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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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Neuankömmling entsetzt anstarrten.
     
     

Kapitel 20
     

     
     
    »Was ist hier los?«, erklang eine Männerstimme.
    Lysandra erblickte einen hochgewachsenen Mann in einem bodenlangen schwarzen Gewand, das im jenseitigen Wind wehte. Er sah aus wie ein Rachegott mit hüftlangem schwarzen Haar und gewaltigen pechschwarzen Schwingen.
    »Sterbliche! Eindringlinge«, sagte eine der Harpyien. Sämtliche der Ungetüme hatten ihren Kampf eingestellt, sich jedoch nicht von ihren Opfern zurückgezogen. Auch Aiolos lag inzwischen blutend mit gezücktem Dolch unter einer der Harpyien. Er hatte schon mal besser ausgesehen. Die Harpyien schienen einen unheimlichen Respekt vor dem Neuankömmling zu haben. Tatsächlich strahlte er etwas Dunkles, Furchteinflößendes aus.
    »Wer hat euch erlaubt, euch auf Sterbliche zu stürzen?«, fragte der schwarze Mann.
    »Tisiphone hat es uns befohlen«, sagten die Harpyie, die noch immer auf Aiolos hockte. Ihre Stimme bebte.
    »Wie kommt ihr darauf, die Befehle einer Erinye auszuführen? Normalerweise hättet ihr weiterfliegen und es mir melden müssen.«
    »Wir dachten, es sei in Eurem Sinne, denn sie bezog sich auf Euch, Thanatos.« Die Harpyien senkten ergeben die Häupter. Die, die Lysandra angegriffen hatte, hüpfte von ihr weg. Wenn sie nicht alles täuschte, so fürchteten sie Thanatos. Kein Wunder, denn er war der Gott des Todes.
    Dieser hob eine Augenbraue. »So? Dachtet Ihr das?«
    »Es tut uns leid.« Die Harpyien wirkten zutiefst eingeschüchtert.
    »Dürfen wir uns entfernen?«, fragte eine der Harpyien unterwürfig.
    »Verschwindet!«
    Die Harpyien stoben davon. Lysandra, Cel, Aiolos und Sirona rappelten sich auf.
    »Das war knapp. Wir danken Euch«, sagte Aiolos. An seiner Stimme erkannte Lysandra seine Angst. Auch sie fühlte sich keineswegs anders. Ein unkontrollierbares Zittern erfasste ihren Leib. Wenn dies wirklich Thanatos, der personifizierte Tod, vor ihnen war, dann konnten sie ebenso gut gleich ins Grab springen.
    »Du warst gut. Ich hätte mir fast in die Hosen gemacht!«, erklang eine weitere fremde Männerstimme. Lysandra erblickte einen Mann, der Thanatos ähnlich sah. Er war jedoch ein wenig kleiner, sein schwarzes Haar war nur schulterlang und sein Gesicht etwas breiter.
    Der Tod grinste. »Wenn ich in den Spiegel schaue, verwechsle ich mich manchmal selbst mit Onkel Thanatos.«
    Onkel Thanatos? War er also gar nicht der Gott des Todes, sondern sein Neffe?
    »Wer seid Ihr?«, fragte der dunkle Mann, der die Harpyien vertrieben hatte.
    »Cel, der Boier«, sagte Lysandra, »seine Schwester Sirona, Aiolos von Heraklion und ich bin Lysandros aus Delphoí.
    »Willkommen in der Unterwelt! Ich bin Morpheus und das ist mein Bruder Icelos. Was wollten die Harpyien von Euch?«
    »Das wissen wir nicht. Eine der Erynien hat sie auf uns gehetzt.«
    »Mit den Erinyen habe ich mich auch noch auseinanderzusetzen. Was treibt Ihr hier? Die Unterwelt ist kein Ort für die Lebenden.«
    Cel nickte. »Das wissen wir, doch meine Schwester und ich hatten keine andere Wahl. Wir wurden verzaubert. Die Pythia von Delphoí sagte uns, dass die Befreiung von diesem bösen Zauber nur hier in der Unterwelt möglich sei.«
    »Das ist sehr unwahrscheinlich. Selbst wenn der Zauberer hier verweilt, wird er sich kaum an Euch erinnern können«, sagte Morpheus. »Ist das Eure Schwester?« Er deutete auf Lysandra.
    »Nein, die Katze. Sie wurde in diese Gestalt verwandelt.«
    Morpheus sah gelangweilt drein. »Ja, und? Was ist daran ungewöhnlich? Bei uns kommt es häufiger vor, dass jemand ein Tier zum Bruder oder zur Schwester hat.«
    »Sie war zuvor ein Mensch und ich werde Tag für Tag beim ersten Sonnenstrahl zu einem Greifen. Dies belastet uns, zumal sie als Katze viel früher sterben wird als in ihrer menschlichen Gestalt.«
    »Sagt, wer hat Euch verzaubert?«
    »Eine Frau namens Creusa.«
    »Nie gehört. Du etwa?«, fragte Morpheus Icelos.
    Letzterer hob die Achseln. »Nein, kenn ich nicht. Andererseits gibts hier so viele Tote, dass ich deren Namen gar nicht alle wissen kann.«
    »Also, wir kennen keine Creusa. Verlasst lieber diesen Ort, bevor Onkel Thanatos Euch erwischt. Doch zuvor kommt mit zu uns auf einen Schluck Nepenthés, der Euch Euren Kummer und Leid vergessen lassen wird. Es soll niemand sagen, im Totenreich sei man nicht gastfreundlich.«
    Eine solch freundliche Einladung konnten sie nicht ausschlagen. Andererseits …
    »Wir kommen mit«, sagte Lysandra, »und danken Euch für

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