Der Kuss Des Kjer
Licht. Er hasste es, zu warten.
»Lasst das alte Ding! Seht Euch lieber meine neuste Errungenschaft an.« Der Sprecher trat aus einer Tür, die sich in den Schatten zwischen einigen an der Wand lehnenden Absonderlichkeiten befand, und wies auf einen schlanken Schädel, der in einer schmalen Drachenschnauze endete.
»Was ist das? Das Tier kann kaum größer als eine Katze gewesen sein. «
Interessiert folgte der Krieger der Handbewegung.
»Der Schädel einer Sinshalei. Ich würde Euch ihr Fell und ihre Schwingen gerne zum Geschenk machen, mein hoher Fürst. «
»Eine Anrede, die mir nicht zusteht.«
»Und dennoch seid Ihr der Sohn eines Königs.«
»Was außer dir, meinem Vater und mir niemand weiß.« Der Krieger fuhr mit dem Daumen über das Elfenbein der Knochen, dann wandte er sich mit einem Lächeln zu dem anderen um. »Noch nicht! «
Sein Gegenüber schob die Hände in die Ärmel seiner weiten Robe und nickte. »Wie Ihr so richtig sagt: noch nicht! Wenn die Monde nach dem Ährenfest voll sind und sich gegenseitig verdunkeln, werdet Ihr den Platz einnehmen, der Euch seit Eurer Geburt zusteht. «
»Aber du hast mich nicht rufen lassen, um mit mir Dinge zu besprechen, die schon lange besprochen sind.« Mit einer nachlässigen Bewegung setzte der Krieger sich seitlich auf die Tischkante. »Also: Was gibt es?«
»Meine Spione im Palast von Anschara haben mir berichtet, dass der Fürst nach einer jungen Heilerin suchen lässt ... «
» Hast du jemals daran gezweifelt, dass er die Frau findet und herbringt?« Die hellen Brauen des Kriegers hoben sich in einem Anflug von Überraschung. »Er hat noch nie versagt, ganz egal, welchen Auftrag Haffren ihm erteilt hat. «
»Nein, natürlich nicht! Aber wartet, was ich Euch noch zu berichten habe. - Offenbar steht die Frau in einer ganz besonderen Verbindung zum Haus des Fürsten. Sie ist die Braut von Prinz Ahmeer. «
Der Krieger stieß einen leisen Pfiff aus.
»ja! Doch hört weiter! Rusan hat dem Prinzen erlaubt, selbst nach seiner Braut zu suchen. «
»Und was hat das mit uns zu tun?«
» Prinz Ahmeer hat nur zwanzig Mann aus der persönlichen Garde seines Oheims bei sich. Es wird Euch ein Leichtes sein, ihn in Eure Gewalt zu bekommen.«
»Warum sollte ich das tun? - Sag endlich, was du willst! «
»Ich will, dass Ihr mir Prinz Ahmeer bringt! Gelingt Euch das, überlasse ich Euch den Blutwolf«
»Aber ich dachte ... «
»Reines Blut ist besser als gemischtes. Habe ich Ahmeer, brauche ich den Heerführer nicht mehr. «
Ein grausames Lächeln erschien auf den Lippen des Kriegers. »Was wird Haffren dazu sagen?«
»Nichts. Denn hat der Blutwolf diesen Auftrag ausgeführt, wird Haffren sich seiner entledigen. Und es ist für mich nicht schwer, dafür zu sorgen, dass er ihn Euch überlässt. - Vielleicht als Geschenk? Mit einem eisernen Ring um den Hals?«
»Zurück an den Platz, an den er gehört! Noch nie zuvor wäre ein Heerführer so tief gefallen. « Das Lächeln auf den Lippen des Kriegers vertiefte sich, dann nickte er und stand auf. »Du hast Prinz Ahmeer zum Ährenfest! « Er nahm seinen Mantel und verließ mit schnellen Schritten den Raum.
Der Mann in der Robe sah ihm nach, in seinen blauvioletten Augen lag ein kaltes Glitzern. »Narr! «
***
Ired donnerte über den glitzernden Boden. Schweiß flockte von ihren Schultern, färbte das Zügelleder dunkel. Ihre Mähne wehte Lijanas wie eine schwarze Flamme ins Gesicht, sie klammerte sich an den weichen Strähnen fest, der Mund trocken vor Angst und Durst. Die Atemzüge der Stute kamen keuchend, lange würde sie diese mörderische Hetzjagd nicht mehr durchhalten. Im vollen Galopp übersprang sie einen Riss im Salz, wieherte im nächsten Augenblick schrill auf und das Weiß der rauen Kruste schlug Lijanas entgegen, während Mordans Arm sich jäh von ihrer Mitte löste.
Sie hörte ihren eigenen Entsetzensschrei, spürte einen grausamen Schmerz am Kopf, dann war da nur noch gleißendes Sonnenlicht, das von Schwärze ausgelöscht wurde.
Der bittere Geschmack von Salz war in seinem Mund, grelle Hitze machte ihn blind und nahm ihm die Luft zum Atmen. Schmerz in jedem Knochen sagte ihm, dass er noch am Leben war. In seinem rechten Arm lohte helle Pein. Mühsam hob Mordan den Kopf, die Zähne zusammengebissen, um nicht zu stöhnen. Der Ärmel seiner Tunika war zerfetzt, von den Fingerknöcheln über den Handrücken bis zum Ellbogen seines Schwertarms hinauf waren Fell und Haut wie abgehobelt und Salz
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