Der Kuss Des Kjer
offenbar hastig um sie gewickelt hatte. Brachan und Corfar beugten sich besorgt über sie. Er schickte die beiden hinaus, kniete vor ihr nieder und versuchte, ihr ins Gesicht zu sehen. Es gelang ihm erst, als er ihre Arme beiseitezog.
»Heilerin, sagt mir, was passiert ist! - Könnt Ihr mich hören? Redet mit mir! - Was ist mit Euch?«
Das Wimmern wurde zu einem Schluchzen. An ihren Wimpern glänzten Tränenperlen. Sie presste die Lider zusammen und versuchte, sich vom Licht wegzudrehen. Mordan verstand. Als er den Kopf hob, entdeckte er Fadera in der Tür.
»Löscht die Lampen! Lasst nur eine brennen! «, befahl er knapp.
Die Frau gehorchte hastig. »Was fehlt ihr?«
Seine Handbewegung hieß sie schweigen. Erneut beugte er sich über die Heilerin.
»Besser so?« Ein schwaches Nicken antwortete ihm. Dann ein geschluchztes »Es tut so weh! «.
Behutsam legte er ihr die Hand auf die Stirn. Kühl! Zumindest hatte sie kein Fieber.
»Harter Ihr so etwas schon einmal?«
Das »Nein! « war nur ein Wispern.
»Habt Ihr in Eurem Arzneikasten Fuchsmilchkraut-Öl?« Wieder ein schwaches Nicken. Doch als er aufstehen wollte, klammer, te sie sich an seine Hand. »Nicht weggehen! «
»Keine Angst! Ich bleibe bei Euch! « Langsam ließ er sich auf den Boden zurücksinken und schaute zu Fadera hin. »Auf dem Bord im Stall steht ein Holzkasten mit Schnitzereien - einer meiner Männer soll ihn holen! Und dann kommt zurück und erzählt mir, was passiert ist! Eilt Euch! « Sie hastete davon. Die Finger der Heilerin schlossen sich fester um seine, ihre bloßen Arme waren mit einer Gänsehaut überzogen. Ohne ihre Hand loszulassen, breitete er die Wolldecke über sie. Noch immer stand Schmerz in ihrem Gesicht. Vielleicht würde das Fuchsmilchkraut-Öl helfen.
Er blickte auf, als Fadera wieder im Raum erschien, und lauschte aufmerksam ihrem Bericht: Sie war durch einen gellenden Schrei aufgeschreckt worden, von dem sie nicht hatte sagen können, ob er von draußen kam oder aus einem der Zimmer im ersten Stock. Sie war nach oben gelaufen, um zuerst hier nach dem Rechten zu sehen - und hatte die Heilerin im Badezuber gefunden, unter Wasser, reglos. Eiligst hatte sie sie aus dem Zuber gezogen und hinüber zum Bett geschleppt, wo sie sie mit viel Mühe wieder zu sich gebracht hatte. Dann hatte sie sie in das Leintuch gewickelt, um ihren zitternden Körper vor den Blicken der anderen Kjer-Krieger zu verbergen, die inzwischen auch hinzugekommen waren. Alle Versuche, sie zu beruhigen, waren fehlgeschlagen - und dann hatte sie ihn an der Tür gehört.
Fadera trat beiseite, um Brachan in den Raum zu lassen. Mit einem besorgten Blick auf die junge Frau stellte er den Arzneikasten neben dem Bett auf den Boden. Dann winkte er Corfar und Ecren herein, damit sie ihm halfen, den Badezuber aus dem Zimmer zu schaffen. Schließlich schloss er die Tür und Mordan war mit der leise stöhnenden Heilerin allein. Er musste nicht lange suchen, bis er die Phiole gefunden hatte, die das Fuchsmilchkraut-Öl enthielt. Behutsam schob er sich unter die Heilerin, sodass ihr Kopf auf seinem Oberschenkel lag, und entkorkte das Fläschchen mit dem herb riechenden Öl. Er goss einige Tropfen der grünlich schillernden Flüssigkeit auf seine Finger und massierte ihr damit sacht Schläfen und Stirn. Nur langsam schwand der Schmerz aus ihren Zügen, doch dann entspannte sie sich mit einem leisen Seufzen. Zuletzt war sie eingeschlafen.
Am Morgen war es Fadera, die ihn weckte. Sie stand mit einem Speisebrett in der Tür und blickte ihm besorgt entgegen. Neben ihr tauchte der Schopf ihrer Tochter auf.
Das Mädchen hielt einen Wasserkrug in den Armen.
»Wie geht es ihr?«, erkundigte sie sich flüsternd.
» Besser! Sie hat die ganze Nacht ruhig geschlafen. « Auch Mordan sprach gedämpft.
»Das ist gut! « Sie hob das Speisebrett. » Ich bringe warme Milch und honiggesüßten Haferbrei für Eure Gemahlin und frisches Brot mit kaltem Braten, Käse und Bier für Euch. «
» Stellt es auf den Tisch. Ich will sie noch etwas schlafen lassen. «
»Wie Ihr wünscht. « Ihre Hand wies auf ihre Tochter. »Wir haben auch warmes Wasser zum Waschen gebracht. « Das Mädchen platzierte den Krug neben dem Speisebrett auf dem Tisch beim Fenster, sah ihn mit seinen ausdruckslosen Augen an und lief aus dem Zimmer. Ein letztes Nicken, dann verließ auch Fadera den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
Vorsichtig schob Mordan sich ein wenig höher an der Wand hinauf. Er
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