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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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ihn zwingt, Essig zu trinken, um seinen Willen zu brechen. Trink! Gehorche! Er bäumt sich auf, schlägt mit verzweifelter Kraft nach seinem Folterer. - Der Igel jagt das Wiesel.... - Sie lassen von ihm ab, er fällt zurück, plötzlich ohne Kraft. Das Feuer schlägt über ihm zusammen, nimmt ihm den Atem.
    Die Stimme einer Frau, ganz nah. Mutter? - ... rundherum um den Stachelbusch. - Mutter, warum hasst du mich? Was hab ich getan? Warum willst du mich nicht? Ich bin doch dein Sohn! Nässe auf seinem Gesicht. Er versucht, sie abzuwischen.
    Niemand soll seine Tränen sehen. Er weiß nicht, ob seine Glieder ihm gehorchen. Eine Hand streicht weich über seine Stirn. Die Berührung ist sengend auf seiner glühenden Haut. Verbrennt ihn. Wieder Schmerz an seinen Lippen. Wieder Bitterkeit in seinem Mund. Seine Kehle ist zu eng zum Schlucken. Hilfloses Würgen, das Gefühl zu ersticken. - ... rundherum ... rundherum ... Ein Schatten beugt sich über ihn. Er schlägt zu. Ein Schrei. Plötzlich sind da wieder Hände, die seine niederzwingen. Er kämpft mit dem ganzen Körper, heult auf, als sie seine Arme festbinden. Eine leise Stimme. Sie murmelt beruhigende Worte in einer fremden Sprache. Scheinbar so sanft. Scheinbar so freundlich. Und oh so grausam. Sie werden ihm wehtun! Er weiß es! Sie tun ihm immer weh! Er wehrt sich, wehrt sich - der Igel jagt das Wiesel - wehrt sich. Seine Sinne ertrinken in der Glut.

    *** 16 ***

    Die Maus wand sich an ihrem Schwanz, während er sie dem schwarzen Vogel hinhielt.
    Ein leises Krächzen, ein Happs und das Tierchen war in dem scharfen, leicht gebogenen Schnabel verschwunden. Ohne Hast entrollte er die Nachricht, die der schwarz gefiederte Bote ihm gebracht hatte, und las. Ein zufriedenes Lächeln erschien auf seinen schmalen Lippen. Der Prinz aus der Blutlinie des Reihers befand sich also in ihrer Hand. Dass der erste Heerführer Jerdt dazwischengefahren war, was die Heilerin betraf, war nicht von Bedeutung. Sein Befehl lautete, die Frau nach Turas zu bringen, und genau das würde er tun - wie ein gut dressierter Hund. Bedächtig fuhr er sich mit dem Finger über die Lippe. Es hatte sich gelohnt, Haffren dazu zu bringen, ihn am Leben zu lassen und nicht noch in der Stunde seiner Geburt zu töten. Und dafür zu sorgen, dass er bei den Kessanan auf die alte Art darauf abgerichtet wurde, jeden Befehl ohne Fragen zu befolgen, war ebenfalls ein guter Einfall gewesen. Das Lächeln vertiefte sich. Sein Volk hatte schon immer seine Feinde zu seinen Werkzeugen gemacht. So war es vor unzähligen Wintern bei Aslajin und ihren Cog6n gewesen - so würde es wieder sein. Blut würde sich einmal mehr gegen Blut wenden.
    Endlich hatte er den Becher geleert. Lijanas stellte ihn beiseite und rieb sich müde den Nacken. Ein scharfes Brennen rann über ihren Rücken und sie senkte vorsichtig den Arm. Nur wenn sie sich langsam bewegte, war der Schmerz der Peitschenstriemen erträglich. Ihr Blick fiel auf das Speisebrett mit Braten, duftendem Brot, einer Schale mit inzwischen kalter Suppe, Käse und süßem Obst. Ein Krug Wein stand daneben - ebenso unberührt wie die anderen Köstlichkeiten. Brachan hatte sie ihr gebracht, kurz nachdem die Sonne untergegangen war. Und obwohl er sie spüren ließ, dass er sie für all das verantwortlich machte und ihr nicht traute, sorgte er dafür, dass sie alles bekam, was sie brauchte.
    Wie spät es inzwischen wohl war? Mitternacht musste bereits vorbei sein. Vielleicht ging es schon auf den Morgen zu.
    Sie schob die weiten Ärmel der feinen Seidenrobe bis über die Ellbogen hinauf und beugte sich wieder über Mordan, der reglos zwischen den zerwühlten Decken und Fellen seines Bettes lag, berührte Stirn und Achselhöhlen. Nur gespannte, glühende Haut, keine Spur von Schweiß, der verkündet hätte, dass sein mörderisches Fieber endlich sank. Einen langen Augenblick ließ sie die Hand auf seiner Brust liegen, spürte den mühsamen Atemzügen nach. Der Blutverlust und die Nebenwirkungen der Hagdornblättern hatten ihn geschwächt, das Feuer des Fiebers verzehrte seine Kräfte von Stunde zu Stunde mehr und verwirrte seine Sinne so sehr, dass er nicht mehr erkannte, wer bei ihm war, oder begriff, was um ihn herum vorging.
    Erst als sie Blut schmeckte, wurde ihr bewusst, dass sie sich die Lippe wund gebissen hatte. Die meisten Kranken starben in den frühen Morgenstunden. Sie verscheuchte den Gedanken. Er war stark und stur. Solange er noch die Kraft hatte, gegen das

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