Der Kuss Des Kjer
sein wird. Sie weiß, warum die Männer und Frauen gekommen sind. Sie bringen ihr, was sie gefordert hat: einen Krieger aus jedem Volk, geboren in den Herrscherclans, jeder der Stolz seines Blutes.
Sie bringen sie ihr, damit sie Cogén werden. Und dann ist die Frau durch sie hindurchgegangen und sie steht schwankend da, während Aslajin einige Schritte vor ihr verharrt. Die Sonne fängt sich auf dem Griff des silbernen Dolches an ihrem Gürtel und lässt Gold auf Perlmutt glänzen. Furcht liegt über den Männern und Frauen, als sie langsam näher kommen. Sie bringen ihr die Krieger, gefesselt wie Opfertiere, zwingen sie vor ihr auf die Knie und entfernen sich hastig wieder. Keiner der beiden ist aus freiem Willen hier. Sie haben sich der Entscheidung ihrer Clans zum Wohl ihrer Völker gebeugt, doch sie verabscheuen die Seelenhexe, die ihr Leben gefordert hat; sie fürchten, was sie werden sollen. Kurz nur begegnet sie ihren Blicken. Der eine Augen wie Eis, die Augen des anderen dunkel wie der Sturmhimmel.
Und plötzlich steht sie zwischen zerklüfteten Felsen gefangen. Das wütende Heulen der Seelenfresser schmerzt in ihrem Kopf, das Klirren von Stahl auf Stahl hallt von den schroffen Steilwänden wider und dennoch ist kein Laut zu hören. Rücken an Rücken sieht sie die Krieger vor der Seelenhexe stehen, sie mit ihrem Leben schützen vor denen, die gekommen sind, um ihren verderbten Gott zu rächen. Dort, wo Abscheu und Furcht waren, brennt jetzt etwas anderes. Es offenbart sich in einem Blick, einer Geste, einem Lächeln und einer Berührung. Ihr Wehklagen mischt sich mit Aslajins, als ihre Cogén fallen, sie weint ihre Tränen. Dann bohren sich die goldenen Augen mit zwingender Macht in ihre, während die Häscher schon über die Leichen der Krieger steigen und ihr eisbleiches Haar packen. In der Hand des Anführers schimmert ein Strang schwarzer Perlen, blutbeschmiert, vom Hals eines Toten gerissen. Glänzend fällt etwas unbemerkt zu Boden. Als das Schwert den Kopf von den schlanken Schultern trennt, ist die Seele schon geflohen.
Der Salzwind flüstert zu ihr, während sie einsam auf der Ebene kauert, die Wangen nass von Tränen, die nicht ihre sind. Er erzählt von dem Grauen, das von Neuem im Norden genährt wird, spricht von Hoffnung, wispert von dem, was das Schicksal ihr bestimmt hat - sie kann ihn nicht verstehen. Zwei Ströme roten Blutes fließen durch das gleißende Weiß auf sie zu, jeder reißend und tödlich, auf immer voneinander durch fluchbeladenen Hass getrennt - bis sie sich zu einem Strom vereinen, nicht minder gewaltig und todbringend als die, aus denen er geboren ist - und doch auf sonderbare Art anders. Dann fällt der Schatten auf sie und sie schreit.
Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit! Ired war wie toll geworden über das Salz gedonnert, hatte Risse und Spalten im Boden in gestrecktem Galopp übersprungen und war schließlich so abrupt stehen geblieben, dass sich das Sattelhorn schmerzhaft in seinen Leib gebohrt hatte. Nun tänzelte die Stute mit steil aufgerichteten Ohren auf gefährlich knirschendem Boden, der gänzlich unter kniehoch wallendem Salzstaub verborgen war. Dazwischen kauerte die Heilerin auf einer vollkommen ebenen Fläche reinsten Salzes, scheinbar ohne sich des aufkommenden Sturmes bewusst zu sein. Von dem mörderischen Ritt noch ein wenig benommen, richtete Mordan sich im Sattel auf. Es gab Männer, die behaupteten, dass die Ashentai intelligenter waren als normale Pferde bisher hatte er darüber gelacht, jetzt war er bereit, es zu glauben. Erst als er die Zügel losließ, stellte er fest, dass das Leder sich in seine Haut gegraben hatte. Seine Hand stahl sich zum Hals der Stute, klopfte ihn.
»Ich nehme alles zurück, was ich jemals über dich gedacht habe! Aber ich hoffe, du weißt noch, wo wir sind! « Ireds Ohren spielten beredt vor und zurück, sie schnaubte, während Mordan absaß, Mantel und Wasserschlauch vom Sattel nahm und durch den Salznebel auf die Heilerin zueilte.
Sie hockte vollkommen reglos am Boden, die Arme um sich geschlungen, und starrte mit weit aufgerissenen Augen ins Leere. Als sein Schatten auf sie fiel, begann sie zu schreien.
» Heilerin! Hört auf! Wir müssen hier weg! « Er warf den Mantel über ihre Schultern. Unerklärlicherweise war ihre Haut trotz der Hitze und des beißenden Salzstaubes unversehrt. Das Schreien dauerte an. Sie schien gar nicht zu begreifen, dass er es war, der sich über sie beugte. Immer noch saß
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