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Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Banks
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auch?«
    Er grinst. » Wir haben das gleiche Geheimnis.«
    Ich schüttele den Kopf. Nein, nein, nein.
    Er nickt nachdenklich. » Tja, ich schätze, das war’s dann wohl. Der Strand liegt in dieser Richtung.« Er zeigt in die Unendlichkeit hinter mir. » Nun, es war schön, dich kennenzulernen, Emma.«
    Mir klappt der Unterkiefer herunter, als er wegschwimmt. Als seine Silhouette langsam verschwindet, beginne ich zu hyperventilieren. Er geht einfach weg. Er verlässt mich. Er verlässt mich mitten im Meer. Er verlässt mich mitten im Meer, weil ich kein Fisch bin. Nein, nein, nein, nein! Er darf mich nicht verlassen! Ich wirble herum und herum. Wie soll ich den Strand finden, wenn ich weder die Oberfläche noch den Boden sehen kann? Meine Atmung wird noch sprunghafter…
    Aber… aber… wie kann ich unter Wasser hyperventilieren? Zum ersten Mal, seit wir das Ufer verlassen haben, wird mir die Sache mit dem Sauerstoff bewusst. Der hätte mir schon längst ausgehen müssen. Ist er aber nicht. Nicht einmal annähernd. Während ich eben beinahe kollabiert bin, habe ich einfach Luft aus der Nase geschnaubt– genau wie beim Sprechen. Gerade so viel Luft, um ein Geräusch zu machen. Dad hat immer gesagt, ich hätte eine richtig gute Lunge, aber ich bezweifele, dass er damit das hier gemeint hat.
    Und jetzt habe ich auch noch Publikum. Da ist nichts Nebelhaftes oder Traumartiges an der Gruppe von Fischen, die mich umringt. So schizophren es klingt, ich weiß, dass das hier echt ist. Auch wenn ich keinen der Fische benennen kann– bis auf das Monster von Schwertfisch, das am äußeren Rand dieser Versammlung herumlungert. Vertraue nicht den Bildern in Schulbüchern– in Wirklichkeit ist so ein Schwertfisch viel furchteinflößender. Trotzdem, ein großer Fisch inmitten von ungefähr hundert kleinen Fischen erhöht meine Chance, nicht gefressen zu werden. Sie müssen begreifen, dass ich nie, niemals einen von ihnen essen würde, nur weil sie sich mir nähern wie Paparazzi einem Promi. Einige von ihnen sind mutig genug, mich zu streifen. Einer der kleinen roten Fische zischt durch mein Haar. Ich begreife, wie un-normal es ist– vor allem unter diesen Umständen–, dass ich lache. Aber es kitzelt einfach so sehr.
    Mit gespreizten Fingern strecke ich meine Hand aus. Die Fische schwimmen abwechselnd zwischen meinen Fingern hin und her. Das erinnert mich an den Tag, als Chloe und ich das Gulfarium in Destin besucht haben. Beim Streichelbecken hat Chloe mich für den süßen Jungen versetzt, der im Souvenirshop arbeitet. Wann immer ich die Hand ins Wasser gestreckt habe, sind die Stachelrochen zu mir geflitzt und haben sich an meine Finger geschmiegt, als würden sie um Streicheleinheiten betteln. Sie haben eine Art Verkehrsstau in dem Aquarium verursacht, um zu mir zu kommen. Sogar jetzt huscht ein Stachelrochen aus dem Kreis der Fische und flitzt an meinem Gesicht vorbei, als wolle er spielen.
    Ich schüttele den Kopf. Das ist lächerlich. Diese Kreaturen sind nicht hier, um mit mir zu spielen. Sie sind nur neugierig. Und warum auch nicht? Ich gehöre ebenso wenig hierher wie Galen. Galen.
    Zum ersten Mal begreife ich, dass ich immer noch… nun ja, ich kann Galen fühlen. Nicht die Gänsehaut oder die pure Lava, die durch meine Adern fließt. Nein, diesmal ist es anders. Eine Bewusstheit. So wie wenn jemand in einem ruhigen Zimmer einen Fernseher anstellt– selbst wenn er stumm geschaltet ist, spürt man ein Knistern in der Luft. Nur dass dieses Gefühl jetzt das Wasser erfüllt. Noch dazu ist es bei Galen viel stärker. Fast wie eine körperliche Berührung. Rayna ist deutlich zu spüren gewesen, aber Galens Anwesenheit ist einfach überwältigend. In der Sekunde, in der er einen Fuß ins Wasser gesetzt hat, wusste ich darüber Bescheid, als konzentriere sich das Pulsieren auf den Raum zwischen uns. Und ich habe es schon vor dem heutigen Tag gespürt. Genau dieses Gefühl hat mich umschwirrt, als ich versucht habe, Chloe von dem Hai zu befreien. War er da? Ist er jetzt hier?
    Ich drehe mich um meine eigene Achse und erschrecke meine Zuschauer. Einige zerstreuen sich und kehren dann zurück. Andere lassen sich nicht beirren. Der Schwertfisch beäugt mich, zuckelt aber weiterhin in sicherer Entfernung herum. Ich sehe mich in alle Richtungen um und halte bei jeder klitzekleinen Drehung inne, um in den Unterwasserhorizont zu spähen. Nach zwei Umdrehungen gebe ich es auf. Vielleicht funktioniert dieses Pulsdings sogar über

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