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Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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konnte, vielleicht ein Schulterblatt. Vorwurfsvoll starrten ihn
die Schädel aus den ordentlichen Stapeln an, die das Gewirr ablösten.
    Geneviève blieb so unvermittelt stehen, dass er gegen sie stieß. Ihr
Haar kitzelte ihn in der Nase. Als sie sich umwandte, leuchtete ihr die
Stirnlampe direkt ins Gesicht, doch ihr Blick war nach innen gerichtet.
Erschrecken trat in ihre Züge. »Kafziel! Er hat seine Diener zum Kampf gerufen.
Sie greifen die Kerubim an!«
    Sie verschwand so plötzlich, dass Jean nur auf die Stelle starren
konnte, an der sie eben noch gewesen war.

    »Was …« Welcher von beiden war der echte Raphael? Sophie
war, als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Konnte sie
nichts und niemandem mehr vertrauen?
    »Du kannst die Wahrheit spüren. Erinnere dich«, riet der körperlich
greifbare Raphael und reichte ihr die Hand, aus deren Griff sie sich gerade
erst zurückgezogen hatte.
    »Hieß es nicht im zweiten Korintherbrief, selbst
der Satan verstelle sich zum Engel des Lichts?« , warf die Stimme des
anderen in ihrem Kopf ein.
    »Jene, die im Herzen rein sind, erkennen das Böse selbst in seiner
besten Tarnung.« Die Hand blieb ausgestreckt.
    Sophie ergriff sie. Die Liebe des Engels strömte wie warmes, weißes
Licht auf sie über.
    »Den Eindruck hatte ich nicht.« Die Miene
des Abbilds verzerrte sich spöttisch. »Wie ein dummes Lamm
wäre sie mir zur Schlachtbank gefolgt.«
    Bei dem Gedanken, zu was der Dämon sie in dieser Gestalt bringen
könnte, wurde Sophie übel, doch Raphaels reinigende Energie löste den Knoten in
ihren Eingeweiden. Sie würde ihn immer erkennen, sobald er sie berührte. »Fahr
zur Hölle, Kafziel!«
    Lachend löste sich die Illusion auf.
    »Er war nicht Kafziel, nur einer seiner Diener. Aber in einem hatte
er recht: Wir müssen uns beeilen. Sein Herr hat zum Angriff auf den Louvre
geblasen.« Raphael zog sie mit sich die Straße hinunter.
    »Braucht er denn nicht mein Blut, um Erfolg zu haben?«
    »Er hat ein anderes Opfer gefunden.«
    »Ja, aber … Warum war er – sein Diener meine ich – dann hier?«
    »Vielleicht ist er sich des Mädchens noch nicht sicher und wollte
sich alle Optionen offen halten.«
    »Das Mädchen, von dem Jean gesprochen hat?«
    »Ja.«
    Als sie merkte, dass er den Weg zur Métro-Station eingeschlagen
hatte, fiel ihr siedend heiß die B. C. ein. Der
observierende Ermittler musste Raphael sofort erkannt haben. Jeden Augenblick
würden Bewaffnete auftauchen, um den flüchtigen Verbrecher zu stellen.
    »Nein«, rief er über die Schulter. »Der Dämon hat den Mann vor ein
Auto laufen lassen. Hast du den Krankenwagen nicht gehört?«
    O mein Gott!
    »Er wusste, dass sie dir sonst nach Montparnasse folgen und ihm in
die Quere kommen.«
    Sie lief schneller, als ob sie den verletzten Polizisten dadurch
ehren könnte. »Fahren wir dort hin?«
    »Wir können dort nichts tun. Dein Platz ist im Louvre. Wenn Kafziels
Plan gelingt, musst du den Schlüssel in Sicherheit
bringen.«

D ie haben ja noch geöffnet!«,
staunte Sophie, als Raphael und sie sich durch die unterirdische Ladenpassage
dem Eingang des Museums näherten.
    »Freitags bis 22  Uhr.« Er ging langsamer,
hatte es jedoch immer noch eiliger als die Menschen, die um sie herum zur Métro
oder den anderen Ausgängen strebten. »Sie schließen in zehn Minuten und lassen
eigentlich niemanden mehr hinein.« Aus dem Nichts zauberte er zwei
Eintrittskarten hervor. »Fällt dir eine gute Ausrede ein, warum du trotzdem
noch einmal hinein musst?«
    »Ich könnte etwas vergessen haben.« Aber was? Man verlegte nicht mal eben sein Portemonnaie auf den Gängen des Louvre, und
eine Tasche hing bereits über ihrer Schulter. »Meine Jacke.« Da es kälter
geworden war, als sie nach diesem heißen Tag erwartet hatte, hatte sie ihre
Jacke unterwegs tatsächlich vermisst.
    »Gut, dann versuchen wir es.« Er bedeutete ihr voranzugehen, und sie
spürte sich bereits jetzt erröten, was sich hoffentlich der Hast zuschreiben
ließ, mit der sie zurückgekommen waren, um das verschollene Kleidungsstück zu
suchen. Schickte er sie vor, weil ein Engel nicht lügen durfte?
    »Tut mir leid, aber wir schließen gleich!«, rief ihnen der Mann am
Eingang schon entgegen.
    »Entschuldigen Sie, Monsieur, wir wollen nur rasch meine Jacke
holen«, schwindelte sie und zeigte die beiden Tickets vor. »Ich muss sie auf
der Toilette hängen gelassen haben.«
    »Hier im Foyer? Dann werde ich sie Ihnen …«
    »Nein,

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