Der Kuss des Killers
Roarke, einen Fünfziger-Kreditchip. Bist du jetzt zufrieden?« Sie drückte ihm den Kalender wieder in die Hand.
»So zufrieden man nur sein kann.« Er würde den Kalender zusammen mit dem kleinen grauen Anzugknopf, den er von ihrem allerersten Treffen behalten hatte, sorgfältig verwahren. »Ich liebe dich, Lieutenant Eve Dallas, und zwar auf jede erdenkliche Art.«
Sie konnte nichts dagegen tun. Bei diesen Worten und angesichts des liebevollen Blicks, mit dem er sie dabei bedachte, schmolz sie schlicht dahin. »O nein, das tust du nicht. Sonst hättest du mir nie im Leben den Fünfziger abgeknöpft.« Ehe er sie nochmals ablenken konnte, rappelte sie sich eilig vom Boden hoch. »Wo zum Teufel ist bloß meine Hose?«
»Ich habe keine Ahnung.« Er trat vor die Wand, drückte auf einen Knopf, und als das Paneel lautlos aufglitt, zog er einen Morgenmantel aus dem dahinter versteckten Schrank hervor und sie kniff erneut die Augen zusammen, als sie den Traum aus hauchdünner Seide in seinen Händen sah.
Ständig kaufte er ihr irgendwelche sündhaft teuren Dinge und praktischerweise fanden sie immer einen Weg an diverse Plätze in dem riesengroßen Haus.
»Das ist ja wohl keine Arbeitsgarderobe.«
»Wir können uns natürlich auch nackt an den Computer setzen, aber dann verlierst du sicher noch mal fünfzig Piepen.« Als sie ihm den Morgenmantel aus der Hand riss, drehte er sich um und zog für sich selbst ebenfalls einen Hausmantel hervor. »Es könnte eine Weile dauern. Am besten bestellen wir uns zwei große Tassen Kaffee.«
Sie trat an den AutoChef und Roarke setzte sich an die Konsole. Seine Ausstattung war technisch auf dem höchsten Niveau und vor allem war sie nirgends registriert. Doch auch wenn die Computerüberwachung seine Geräte weder finden noch ihn daran hindern konnte, sich einzuklinken, wo er wollte, war die Suche nach einer privaten Datei, von der man nicht mal sicher wusste, ob sie tatsächlich existierte, eine ähnlich mühselige Arbeit, als suche man ganz bestimmte Körner in einem Eimer voller Sand.
»Computer an«, befahl er trotzdem. »Was meinst du? Wenn es die Datei gibt, dann doch wahrscheinlich auf dem Gerät, das er zu Hause stehen hatte.«
» Sämtliche Dateien von seinem Computer auf der Wache wären längst an das Hauptgerät weitergegeben und dort registriert worden. Wenn er also etwas für sich hätte behalten wollen, hätte er das nur auf seinem Privatgerät gekonnt.«
»Hast du seine Privatadresse? Ach, egal«, sagte er, ehe Eve auch nur den Mund aufmachen konnte. »Ich kriege sie auch so. Sämtliche verfügbaren Daten über Frank Wojinski…welchen Rang hat er bekleidet?«
»Detective-Sergeant.«
»Bitte sämtliche Daten auf den Bildschirm.«
Als der Text auf dem Monitor erschien, griff Roarke nach der Kaffeetasse, die seine Frau ihm hinhielt, zog, als er das Piepsen seines Links vernahm, die Hand jedoch wieder zurück. »Geh mal gerade dran.«
Es war der beiläufige Befehl eines Mannes, der es gewohnt war, Befehle zu erteilen. Automatisch knirschte Eve mit den Zähnen, enthielt sich jedoch vernünftigerweise eines giftigen Kommentars. Die Situation machte es wohl erforderlich, dass sie die Rolle der Assistentin übernahm.
»Hier bei Roarke. Peabody?«
»Sie hatten Ihr Handy ausgeschaltet.«
»Ja, ich… « Sie hatte keine Ahnung, wo sich ihr Handy befand. »Was gibt’s?«
»Schlimme Neuigkeiten, Dallas. Schlimme Neuigkeiten.« Obgleich sie mit ruhiger Stimme sprach, war sie kreidebleich und ihre Augen waren unnatürlich dunkel. »Alice ist tot. Ich konnte es nicht verhindern. Ich habe sie einfach nicht rechtzeitig erreicht. Sie – «
»Wo sind Sie?«
»In der Zehnten, zwischen dem Broadway und der Siebten. Ich habe die Sanitäter angerufen, aber sie konnten nichts mehr für sie – «
»Sind Sie selber in Gefahr?«
»Nein, nein. Ich konnte sie nicht dran hindern. Ich musste mit ansehen, wie sie – «
»Sichern Sie den Tatort, Officer. Melden Sie den Vorfall der Zentrale. Ich bin unterwegs. Holen Sie nötigenfalls Verstärkung und bleiben Sie vor Ort. Verstanden?«
»Ja, Madam. Ja.«
»Gesprächsende. O Gott«, murmelte sie und richtete sich auf.
»Ich werde dich fahren.« Er war bereits aufgestanden und eine seiner Hände lag auf ihrer Schulter.
»Nein, das hier ist mein Job.« Sie konnte nur beten, dass es nicht auch ihre Schuld war. »Ich würde es zu schätzen wissen, wenn du hier bleiben und so viele Informationen wie möglich für mich sammeln
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