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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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kaum noch nachgehen. Sie ist auf mich angewiesen, die Kräuter für sie zu ernten, haltbar zu machen und abzufüllen.« Trauer lag in seiner Stimme. Er deutete auf die kleinen Beutel und die mit Korken verschlossenen Fläschchen. Sirona senkte den Blick, als Aiolos sie ansah.
    Lysandra schluckte. »Wir sollten weitergehen, bevor die Biester womöglich noch zurückkehren.«
    Cel seufzte. »Was haben die hier überhaupt zu suchen? Ich dachte, die leben in der Menschenwelt.«
    Aiolos sah ihn an. »Die Harpyien tragen die Seelen der Toten in den Tartarus. Das bedeutet, das Gericht ist hier irgendwo in der Nähe. Lasst uns in die Richtung gehen, die jener entgegengesetzt ist, von der die Harpyien kamen und wohin sie entflohen.«
    Cel hob die Achseln. »Tun wir das. Nach der Sonne können wir uns hier ohnehin nicht orientieren. Doch woher stammt dieses diffuse Licht? Manchmal wird es ein wenig dunkler, dann wieder heller, beinahe wie ein künstlicher Tag- und Nachtzyklus.«
    Lysandra nickte. »Den Eindruck hatte ich auch.«
    Zumindest schien die Lichtveränderung ausreichend gewesen zu sein, um Cels Verwandlung ausgelöst zu haben.
     
    Aiolos erbleichte. »Bei Athenes Hintern! Was ist das?«
    »Der Phlegeton«, sagte Lysandra leise. Flammen schlugen aus dem Fluss, der einem Lavastrom ähnelte. Er umwand eine Mauer aus Bronze. Jedoch konnte sie auch aus Eisen sein und durch den Widerschein des Feuers rötlich erscheinen. Sicher war sich Lysandra dessen nicht. Ein Eingang mit unzerstörbar wirkenden Säulen an seinen Seiten war in die Mauer eingelassen, obwohl keine Brücke über den flammenden Fluss führte. Wie kam man in dieses gewaltige Bauwerk hinein?
    Hoch über den Mauern neben dem Eingang erhob sich ein Turm, auf dem eine Frau saß in einem bluttriefenden Gewand. Schlangen wanden sich an ihrer Stirn und fledermausartige Schwingen ragten aus ihrem Rücken. Sie erschien Lysandra wie eine Wächterin. Ihr flammender Blick traf sie.
    Da sah Lysandra die Harpyien aus dem bleigrauen Himmel heranstürmen in Richtung der Festung, über der sie sodann ihre Bahnen zogen. Welche von ihnen auch immer verletzt gewesen war, hatte sich erstaunlich schnell regeneriert.
    »Ihr Harpyien!«, rief die Bluttriefende auf dem Festungsturm. »Ergreift die Eindringlinge!« Sie deutete auf die Menschen.
    Lysandra stockte das Herz, als die Harpyien ihre Blicke aus blutunterlaufenen Augen gierig auf sie und ihre Begleiter richteten.
    »Warum wir? Tu es doch selbst, Tisiphone, oder bist du dir zu vornehm dafür?«
    Tisiphone fletschte die Zähne. »Meine Schwestern und ich haben Besseres zu tun, als ein paar Dahergelaufene zu jagen.«
    »So, was denn?«, fragte die kleinste der Harpyien.
    »Leute foltern.«
    »Und wir müssen heute noch ein paar Verurteilte hierhin bringen. Ist das etwa nichts?«, fragte die Harpyie.
    »Ergreift sie oder ich sage es Thanatos! Er wird keine Eindringlinge hier dulden«, rief Tisiphone.
    Die Harpyie verzog zwar unwillig ihr Gesicht, änderte jedoch ihre Flugrichtung abrupt. Sie und ihre Schwestern schossen auf Lysandra und ihre Gefährten zu. Ihre blutunterlaufenen Augen waren voller Mordlust auf sie gerichtet, als sie sie einkreisten und sich dann auf sie stürzten. Lysandra zog einen ihrer Brandpfeile, doch eine der Harpyien schlug ihn ihr aus der Hand.
    »Wir machen denselben Fehler nicht zweimal«, sagte die Harpyie. Der nächste Schlag traf Aiolos’ Öllampe, die zerbarst. Scherben und Funken flogen über den ausgeblichenen Boden des Totenreichs.
    Lysandra warf ihren Speer nach einer der Kreaturen, doch er streifte sie nur. Der Speer fiel zu Boden, benässt mit dunklem Harpyienblut. Die geflügelte Kreatur stürzte sich auf sie, kratzte und hackte auf sie ein. Lysandra hielt ihren Schild schützend über sich, während sie ihr Kurzschwert zog. Plötzlich ließ die Harpyie kreischend von ihr ab. Cel schlug mit seinem Schwert auf die geflügelte Kreatur ein. Eine andere Harpyie stürzte sich von der Seite auf ihn.
    Lysandra stieß ihr Kurzschwert in den Leib des Ungetüms. Auch Aiolos kämpfte verbissen gegen die erste. Als er zu Boden ging, stürzte Sirona sich von hinten auf die Harpyie. Sie wirkte winzig gegen das Ungeheuer, doch hatte sie sich in deren Kopf verkrallt und schlug ihr mit ausgefahrenen Krallen immer wieder schnell ins Gesicht. Die Harpyie warf sie durch eine ruckartige Bewegung ab und wollte sich auf die Katze stürzen. Sie hatte sie bereits in den Krallen, als die Harpyien innehielten und den

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