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Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Banks
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Tiefe.
    Er hält mich immer noch wie eine Braut, die über die Schwelle getragen wird, während wir schneller als ein frei fallender Aufzug hinabschießen. Aber es ist das Ich-weiß-etwas-das-du-nicht-weißt -Grinsen auf seinem Gesicht, das mich beinahe dazu bringt, mich aus seinen Armen zu winden.
    Endlich halten wir an. Er nickt über meinen Kopf hinweg und dann nimmt er seine Tarngestalt an. Aus Erfahrung graut mir davor, mich umzudrehen. Und ich habe recht. Ich presse mich gegen Galen, aber er lässt nicht zu, dass ich mich hinter ihn flüchte. Ein Wal. Ein gigantisches Exemplar. Und dank Galens Tarnung bin ich die Einzige, die er sehen kann. » Was hast du vor, Galen? Bring mich hier weg.«
    » Du bist diejenige, die schwimmen gehen wollte. Allein. Hast du deine Meinung geändert?«
    » Ich habe mich entschuldigt.«
    » Du hast auch gesagt, dass du keine Befehle entgegennimmst…«
    » Ich hab nur einen Witz gemacht.« Ha, ha, ha.
    Er kichert und wird wieder sichtbar. » Er wird dir nichts tun, Emma.«
    » Er kommt näher, Galen.«
    » Er ist neugierig.«
    » Du meinst neugierig, wie ich schmecke?« Und warum bringt Galen uns nicht schon längst im Eiltempo von hier weg? Lektion gelernt!
    » Nein.« Er lacht. » Obwohl ich selbst darauf brenne, das herauszufinden.«
    Ich wirbele zu ihm herum. » Das ist nicht witzig. Du kannst dich wenigstens hinter deine Tarnung verdrücken. Bring mich weg. Bitte.«
    Er schüttelt den Kopf. » Er wird dir nichts tun. Er ist ein Knubbi. Menschen nennen ihn Pottwal. Pottwale ernähren sich größtenteils von Tintenfischen. Ich habe noch nie von einem gehört, der unsere Art angegriffen hätte. Er ist nur auf Erkundungstour– ich schwöre es.« Mit einer Hand dreht er mich in seinen Armen um. Das gigantische Tier ist so nah, dass ich seine Augen sehen kann. Sie sind ungefähr so groß wie mein ganzer Kopf. » Sprich mit ihm«, flüstert Galen.
    Ich keuche auf. » Hast du den Verstand verloren?« Das Zittern in meiner Stimme passt zum Zittern meines Körpers. Galens Nase, die meinen Hals anstupst, beruhigt mich… ein wenig.
    » Emma, sprich mit ihm. Sag ihm, dass wir ihm nicht wehtun werden.«
    Wir werden ihm nicht wehtun? » Sag du es ihm. Du bist hier der Fisch.«
    » Emma, er versteht nur dich. Mich nicht.«
    » Galen, lass uns gehen. Bitte. Ich werde alles tun, was du willst. Ich werde nie wieder ohne deine Erlaubnis einen Fuß ins Wasser setzen. Nie und nimmer.«
    Er dreht mich wieder zu sich um und hebt mein Kinn mit seinem Daumen an. » Hör mir zu, Emma. Ich würde niemals zulassen, dass dir etwas zustößt. Ich versuche, dir zu zeigen, wie außergewöhnlich du bist. Aber du musst dich beruhigen.«
    Er umfasst mein Gesicht und erlaubt mir nicht, mich abzuwenden. Er sieht mir fest in die Augen und streichelt mein Haar. Streift mit seinen Fingern über meine Wange. Presst seine Stirn an meine. Nach ungefähr einer Minute beruhige ich mich tatsächlich. Er lächelt. » Du hast aufgehört zu zittern.«
    Ich nicke.
    » Bist du bereit, dich umzudrehen?«
    Ich schlucke unwillkürlich. » Ist er nah?«
    Galen nickt. » Er ist direkt hinter dir. Emma, wenn er dich fressen wollte, hätte er es längst getan. Du hast nur Angst vor ihm, weil er so groß ist. Sobald du diese Angst überwindest, ist es so, als würdest du mit einem Goldfisch sprechen.« Ich bekomme keine Chance, über den Vergleich nachzudenken, weil er mich so schnell herumwirbelt, dass es sowohl mich als auch Goliath erschreckt. » Sprich mit ihm, Emma.«
    » Was sage ich denn zu einem Wal, Galen?«, zische ich.
    » Sag ihm, er soll näher kommen.«
    » Ganz bestimmt nicht.«
    » Na schön. Sag ihm, er soll sich zurückziehen.«
    Ich nicke. » Alles klar. Okay.« Ich verschränke die Finger, damit ich mir die Hände nicht wund knete. Neben meinem Entsetzen wird mir der Irrsinn dieser Situation bewusst. Ich stehe im Begriff, einen Fisch von der Größe meines Hauses darum zu bitten, die Kurve zu kratzen. Weil Galen, der Fischmann hinter mir, die Pottwal-Sprache nicht beherrscht. » Ähm, kannst du bitte etwas Abstand halten?«, frage ich. Ich klinge höflich, als bäte ich ihn um eine kleine Spende für wohltätige Zwecke.
    Einige Sekunden später fühle ich mich besser, weil Goliath sich nicht rührt. Es beweist, dass Galen keine Ahnung hat, wovon er redet. Es beweist, dass dieser Wal mich nicht verstehen kann, dass ich nicht so eine Art Schneeweißchen des Ozeans bin. Nur dass Goliath dann doch anfängt, sich

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