Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
Vom Netzwerk:
zischte ihr ins Gesicht: »Scheiße, du bist so eine verdammte Lügnerin!«

16
    Carling starrte das über ihr hockende Monster an. Sein Gesicht verschwamm hinter den Tränen, die sie nicht vergießen wollte. Mit seinem wilden Blick verfolgte er jedes verräterische Zucken in ihrem Gesicht. Er kniete über ihrem lang ausgestreckten Körper, die Knie links und rechts von ihren Hüften. Seine Knochen waren überall verzerrt, im Gesicht, in seiner breiten Brust, in den sehnigen, muskulösen Armen. In seiner Halbverwandlung sah er mehr aus wie ein Löwe als wie ein Adler. Sie spürte seine Krallen an ihrer Kehle, als er sie am Hals packte. Die Krallen der anderen Hand hatte er neben ihrem Kopf tief in die Matratze gegraben.
    Der kraftvolle Körper des Monsters vibrierte unter einer brutalen Spannung, aber obwohl er sie mit steinhartem Griff festhielt und sein Handballen auf ihr Schlüsselbein drückte, hatte er ihr nicht den kleinsten Kratzer zugefügt.
    Als Tiago in diesem Zustand gewesen war, hatte er sich für seine Gefährtin selbst ausgeweidet.
    Sie hatte Rune das angetan. Sie hatten es sich gegenseitig angetan.
    Sie streichelte sein eigenartiges, schönes Halblöwengesicht, und er schnappte nach ihr. Seine starken, weißen Reißzähne schlossen sich um ihre Hand. Mit seinen kraftvollen Kiefern hätte er ihr jeden Knochen darin brechen können, aber er hielt sie so behutsam, dass diese scharfen Reißzähne nicht einmal eine Eierschale beschädigt hätten.
    »Du weißt sehr gut, dass ich dich nicht anlüge«, sagte sie und hatte keine Ahnung, wie sie es schaffte, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Wir haben gemeinsam eine bizarre, wundervolle Reise erlebt. Und es ehrt mich, dass du beschlossen hast, bei mir zu bleiben, aber jetzt musst du gehen, Rune.«
    Maße dir nicht an, mir vorzuschreiben, was ich tun kann und was nicht, flüsterte der Greif in ihrem Kopf. Ich habe dir nicht das Recht gegeben, mich wegzuschicken.
    Ich habe dir nicht das Recht gegeben zu bleiben, sagte Carling sehr sanft.
    Ein wütendes Knurren zerriss seine Brust. Mit einem Ruck seines Kopfes versetzte er ihrer Hand einen tadelnden Stoß. Pech gehabt. Ich bin keiner deiner Diener, die du entlassen kannst, wenn dir etwas nicht passt. Ich bin dein Geliebter, Carling.
    »Und ich werde immer noch bald sterben«, sagte sie. »Ich verspreche dir, dass ich bis zum letzten Augenblick kämpfen und nach einem Heilmittel suchen werde, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich vielleicht trotzdem sterben werde.«
    Sein Blick war entschlossen. Ich werde auch diesen Teil der Reise mit dir gemeinsam bestreiten. Auch ich werde um dein Leben kämpfen. Ich werde meine Gedanken und Gefühle dazu mit dir teilen. Und wenn es jemals dazu kommt, werde ich dich bis zum Schluss in meinen Armen halten und jeden kostbaren Augenblick mit dir teilen.
    Sich an ihm festzuhalten und ihn niemals wieder loszulassen, ganz egal, was geschah. Der Gedanke war so wunderschön und so entsetzlich, und er löste eine solche Aufwallung von Gefühlen aus, dass sie die Augen schließen musste. Zwei Tränen stahlen sich davon. Als der Damm erst gebrochen war, gab es kein Halten mehr, und die Tränen strömten.
    Und wieder ein Fluss. Es geschah immer am Fluss.
    Sie spürte, wie die harte Anspannung in seinem Körper nachließ. Seine Kiefer lockerten sich und gaben ihre Hand frei, und der Druck auf ihrer Kehle ließ nach. Er streichelte ihre Schläfen und wischte mit der Rückseite seiner Finger sanft die Tränen fort.
    Sie drehte sich in den Hüften, schob ein Knie zwischen ihre Körper und wälzte sich zur Seite, um ihn von sich zu werfen. Krachend landete er auf dem Boden vor der Tür zum Wandschrank. Sie sprang aus dem Bett und lief Richtung Wohnzimmer. »Wir haben gevögelt«, brachte sie zwischen den Zähnen hervor. »Das ist alles. Es hat eine Menge Spaß gemacht und war eine hübsche Ablenkung, aber du musst darüber hinwegkommen und weiterziehen.«
    Natürlich sollte er das, genau wie er nach jeder ihrer Begegnungen einfach weitergezogen war. Alles, was sie bekommen hatte, war ein Kuss, ein Versprechen, das tief in den fernen Nebeln ihrer Jugend lag, und nie wieder hatte sie zugelassen, dass ein anderer sie küsste. Über Tausende von Jahren, entgegen aller Logik und Vernunft. In jeder anderen Hinsicht hatte sie sich in ihrem Leben weiterentwickelt, aber an dieser einen Sache hatte sie festgehalten, weil er ihr einmal in die Augen gesehen und gesagt hatte: Mit allem, was

Weitere Kostenlose Bücher