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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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der Lysandra auf Anhieb bekannt vorkam, betrat den Raum. Es war die Nymphe der verbotenen Träume, die diesmal – oh Wunder – Männerkleidung trug.
    »Das ist unser Bruder Phantasos«, sagte Morpheus. »Phantasos, dies sind unsere Gäste. Wie heißt Ihr noch mal?«
    »Dies hier ist Cel, Aiolos, Sirona und ich bin Lysandros.«
    »Das ist aber ein seltsamer Name für eine Frau«, sagte Morpheus. »He, ich weiß, dass Ihr eine Frau seid. Spätestens, wenn man tot ist, ist jegliche Maskerade ohnehin vergebens.« Morpheus lächelte auf eine Weise, dass Lysandra angst und bange wurde. Sie verstand, dass die Harpyien ihn mit dem personifizierten Tod verwechselten. »Bring unseren Gästen etwas Nepenthés, Phantasos. Sie haben Schwierigkeiten mit ihrer geschlechtlichen Identität«, sagte Morpheus.
    »Das müsst gerade Ihr sagen. Euren Bruder haben wir als Phantasia, die Nymphe der verbotenen Träume, kennengelernt«, sagte Lysandra.
    Morpheus sah Phantasos unter hochgezogenen Brauen an. »Ach, tatsächlich? Er hatte vermutlich zu viele Stechapfelsamen erwischt. Icelos war davon mal zwei Wochen lang blind gewesen.«
    Phantasos grinste. »Ich bring dann man den Nepenthés.«
    Sirona räusperte sich. »Damit meint Ihr sicher Schlafmohnsaft in irgendeinem Wasser. Woher stammt das Wasser?«
    »Es handelt sich um Wein vermischt mit Mohnsaft und was ich gerade so übrig habe. Das Wasser dafür ist aus der Lethe, die in meiner Höhle entspringt«, sagte Morpheus.
    »Wenn wir von Lethes Wasser trinken, würden wir alles vergessen«, sagte Lysandra. Sofern sie den Genuss dieses Getränks überlebten.
    Morpheus hob die Achseln. »Ehrlich gesagt habe ich es noch nicht an Sterblichen ausprobiert. Die kommen so selten hierher. Ihr müsst es natürlich nicht trinken.«
    »Genau«, sagte Icelos. »Dann bleibt mehr für uns übrig.«
    »Ihr wollt also nichts?«, fragte Phantasos. »Dabei habe ich diesmal die Pilze mitvergoren, die hinter unserer Höhle wachsen.«
    Lysandra schluckte. »Pilze? Wir wollen lieber nichts. Danke.«
    Phantasos stellte Trinkhörner auf den Tisch und befüllte diese mit der Weinmischung. »Die Katze gehört zu Euch?«, fragte er.
    »Sie ist meine Schwester«, sagte Cel.
    Phantasos nickte, als wäre es das Normalste auf der Welt, eine Katze zur Schwester zu haben.
    Cel packte etwas von ihren eigenen Vorräten aus: getrocknetes Fleisch, Brot und einen Bierschlauch, den er umherreichte. Sie teilten sich das Mahl. Er hatte für einige Tage Proviant mitgenommen, doch hoffte Lysandra, bald wieder in die Menschenwelt zurückkehren zu können. Das Schattenreich war kein Ort für Menschen.
    »Ihr kennt die Nymphe mit dem geheimen Namen?«, fragte Lysandra.
    Morpheus nickte. »Sie ist die Zwillingsschwester von Areion, dem schwarzen Flügelpferd. Ihre Eltern sind Demeter und Poseidon. Sie sind viel jünger als ihre Halbschwester Persephone und wurden erst nach deren Hochzeit mit Hades geboren. Dennoch scheinen sie ein inniges Verhältnis mit ihr zu haben. Sie besuchen sie mindestens zweimal im Jahr. Später kamen sie auch im Sommer, wenn Persephone gar nicht hier war. Icelos erwischte die Nymphe zusammen mit Thanatos, sonst hätten wir von ihrem Verhältnis gar nichts erfahren. Thanatos ist die Diskretion in Person.«
    »Zum Glück sind wir gar nicht neugierig«, sagte Icelos.
    »Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich mich zurückziehe?«, fragte Lysandra.
    Morpheus schüttelte den Kopf. »Nein, gar nicht. Ihr könnt Euch hier in den Höhlen ausruhen. Hier kommen wenigstens keine Harpyien rein. Diese Biester sind immer darauf aus, Unruhe zu stiften.«
    Phantasos nickte. »Und viel Dreck machen sie.«
    »Vielen Dank. Dieses Angebot nehmen wir gerne an.«
    »Wir würden uns auch gerne zurückziehen«, sagte Cel.
    »Ich zeige Euch Eure Räume.« Morpheus erhob sich. Sie folgten ihm durch die Gänge und Durchgangsräume. Die Höhle wirkte von innen noch größer als von außen. Lysandra war sich sicher, dass sie tief bis unter die Erde reichte.
    Einige der Höhlen waren leer bis auf die Tropfsteine und Tropfsteinsäulen, während andere mit ungewöhnlichem Mobiliar bestückt waren: Betten, die von der Decke hingen, dreieckige, dreibeinige Tische aus Granit, muschelbesetzte Stühle und beschlagene Truhen. Krapprot gefärbte Vorhänge an den Eingängen schützten vor Zugluft und dienten als Sichtschutz.
    Cel ließ sich eine Wegbeschreibung zum Haus des Hades geben. Sie bedankten sich bei Morpheus, der sich mit seinen Brüdern

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