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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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»Natürlich. Die Anspielung auf Tokio hat es ja offensichtlich gemacht. Das hätte ich doch sofort verstehen müssen, genau wie ich hätte wissen müssen, wer der haarige Mann mit der Brille auf deinem schrecklichen T-Shirt ist.«
    »Diese Runde Sticheleien war ganz offenbar schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt«, sagte er. »Du musst anfangen, dir alte Monsterfilme im Fernsehen anzusehen. Oh, und Football. Sonst geht uns noch der Gesprächsstoff aus.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ich werde mich sofort darum kümmern.«
    »Eigentlich«, vertraute er ihr lächelnd an, »hatte ich eher Angst, dass du im Wasser schmelzen würdest.«
    »Das habe ich verstanden. Glaubst du etwa, ich wüsste nicht, dass man mich Böse Hexe des Westens nennt?«
    Er grinste und küsste sie auf die Fingerspitze. »Außerdem war sie eine äußerst kultivierte Dame, wenn auch vielleicht ein wenig streitlustig.«
    »Das ist lächerlich.« Irgendwie rutschte Carlings Hand ab und streichelte sein Gesicht. Sie hätte die Ewigkeit so an seinen großen, ausgestreckten Körper gelehnt verbringen können. Ein fauler Spätnachmittag mit Gesprächen und gemeinsamem Lachen. Zwar konnte sie die Sonnenwärme nicht direkt auf ihrer Haut spüren, doch sie fühlte, wie sie Runes Haut wärmte, und die Hitze seines Körpers drang auch in ihren.
    Das Lachen auf Runes Gesicht erstarb, an seine Stelle trat ein kantiger, grober Ausdruck. Sein Blick verdunkelte sich, der Mund bildete eine gerade Linie. Nach und nach begriff sie. Er betrachtete sie mit solchem Begehren, dass es wie eine greifbare Kraft war. Sie leckte sich die Lippen und sah an dem Flackern tief in seinen Augen, dass er jede Bewegung verfolgte.
    Er würde sie küssen, und sie wollte es. Bei den Göttern, sie wollte es, wollte, dass sie heftig und mit offenen Mündern übereinander herfielen, als gäbe es kein Morgen, denn vielleicht gab es wirklich keins, und das Hier und Jetzt war alles, was sie hatten.
    Es war ein solcher Schatz, dieses Gefühl von vergänglicher Schönheit, dieser großartige, unfassbare Schmerz, der sich einstellte, wenn die Begierden des Geists Fleisch wurden. Das also bedeutete es, lebendig zu sein, menschlich zu sein: das überreiche, champagnerfarbene Licht des Kettenanhängers einer Göttin in Händen zu haben, ohne es je festhalten zu dürfen.
    Zitternd holte sie tief Luft.
    Rune wandte den Blick ab, und das Licht entglitt ihren leeren Händen. Die Muskeln in seinem schmalen Kiefer spannten sich. »Magst du wieder ernst werden?«, fragte er.
    Sie ließ die Hand von seiner hageren Wange sinken. Enttäuschung schmeckte wie Asche. Es war ihre Schuld. Erst hatte sie ihn so heftig und brutal geschlagen, dass er geblutet hatte. Dann hatte sie ihn mit solcher Gewalt von sich gestoßen, dass er zu Boden gegangen war. Außerdem hatte sie ihn mit einem Zauber belegt und bedroht, während er ihr gegenüber nichts als Großzügigkeit und Freundlichkeit gezeigt hatte.
    Eine kultivierte Dame war sie, wenn auch ein wenig streitlustig.
    Es war nur zu ihrem Besten, wirklich. Sie hatte keine Zeit für ungewöhnliche Verlockungen, für den Luxus, diese seltsamen neuen Gefühle zu erkunden oder faule, sonnenbeschienene Nachmittage zu genießen. Wenn nicht etwas geschah, das den normalen Lauf der Dinge änderte, würde sie bald überhaupt keine Zeit mehr haben.
    »Selbstverständlich«, sagte sie mit tonloser Stimme. Sie hievte sich von seinem Schoß und versuchte sich einzureden, dass sie nicht noch enttäuschter war, weil er sie gehen ließ.
    Rune stand auf, streckte ihr eine Hand entgegen und zog sie auf die Füße. Ihre hüftlangen Haare waren von Wind und Kampf zerzaust. Ungeduldig schlang sie sie zu einem unordentlichen Knoten und steckte die Spitzen darin fest. Rune sah ihr mit unergründlicher Miene zu, die Hände in die Hüften gestützt.
    »Erinnerst du dich an das Gespräch, das wir geführt haben, kurz bevor du in Trance gefallen bist?«, fragte er.
    Die Frage riss sie aus ihren Gedanken, und sie versuchte sich zu erinnern. Oh ja. Manchmal glaube ich, ich hasse dich , hatte sie gesagt. Das hatte sie auf der Liste der Dinge, die sie ihm angetan hatte, vergessen. Eines musste sie sich lassen, sie hatte eine umfangreiche Trickkiste, und darin lag nicht etwa ihr zauberhafter Liebreiz. Sie rieb sich die Stirn. »Hör mal, es tut mir leid, was ich …«
    Ungeduldig unterbrach Rune sie. »Erinnerst du dich daran, was ich gesagt habe? Das glaube ich nämlich nicht. Ich glaube,

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