Der Kuss Des Kjer
Klamm und den Brückenbogen erreichten. Ohne ihre Hand loszulassen, bewegte Mordan sich in das Flammengrau hinein und hielt sich wie beim ersten Mal dicht an der Seitenmauer. Jenseits der Nebelwand erwartete sie trübe Abenddämmerung. Doch kaum hatten sie festen Boden unter den Füßen, blieb er abrupt stehen - ihre Pferde waren verschwunden und in einiger Entfernung bewegten sich Gestalten in den länger werdenden Schatten. Mordan hatte sein Schwert schon blank in der Hand, als sie angerufen wurden. Es waren Kjer! Eine kurze Geste bedeutete ihr »Warte hier! «, dann ging er den Männern entgegen und wechselte mit ihnen einige Worte. Selbst von hier konnte sie hören, dass sein Tonfall immer schärfer wurde. Schließlich kam er zu ihr zurück.
»Was ist?« Ihre Stimme klang dünn.
»Jerdt ist hier.«
Lijanas schnappte nach Luft. »Was will er?«
» Ich weiß es nicht. Die Männer konnten es mir nicht sagen. Ihr Befehl lautet, hier auf mich zu warten und mich dann zu ihm zu bringen. - Er hat es nicht gewagt, direkt an der Klamm das Lager zu errichten, der Feigling.«
»Darf er das denn, dich so einfach zu sich bringen lassen?«
»Eigentlich nicht. Aber ein Kessanan ist bei ihm, der einen Befehl des Königs für mich hat. Ich muss mit den Männern gehen. «
»Und Ecren?«
»Sie haben ihn nicht gesehen.« Er blickte auf, als die Krieger sich ihnen näherten und zwei Pferde herangeführt wurden. Lijanas erkannte ihren Apfelschimmel und Ired. Mordan half ihr auf den Rücken des Grauen, dann schwang er sich in den Sattel seines Ashentai. Ein kurzes Zeichen und sie ritten mit ihrer Eskorte in die immer schneller heraufziehende Nacht hinein.
*** 24 ***
Das Zelt wurde nur von einigen Feuerbecken erhellt. Zwei Männer wandten sich bei seinem Eintritt um, unter dem Gürtel des einen steckten die beiden Ehrenschwerter eines Kessanan. Die Hand auf den Griff seines Kereshtai gestützt, blieb Mordan stehen. In seinem Magen war plötzlich ein Zittern. Gehorche! Er verscheuchte die Erinnerungen und schluckte den schlechten Geschmack, den sie auf seiner Zunge hinterlassen hatten, runter. Jerdt grinste ihn spöttisch an und auch das Lächeln im Gesicht des anderen war ohne jede Freundlichkeit.
»Kessanan Arkell.« Mordans knappes Nicken war ein Zugeständnis an das Zeremoniell, nicht mehr. »Jerdt.«
»Heerführer Mordan.« Auch Arkell, einer der Hohen Meister der Kessanan, deutete nur ein kurzes Neigen des Kopfes an, während er ihn musterte. In seinem Blick lag Verachtung. Jerdts Verbeugung fiel nur wenig tiefer aus. Seine Respektlosigkeit entging Mordan nicht. Er verschränkte die Arme vor der Brust.
»Warum wurde ich von deinen Krieger hierher gebracht, Jerdt?« Sein Ton war schroff.
» Heerführer Jerdt schickte Euch seine Männer auf meine Bitte, Heerführer Mordan.« Es war der Kessanan, der antwortete. Mordan schnaubte, die Bitte eines Hohen Meisters der Kessanan war selbst für einen Heerführer ein Befehl. »Ich überbringe Euch ein Schreiben des Königs! « Arkell zog ein versiegeltes Schriftstück aus dem Ärmel seiner grünen Robe und reichte es ihm.
Einen Moment blickte er prüfend von einem zum anderen, dann trat er näher an eines der Feuerbecken heran, brach das Siegel und las. Mit unbewegter Miene schaute er wieder auf. »Ich verweigere diesen Befehl! « Gierig leckten die Flammen über das Pergament, als er das Schreiben in das Feuerbecken tauchte.
»Wie kannst du ... « Die Hand des Kessanan hielt Jerdt zurück.
»Ihr wisst, was das bedeutet, Heerführer?«
»Ja!«
Herablassend schob Arkell die Hände in die Ärmel seiner Robe und neigte den Kopf.
Jerdt machte Anstalten, zum Zelteingang zu gehen.
Bei Mordans scharfem »Warte! « blieb er überrascht stehen. »Ehe du mich von deinen Kriegern festnehmen lässt - vermutlich auch auf Bitte des Hohen Meisters -, denk daran, dass ich noch immer im Auftrag des Königs unterwegs bin. « Eisig sah er zuerst Jerdt, dann Arkell an. » Ihr werdet euch also gedulden müssen, bis ich die Heilerin nach Turas zu Haffren gebracht habe. «
Unsicher ging Jerdts Blick zu dem Kessanan.
Der neigte erneut den Kopf. »Er hat recht.« Beschwichtigend breitete er die Hände aus, als Jerdt auffahren wollte. »Aber, Heerführer Mordan, Ihr könnt nicht verbieten, dass Heerführer Jerdt Euch mit seinen Soldaten nach Turas begleitet. «
Die Antwort des schwarzhaarigen Kriegers war ein kurzes Nicken, dann wandte er sich zum Gehen.
»Mordan!« Die Stimme des Kessanan
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