Der Kuss Des Kjer
Weg zu den Lippen und dringt als Ächzen hervor, als der Krieger mit den grauenvollen Reißzähnen die Hand nach ihm ausstreckt ...
Eine Hand schloss sich um ihre Schulter und Lijanas fuhr mit einem erschrockenen Laut zurück. Einen Augenblick kämpfte sie, um loszukommen, ihre Finger fuhren über eine schmale Kerbe im Stein, dann gelang es ihr endlich, die Augen zu öffnen. Der Griff wurde härter, sie glaubte, in die Sturmaugen eines fremden Kriegers zu blicken, doch dann erkannte sie Mordan, der sich über sie beugte. Sie blinzelte, fragte sich, warum ihre Hände bebten -da war nur noch zäher Nebel in ihrem Kopf Sie konnte sich nicht daran erinnern, eingeschlafen zu sein.
»Brachan und Levan kehren in die Herberge zurück. Sie werden Euch mitnehmen! «
Nur langsam drang die Bedeutung seiner Worte in ihren trüben Verstand.
»Und Ihr?« Sie klang heiser, als hätte sie lange Zeit geschrien.
»Ecren und ich bleiben, bis das Feuer vollständig heruntergebrannt ist, dann sammeln wir die Asche ein.« Er zog sie von dem flachen Felsen hoch und hielt sie fest, als sie einen Herzschlag lang schwankte. »Geht es Euch gut?«
»Ja! - Können Brachan und Levan mich ins Seuchenhaus bringen? Ich muss sehen, ob sie mich dort brauchen! « Mit beiden Händen rieb sie sich durchs Gesicht und strich glättend über ihr Haar. Mordan sagte etwas in seiner Sprache zu Brachan. Der grauhaarige Krieger zögerte. Als er antwortete, war seine Stimme scharf.
»Sie werden Euch hinbringen, Heilerin. Aber sie werden nicht bei Euch bleiben.
Bittet Peider, Euch nach Hause zu begleiten. Und macht keine Dummheiten! « Die Drohung in seinen Worten war nicht zu überhören. Lijanas nickte nur schweigend, dann folgte sie Brachan und Levan aus der Kaverne. Auf der ersten Stufe der Treppe drehte sie sich noch einmal um - da war nichts außer dem Scheiterhaufen und den beiden Kjer, die wieder an seinen Enden standen.
Wie Mordan versprochen hatte, lieferten die Krieger sie am Seuchenhaus ab.
Während der Stunden in der Kaverne hatte sie jedes Zeitgefühl verloren, deshalb war sie erstaunt, dass es erst später Nachmittag war. Ihrem Eindruck nach hätte ebenso gut ein ganzer Tag vergangen sein können.
Peider begrüßte sie voller Erleichterung. Er war in Sorge gewesen, nachdem sie nicht wie gewöhnlich am Morgen erschienen war. Er wusste zwar, dass Mordan seinen toten Freund bestatten wollte, und hatte sich zusammengereimt, dass seine Gemahlin sicher dabei sein würde, doch da war dennoch die ganze Zeit über die Angst gewesen, dass Lijanas Abwesenheit einen ganz anderen Grund haben könnte; dass auch sie von der Krankheit befallen sein könnte.
Soweit es ihm möglich gewesen war, hatte er sich zusammen mit Zonas um die Kranken gekümmert. Galedhs kleine Tochter war am frühen Morgen in den Armen ihres Vaters gestorben, und nachdem der kleine Leichnam verbrannt worden war, hatte Galedh einen Becher Wein nach dem anderen geleert - jetzt kauerte er mit stierem Blick in einer Ecke und verfluchte jeden, der ihm zu nahe kam. Abgesehen von dem Mädchen hatte die Seuche in der Nacht zwanzig weitere Opfer gefordert und seit dem Morgen waren elf Männer und Frauen gestorben.
Lijanas machte sich niedergeschlagen an die Arbeit. Am Morgen war es ihr richtig erschienen, die Kjer zu begleiten und bei Corfars Bestattung dabei zu sein, doch angesichts der Hoffnungslosigkeit um sie herum bekam sie mehr und mehr ein schlechtes Gewissen. Sie hätte hier sein müssen!
Die Flammentürme waren schon mehr als eine Stunde gelöscht, als sie erfolglos versuchte, Galedh nach Hause zu schicken. Sie musste einsehen, dass er inzwischen zu betrunken war, um einen Fuß vor den anderen setzen zu können, selbst wenn er gewollt hätte.
Als einige Zeit später Hauptmann Uladh im Seuchenhaus er, schien und sie zu sprechen wünschte, war sie einerseits zwar von seinem Mut beeindruckt, den alten Speicherhof zu betreten, andererseits waren ihre Hände schweißfeucht, weil sie wusste, weshalb er kam.
Da sie ihm nur sagen konnte, dass ihr Gemahl einen seiner Freunde zusammen mit den anderen Kriegern nach der Sitte der Kjer bestattet hatte, sie aber nicht wusste, wo er sich im Augenblick aufhielt, ließ Uladh ihm durch sie ausrichten, dass er Mordan am nächsten Morgen im Gebäude der Stadtwache erwartete. Warum sagte er nicht, doch Lijanas zweifelte nicht daran, dass Mordans Quartier nach dem Morgen das Gefängnis sein würde und nicht mehr Faderas Haus. Sie versprach, ihrem
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