Der Kuss Des Kjer
behalten konnten, noch nicht einmal mehr Wasser? - Langsam stieß sie die angehaltene Luft aus. Sie hatte weder Fieber noch musste sie sich übergeben.
Erleichtert seifte sie ihr Haar ein und tauchte erneut unter, um den Schaum auszuspülen. Der Schmerz kam völlig überraschend. Ihre Lippen öffneten sich gegen ihren Willen zu einem qualvollen Schrei, Seifenwasser füllte ihren Mund und drang in ihre Kehle.
Das leise Murmeln der Umstehenden wollte auch dann nicht verstummen, als der herbeigerufene Heiler verkündete: »Es ist nicht die Seuche! « Langsam umrundete Mordan die Menge und schob sich dann zwischen einigen Männern nach vorne, um einen Blick auf den Körper werfen zu können, der seltsam verkrümmt auf dem Gassenboden lag. Es war die Leiche einer jungen Frau. Ihr geschwollener Leib verkündete deutlich, dass es nicht mehr lange gedauert hätte - vielleicht nur noch ein paar Tage oder wenige Stunden -, bis sie Mutter geworden wäre. Irgendjemand hatte ihr die Kehle zerfetzt und die Eingeweide herausgerissen, beinah so, als sei das ungeborene Kind in ihrem Bauch das Ziel des Angriffs gewesen. Verwesungsgeruch hing in der Luft. Eine der Stadtwachen hob die Fackel höher. Nein! Nicht irgendjemand war hierfür verantwortlich, sondern irgendetwas. Eine Klinge hätte andere Wunden hinterlassen. Das hier war entweder die Tat eines Wahnsinnigen, der mit bloßen Händen gemordet hatte, oder die eines tollwütigen, sehr großen Hundes.
Einer der Wächter hastete aus dem Kreis der Umstehenden heraus, übergab sich an einer Häuserecke. Hinter sich hörte Mordan leises Flüstern, und als er sich umdrehte, schauten mehrere Männer schnell beiseite. Natürlich. Es war hier wie überall: Nur zu gern suchte man den Schuldigen für eine solche Tat unter denen, die fremd in einer Stadt waren, wenn man den wahren Verantwortlichen nicht finden konnte. Langsam zählte er in Gedanken bis fünfzig und bewegte sich dann zwischen den Männern hindurch, aus der Menge heraus, ohne den Blicken auszuweichen, mit denen sie ihn bedachten.
»Krieger! Wartet!« Der Ruf erklang hinter ihm, kaum dass er zehn Schritte weit gekommen war. Mordan blieb stehen und wandte sich um. Eine der Stadtwachen drängte sich zwischen den Schaulustigen hindurch und kam mit langen Schritten auf ihn zu.
»Ich bin Hauptmann Uladh!«, stellte der Mann sich vor. Die Fackel in seiner Hand knisterte in einem plötzlichen Luftzug. Mordan sah in ihrem Licht rasch auf die Rangabzeichen, die auf den Schulterstücken seines Lederharnischs eingebrannt waren. »Würdet Ihr mir ein paar Fragen beantworten, Krieger?«
»Was wollt Ihr wissen?« Über die Schulter des Hauptmanns hinweg behielt er jene Männer im Auge, die er zuvor hinter sich hatte flüstern hören. Sie starrten angestrengt zu ihnen herüber. Uladh folgte seinem Blick und nickte.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr auf dem Heimweg seid, Krieger? - Wenn es Euch nichts ausmacht, begleite ich Euch ein Stück und wir reden unterwegs?«
Mit einer knappen Geste bekundete Mordan sein Einverständnis und sie gingen nebeneinander die Gasse entlang.
"Ihr seid einer der Kjer, die bei Fadera Quartier genommen haben? Wenn ich mich nicht täusche, wart Ihr derjenige, den sie zusammen mit seiner Frau während des Sturms durch die kleine Pforte hereingeholt haben.«
» Ihr täuscht Euch nicht, Hauptmann. «
»Ihr scheint Euch schon wieder recht gut erholt zu haben, Krieger. Wie geht es Eurer Gemahlin?«
»Sie ist seit gestern wieder auf den Beinen. Ein böser Schlag auf den Kopf hat ihr Gedächtnis ein wenig getrübt, aber sie war heute schon wieder in der Lage, mich auf den Markt zu begleiten. «
» Es freut mich, das zu hören. Bestellt ihr meine Grüße, Krieger. «
Mordan neigte leicht den Kopf. »Wollt Ihr mir nun sagen, was Ihr wissen wollt, Hauptmann?«
»Nun, zuallererst Euren Namen, Krieger.«
»Mordan.«
»Und weiter?«
»Mordan rùn Jarat.«
»Was führt Euch nach Cavallin?«
»Wir waren auf dem Weg nach Hause, als der Salzsturm uns überraschte und zwang, hier Zuflucht zu suchen.«
»Darf ich fragen, wo Ihr zu Hause seid?«
»Ein gutes Stück westlich von Turas. - Und ehe Ihr nach dem Grund der Reise fragt: Ich habe meine Gemahlin zu mir geholt. Sie ist eine Nivard.«
Erstaunt sah der Hauptmann ihn an. »Was hat ihre Familie zu Euch als Tochtergatten gesagt?«
»Findet Ihr nicht, dass das etwas zu weit geht?«
»Verzeiht, Krieger, Ihr habt recht. « Uladh wechselte die Fackel in
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