Der Kuss des Killers
dieser Menschen waren allerdings auch noch intakt.
Sie nahm die versiegelte Waffe und betrachtete sie. Natürlich wies sie wie erwartet weder Fingerabdrücke noch anderes Blut als das des Opfers auf. Die fremden Buchstaben und Symbole auf dem schwarzen Griff bedeuteten ihr nichts. Es schien ein altes, seltenes Messer zu sein, doch das hülfe ihr bei der Suche nach dem Besitzer auch nicht weiter. Die Länge der Klinge lag unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Limit, also wäre die Waffe nirgends registriert.
Trotzdem würde sie Antiquitäten- und Messergeschäfte sowie Hexenläden überprüfen. Was mehrere Wochen dauern würde, dachte sie entnervt, und obendrein nicht allzu erfolgversprechend war.
Da sie erst in zwanzig Minuten vor die Presse treten müsste, wandte sie sich an ihren Computer, um schon einmal mit der Arbeit zu beginnen. Allerdings hatte sie nicht mehr als die Beschreibung der Waffe eingegeben, als Feeney hereinkam und die Tür sorgfältig hinter sich schloss.
»Ich habe gehört, du wärst heute Morgen unsanft geweckt worden.«
»Allerdings.« Weniger in der Erinnerung an das, was in der Nacht bei ihr zu Hause vorgefallen war, als vielmehr in dem Wissen, dass sie jedes Wort sorgfältig abwägen würde müssen, verknotete sich ihr Magen. »Nicht gerade die Art von Geschenk, über die man sich freut.«
»Brauchst du vielleicht Hilfe?« Er verzog den Mund zu einem schwachen Lächeln. »Ich habe nämlich gerade nichts weiter zu tun.«
»Bisher komme ich zurecht, aber wenn nicht mehr, sage ich Bescheid.«
Er trat an ihr schmales Fenster und stapfte dann zurück zur Tür. Er sah erschöpft aus. Müde. Traurig.
»Was ist das für eine Geschichte. Hast du den Typen gekannt?«
»Nicht wirklich.« Himmel, was sollte sie nur tun? »Ich habe ihn einmal in Zusammenhang mit einem Fall gesprochen, in dem ich ermittelt habe. Hat aber nichts gebracht. Vielleicht wusste er mehr, als er mir erzählt hat. Aber das ist im Moment noch schwer zu sagen.« Sie atmete tief ein und hasste sich für das, was sie zurzeit tat. »Ich schätze, es war jemand, der mir oder Roarke eins auswischen wollte. Die meisten Cops können ihre Privatadressen geheim halten. Ich nicht.« Sie zuckte mit den Schultern.
»Das ist eben der Preis, den du dafür bezahlst, dass du dich in einen Mann verliebt hast, der im Licht der Öffentlichkeit steht. Bist du glücklich?«, fragte er sie plötzlich, wandte sich ihr zu und sah ihr ins Gesicht.
»Sicher.« Sie fragte sich, ob ihr ihre Schuldgefühle womöglich wie mit Leuchtschrift auf die Stirn geschrieben waren.
»Gut. Gut.« Er lief noch einmal durch das Zimmer und schlenkerte mit dem Beutel gerösteter Mandeln, die er gewohnheitsmäßig überall mit sich herumtrug, auf die er aber keinen Appetit zu haben schien. »Es ist schwer, einen Job zu haben wie den unseren und trotzdem ein anständiges Privatleben zu führen. Frank hat das getan.«
»Ich weiß.«
»Heute Abend ist die Totenwache für Alice. Meinst du, du schaffst es, kurz zu kommen?«
»Ich weiß nicht, Feeney. Ich werde es versuchen.«
»Es zerreißt mir das Herz. Es zerreißt mir regelrecht das Herz. Meine Frau kümmert sich um Brenda. Sie ist völlig fertig, total fertig. Ich habe es nicht mehr ausgehalten, deshalb bin ich hier. Aber ich kann mich nicht auf die Arbeit konzentrieren.«
»Warum fährst du nicht einfach nach Hause, Feeney?« Sie berührte ihn am Arm. »Fahr nach Hause. Vielleicht könntest du ja ein paar Tage mit deiner Frau irgendwo hinfahren. Ihr solltet euch ein paar Tage ausspannen.«
»Vielleicht.« Seine Augen blickten trübe und seine Tränensäcke wirkten noch schwerer als sonst. »Aber wie soll man vor etwas flüchten, das einen überall hin verfolgt?«
»Hör zu, Roarke hat dieses Haus in Mexiko. Es ist wirklich toll. « In ihrem verzweifelten Bemühen, dem Freund etwas zu geben, redete sie, wie sie wusste, den allergrößten Unsinn. »Phänomenale Aussicht, und vollständig ausgestattet. Wie sollte es auch anders sein?« Ihr gelang ein schmales Lächeln. »Schließlich gehört es Roarke. Ich werde mit ihm reden. Du könntest zusammen mit deiner Familie dorthin fahren.«
»Mit meiner Familie«, wiederholte er langsam und empfand diesen Gedanken als beinahe beruhigend. »Eventuell mache ich das wirklich. Für die Familie nimmt man sich nie genügend Zeit. Ich werde darüber nachdenken«, beschloss er. »Vielen Dank.«
»Nicht der Rede wert. Es gehört Roarke. Und es steht einfach da.« Sie starrte
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