Der Kuss des Killers
um Sex als vielmehr um… Liebe und Zärtlichkeit zu gehen.
»Und, was hast du für einen Eindruck?«, fragte sie leise ihren Mann, »Kraftvoll und bezaubernd. Religiös.« Er umfasste ihre Hand und löste sie sanft von ihrer Waffe. »Und harmlos. Sinnlich, natürlich, aber auf eine sehr respektvolle und ausgeglichene Art. Und ja, ich sehe ein, zwei Leute, die ich kenne.«
»Ich werde ihre Namen haben wollen.«
Geistesabwesend hob sie eine Hand und legte sie an ihren Hals. Die Haut war glatt und ohne Risse und sie spürte nicht mehr auch nur den geringsten Schmerz.
Sie ließ die Finger langsam sinken und merkte, dass Chas sie lächelnd ansah.
16
A ls Eve am nächsten Morgen mit Peabody ins Spirit Quest kam, war der Laden noch geschlossen. Chas jedoch war da. Er stand vor dem Laden auf dem Gehweg und nippte aus einem Plastikbecher ein dampfendes Gebräu.
»Guten Morgen.« Die Luft war gerade kalt genug, um ihm rote Wangen zu verleihen. »Ich frage mich, ob wir uns vielleicht oben in unserem Apartment, statt unten im Laden miteinander unterhalten können.«
»Sind wir Bullen so schlecht fürs Geschäft?«
»Tja, zumindest wären unsere ersten Kunden leicht verwundert. Und wir machen in einer halben Stunde auf. Ich nehme an, Isis brauchen Sie nicht auch?«
»Im Augenblick nicht.«
»Dafür bin ich Ihnen wirklich dankbar. Wenn Sie, äh, bitte noch eine Sekunde warten könnten.« Er bedachte sie mit einem treuherzigen Blick. »Isis zieht es vor, kein Koffein im Haus zu haben. Ich aber bin schwach«, erklärte er und nippte erneut an dem Getränk. »Sie weiß, dass ich jeden Morgen heimlich aus der Wohnung schleiche, um meiner Sucht zu frönen, aber sie tut so, als ob sie es nicht merkt. Es ist idiotisch, doch es macht uns beide glücklich.«
»Lassen Sie sich Zeit. Holen Sie sich Ihren Kaffee immer gegenüber?«
»Das wäre ein bisschen zu nahe an zu Hause. Und ehrlich gesagt ist der Kaffee dort ganz furchtbar. In dem Delikatessenladen unten an der Ecke servieren sie hingegen ein durchaus anständiges Gebräu.« Mit sichtlichem Vergnügen hob er sich erneut den Becher an den Mund. »Zigaretten, selbst mit Kräutern, habe ich vor Jahren aufgegeben, aber ohne Kaffee komme ich einfach nicht in Schwung. Hat Ihnen die Zeremonie gestern gefallen?«
»Sie war interessant.« Wegen der morgendlichen Kälte vergrub sie die Hände in den Taschen ihrer Jacke. Der morgendliche Stoßverkehr näherte sich seinem Ende und so nahm das Gedränge in der Luft und auf den Straßen langsam ab. »Allmählich wird es etwas zu frisch, um nackt durch den Wald zu laufen, finden Sie nicht auch?«
»Ja. Wahrscheinlich halten wir in diesem Jahr keine Zeremonie mehr im Freien ab. Ganz sicher nicht mehr ohne Kleider. Aber Mirium hatte ihr Herz daran gehängt, noch vor Samhain in den ersten Grad des Zirkels eingeführt zu werden.«
»Samhain.«
»Halloween«, sagten er und Peabody zugleich, und als er sie ansah, blickte die Polizistin verlegen auf den Boden und murmelte: »Meine Eltern sind Hippies.«
»Ah, da gibt es ein paar grundlegende Übereinstimmungen.« Er leerte seinen Becher, trat an einen Recycler und schob ihn durch den Schlitz. »Sie haben einen ordentlichen Schnupfen, Officer.«
»Ja, Sir.« Peabody schniefte und unterdrückte einen Nieser.
»Ich habe da etwas, das Ihnen helfen müsste. Eins unserer Mitglieder hat Sie gestern erkannt, Lieutenant. Sie sagt, dass sie Ihnen vor kurzem aus der Hand gelesen hat. An dem Abend, an dem Alice starb.«
»Das stimmt.«
»Cassandra ist sehr talentiert und sie hat ein sehr weiches Herz«, begann Chas, während er vor den beiden Frauen die Stufen zu seinem Apartment erklomm. »Sie hat das Gefühl, dass sie deutlicher hätte sehen, dass sie Ihnen hätte sagen können müssen, dass Alice in Gefahr war. Sie glaubt, auch Sie sind in Gefahr.« Er machte eine Pause und sah Eve fragend an. »Sie hofft, dass Sie noch den Stein tragen, den sie Ihnen an dem Abend gegeben hat.«
»Irgendwo muss ich ihn noch haben.«
Er seufzte leise auf. »Wie geht es Ihrem Hals?«
»So gut wie neu.«
»Ich sehe, er ist anständig verheilt.«
»Ja, und überraschend schnell. Was war das für ein Zeug, das Sie auf den Wunden verstrichen haben?«
Zu ihrer Überraschung blitzten seine Augen belustigt auf. »Oh, nur ein bisschen Fledermauszunge und Wassermolchsauge, weiter nichts.« Zu leisem Glockengeläut öffnete er ihnen die Tür. »Bitte machen Sie es sich bequem. Ich hole Ihnen einen Tee, mit dem Sie
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