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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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worauf ich mich verlassen kann.«
    »Verlass dich auf mich«, sagte Rune. Er drückte seine Lippen auf die zarte Haut an ihrer Schläfe. »Hör zu. Es tut mir nicht leid, dass ich dich davor bewahrt habe, weiter ausgepeitscht zu werden, oder dass ich versucht habe, eine entsetzliche Situation für dich erträglicher zu machen. Was mir aber unendlich leidtut, ist, dass ich es getan habe, ohne die wahre Tragweite zu überdenken. Dennoch glaube ich nicht, dass du dich – in deinem Wesen – verändert hast. Und du bist dir darüber im Klaren, dass sich etwas ändern muss , wenn du überleben willst, richtig?«
    Sie nickte.
    »Du könntest versuchen, die Zügel aus der Hand zu geben und die Veränderung zuzulassen.«
    »Mich verändern oder sterben?«, fragte sie.
    »Ja. Verändern oder sterben.«
    »Dir ist vielleicht schon aufgefallen, dass ich nicht gern die Zügel aus der Hand gebe«, teilte sie ihm trocken mit.
    »Nun, ich ebenso wenig.« Er seufzte und schwieg einen Augenblick. Dann fragte er: »Bist du freiwillig zum Vampyr geworden, oder hat man dich gegen deinen Willen verwandelt?«
    Ein Zittern überlief sie. Sie kannte diese Person nicht, die da an Runes Brust gekuschelt lag. »Es war meine Entscheidung. Ich hatte Gerüchte gehört und war ihnen nachgegangen.« Sie spürte, wie er nickte.
    »Du hast schon mal eine Veränderung in Kauf genommen, so grundlegend, dass sie die Definition deiner Existenz betraf. Du kannst es wieder tun, und du musst es wieder tun.«
    »Damals war ich viel jünger«, murmelte sie.
    Seine Brust bewegte sich in einem leisen Schmunzeln. »Jetzt hast du Erfahrung, von der du dich leiten lassen kannst. Denk an jene Zeit zurück, daran, wie du es bereitwillig angenommen hast. Ich glaube an dich. Ich weiß, du kannst es.«
    Sie sog seinen Humor in sich auf und schmiegte sich an seinen festen Körper. Wann hatte das angefangen, dass jede seiner Bewegungen wichtig für sie wurde? Wieso hatte sie das zugelassen? »Woher kommt dieser Glaube an mich?«, fragte sie. »Was habe ich getan, um ihn zu verdienen?«
    Aus seinem Schmunzeln wurde ein echtes Lachen, der heisere Klang vibrierte an ihrer Brust. »Oh, ich weiß nicht«, sagte er. »Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass jeder andere in deiner Umgebung mit einigem Glück eine Lebenserwartung von etwa vierzig Jahren hatte und du alle um viereinhalbtausend Jahre überlebt hast. Du hast den Aufstieg und Fall Ägyptens ebenso überlebt wie das Römische und Osmanische Reich. Nur die Götter wissen, was du während der Kreuzzüge und der Spanischen Inquisition so aus Jux und Dollerei getrieben hast. Außerdem warst du federführend daran beteiligt, die Interaktion und Koexistenz zwischen den Alten Reichen und der US -Regierung zu gestalten.«
    »All das trifft auch auf dich zu«, murmelte sie. Sie pflückte eines ihrer langen Haare von seinem schwarzen T-Shirt. »Die Spanische Inquisition, Jux und Dollerei und so.«
    Rune nahm ihre Hand und führte sie an seinen Mund, um ihre Finger zu küssen. »Ja, aber es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen uns. Ich habe nur getan, was bereits in meiner Natur lag, nämlich gelebt. Du warst ein Mensch . Du hast nicht nur deine Natur überwunden, sondern in einer der frauenfeindlichsten Zeiten der menschlichen Geschichte einen Weg gefunden, dich hervorzutun. Es ist mir unbegreiflich, wie du solchen Stolz besitzen kannst, aber kein echtes Selbstwertgefühl.«
    »Nun«, sagte sie stirnrunzelnd. »Ich glaube nicht, dass die Leute mich besonders mögen.«
    Sie hatte es nicht als Scherz gemeint und war überrascht, als Rune sie fest an sich drückte und laut auflachte. Er lehnte sich ein Stück zurück, um sie mit lachenden Augen zu betrachten. Sein attraktives Gesicht war wie ein Tiefschlag, den sie nicht hatte kommen sehen. An dem mühsamen Versuch, so etwas wie ein inneres Gleichgewicht wiederzufinden, scheiterte sie völlig. Sie war bis zum Bersten voll von seinem Anblick und konnte nichts weiter tun, als sich an ihn zu klammern und ihn anzustarren.
    »Weißt du, warum ich dich wirklich aufgefangen habe, als du von der Klippe gesprungen bist? Weil ich wusste, dass du durch den ganzen Ozean schwimmen wolltest. Ich habe nur Tokio gerettet, Baby.«
    Mit verständnislosem Gesicht zuckte Carling die Schultern. »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
    Über Runes erwartungsvolle Miene legte sich Enttäuschung. »Ich habe dich gerade Godzilla genannt«, sagte er.
    Sie verdrehte die Augen.

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