie doch, dass sich Wyr nur ein einziges Mal paarten. Dragos, der Lord der Wyr, hatte seine Gefährtin gerade gefunden. Tiago, Wyr-Kriegsherr und Donnervogel, war eine Paarung mit Niniane, der Königin der Dunklen Fae, eingegangen. War es das, was Rune gemeint hatte? Sollte ihr dieses Glück zuteilwerden – und ihm dieser Fluch?
    Sie machte den Rücken gerade, holte tief Luft und sagte: »Diesmal hast du mich nicht verändert.«
    Sein Kopf fuhr scharf zur Seite, als hätte sie ihn geschlagen, aber sonst bewegte er sich nicht und sah sie noch immer nicht an.
    »Eines Nachts habe ich einen Zauber gesprochen und hatte eine Vision von dir. Das entspricht meiner ursprünglichen Erinnerung«, sagte sie. »Ich erinnere mich, dass du mich gewarnt hast, vorsichtig zu sein. Daraufhin habe ich Verteidigungszauber gelernt und Schutzzauber errichtet, wenn ich schlief. Ich war sehr vorsichtig.«
    »Warum erzählst du mir das?«, fragte Rune kühl.
    Sie blickte an ihrem vergnüglichen, koketten Outfit hinab und strich sanft den weichen Stoff ihres Oberteils glatt. Sie hielt ihre Stimme ruhig, als sie antwortete: »Ich gehe durch, was geschehen ist und was anders gewesen sein könnte. Ich erinnere mich, zugestimmt zu haben, dass du zurückgehst, um mich zu warnen, und ich erinnere mich daran, die Verantwortung dafür übernommen zu haben. Ich glaube, wir haben Glück gehabt. Ich glaube, wir haben das verändert, was wir ändern mussten, während alles andere stabil geblieben ist.«
    Alles, was sie sagte, war die Wahrheit. Sie würde ihn nicht anlügen. Sein Wahrheitssinn war sicher hochentwickelt, und selbst wenn nicht, hatte er es nicht verdient, dass sie ihn anlog. Aber obwohl ihre Worte ihm eine Wahrheit mitteilten, flüsterte ihr Herz eine noch tiefere.
    Als nach den ersten Nächten die Flamme der Aufregung erloschen war, hatten sich Zweifel eingeschlichen. Sie konnte nicht glauben, dass er ernst gemeint hatte, was sie ihn hatte sagen hören. Sie musste sich verhört oder ihn falsch verstanden haben. Die Jahre verstrichen und wurden zu Jahrhunderten, und als sie keine weitere Botschaft, kein weiteres Zeichen erhielt, richtete sie sich in einer einigermaßen ausgeglichenen »Abwarten-und-Teetrinken«-Haltung ein. Wegen einer einzigen, von einem Zauber hervorgerufenen Vision würde sie nicht ihr ganzes Leben mit Warten verbringen, ganz egal,

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