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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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Eure Gastfreundschaft, doch nehmt es uns bitte nicht übel, dass wir weder Speise noch Trank von Euch annehmen können, da wir sonst an diesen Ort gebunden werden.«
    Morpheus hob eine Augenbraue. »Ach, wegen der Geschichte von Hades, der Persephone an sich gebunden hat, indem er ihr einen Granatapfel zu essen gab. Ich versichere Euch, dass meine Macht einer anderen Art ist. Ich bin kein Totengott, sondern der der Träume. Wenn ich Euch Nepenthés anbiete, so binde ich Euch weder an mich noch an die Unterwelt.«
    Morpheus sah zwar recht düster aus, schien jedoch von angenehmem Gemüt zu sein. Er war ihr sympathisch, doch nicht ganz geheuer. Sie wusste nicht genau, wie sie ihn einordnen sollte. Auf jeden Fall war es nicht falsch, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen und keine aus dem Totenreich stammende Nahrung zu sich zu nehmen.
    Sie folgten Morpheus und Icelos über Asphodeln- und Schlafmohnfelder, bis sie ein höhlenartiges Haus erreichten. Auch hier wuchsen noch einige andere Pflanzen, von denen Lysandra jedoch nur den Stechapfel erkannte.
    »Ich bin recht begabt im Anbau von Pflanzen«, sagte Morpheus.
    Sie folgten ihm in die Höhle, wo es kühler als draußen war. Die Luft darin roch überraschend frisch. Der Gang verbreiterte sich und zweigte in mehrere Kammern ab, wo Stalaktiten von der Decke hingen und sich teilweise mit ihren Gegenstücken auf dem Boden zu Stalagnaten, den Tropfsteinsäulen, zusammengewachsen waren. Die meisten schienen jedoch zuvor durch ihr Eigengewicht von der Decke zu fallen. Ein Plätschern und Gluckern wies darauf hin, dass es in der Nähe einen Bach oder kleinen Fluss gab, der durch die Höhle hinweg floss.
    »Sucht Euch einen Raum aus, wenn Ihr bei mir nächtigen wollt«, sagte Morpheus. »Hier seid Ihr sicherer als auf den Asphodelischen Feldern. Setzt Euch doch.« Er deutete auf eine Sitzgruppe aus Granit, der schwarz-blau-silbern schimmerte wie das Firmament bei Nacht. Ein Tisch in der Form einer von einer riesigen, geplätteten Harpyie befand sich in der Mitte des Raumes, flankiert von sieben großen Stühlen, deren Lehnen Fledermausschwingen ähnelten. Thanatos ließ sich auf einen von ihnen nieder. Lysandra setzte sich ihm gegenüber, Cel und Aiolos nahmen zu ihren Seiten Platz.
    »Habt Ihr keine Angst, dass Ihr mit Eurem Onkel Ärger bekommt, indem Ihr uns versteckt?«, frage Lysandra.
    »Ach, nein. Wir sind wohl ein paar der Wenigen, die ihn nicht fürchten.«
    Icelos grinste verschwörerisch. »Ja, denn wir wissen sein Geheimnis.«
    »Welches denn?«, fragte Lysandra.
    »Wenn ich es Euch verrate, ist es ja kein Geheimnis mehr«, sagte Morpheus.
    Icelos grinste. »Ach, das weiß doch inzwischen jeder. Inoffiziell zumindest. Natürlich traut sich niemand, laut darüber zu sprechen. Es geschah damals, als Thanatos im Auftrag des Zeus den Sisyphos bestrafen sollte.«
    Morpheus nickte. »Dabei hatte Sisyphos recht, als er dem Flussgott Asophos den Verbleib seiner Tochter mitteilte. Es war kein guter Zug von Zeus, das Mädchen einfach zu entführen.«
    Icelos verdrehte die Augen. »Der hat auch keine anderen Interessen als Weiber, vorzugsweise die eines anderen Mannes oder Jungfrauen. Nun, Thanatos sah dies offensichtlich ähnlich wie wir, sonst hätte er mit Sisyphos keinen Wein getrunken, bevor er ihn ins Schattenreich bringen wollte. Das waren wohl einige Becher zu viel, denn unser lieber Onkel, der bisweilen auch Männern zugetan ist, ließ sich von Sisyphos nackt anketten.« Icelos grinste. »Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass Thanatos Gefallen findet an Fesselspielchen? Im Gegensatz zu dieser Nymphe … Wie heißt die noch mal?«
    Morpheus hob die Achseln. »Weiß ich nicht. Ich glaube, ihr Name ist geheim.«
    »Nun, im Gegensatz zu dieser Nymphe, mit der er es jetzt immer treibt, hat Sisyphos die Ketten nicht mehr gelöst. Thanatos war also gefesselt, bis Ares ihn befreite. Dieser tat es aber auch nur, weil er es enervierend fand, dass die Leute, die er während Thanatos’ Gefangenschaft umgebracht hat, nicht mehr starben.«
    Morpheus räusperte sich. »Kann mir vorstellen, dass das peinlich war für Onkel Thanatos. Auf jeden Fall führte es dazu, dass er nie mehr mit jemandem einen getrunken hat, den er ins Schattenreich entführen soll. Er ist unbestechlicher geworden. Jetzt tötet Thanatos jeden sofort und fragt ihn erst danach, wessen er sich schuldig gemacht hat.«
    »Wie beruhigend«, sagte Lysandra und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Ein Mann,

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